Konfessor - 17
nicht in Frage. Er war die Angriffsspitze, der Spieler, den Jagang würde kennenlernen wollen.
Und dann erhaschte er einen Blick auf Kahlan. Er bewegte sich wie im Traum. Die ganze Gruppe rings um sie und den Kaiser machte Anstalten, sich ihm und seiner Mannschaft zuzuwenden. Er wusste, er musste nach oben zu den anderen Männern, und so schickte er sich an, über die an Johnrocks Halsring befestigte Kette hinwegzusteigen. In diesem Moment hatte er eine Eingebung. Er lief ein, zwei schnelle Schritte, verhakte sich absichtlich mit dem Fuß in der Kette und landete mit dem Gesicht voran im Morast. Kommandant Karg schoss die Zornesröte ins Gesicht. »Rüben - du ungeschickter Tölpel! Auf die Beine mit dir!« Richard rappelte sich im selben Moment auf, als Jagangs Leibgarde sich für den Kaiser zu teilen begann. Aufrecht stellte er sich neben Johnrock und wischte sich den Schlamm aus den Augen.
Er blinzelte, um etwas erkennen zu können, und in diesem Moment fiel sein Blick auf Kahlan. Sie ging unmittelbar hinter Jagang, das Gesicht teilweise verdeckt von der Kapuze ihres Umhangs, die sie als Schutz gegen den Regen hochgeschlagen hatte. Jede Bewegung ihres Körpers war ihm vertraut. Niemand sonst bewegte sich wie sie.
Als ihre Blicke sich begegneten, war ihm, als würde sein Herz aussetzen. Er musste an ihre erste Begegnung denken, als sie in ihrem weißen Kleid so nobel ausgesehen hatte. Ohne ein einziges Wort hatte sie ihm direkt in die Augen gesehen - mit einem Blick, der zugleich fragend und auf der Hut war, und der ihm sofort und unmissverständlich ihre Intelligenz bewiesen hatte. Nie zuvor hatte er eine so … kühne Erscheinung gesehen. Wahrscheinlich hatte er sich gleich in diesem ersten Augenblick in sie verliebt, mit dem ersten Blick in ihre wunderschönen grünen Augen. Damals war er sicher gewesen, mit diesem ersten Blick bis auf den Grund ihrer Seele geschaut zu haben.
Dies alles war auch jetzt vorhanden, vermischt mit einem Anflug sorgenvoller Verwirrtheit. Seine Art, sie anzustarren, ihr mit dem Blick zu folgen, musste ihr verraten, dass er sie sehen konnte, doch als Opfer des Feuerkettenbanns konnte sie keine Erinnerung daran haben, wer er war, oder auch nur, wer sie selbst war. Niemand außer Richard und den Schwestern, die sie gefangen genommen und den Feuerkettenbann ausgelöst hatten, erinnerte sich an sie. Auf Jagang hatte der Bann offenbar keine Wirkung, was vermutlich mit seiner Verbindung zu den Schwestern zusammenhing. Für alle anderen hingegen war Kahlan praktisch unsichtbar.
Sie hatte jedoch bemerkt, dass er sie sehen konnte, was in der durch den Bann erzeugten Abgeschiedenheit ungeheuer wichtig und bedeutsam für sie sein musste. Ihr Gesichtsausdruck schien das zu bestätigen. Ehe Jagang auch nur annähernd nahe genug war, um die Mannschaft in Augenschein zu nehmen, kam ein Mann rufend auf die Gruppe zugerannt. Die Art und Weise des Kaisers, ihn zu sich zu winken, ließ darauf schließen, dass er bestens bekannt war. Die Gardisten teilten sich, als er sich einen Weg durch den inneren Schutzring bahnte. Wegen seiner bescheidenen, nur aus einigen Messern bestehenden Bewaffnung nahm Richard an, dass es sich um einen Boten handelte. Er war außer Atem, schien aber in großer Eile.
Als er sich bis zum Kaiser vorgearbeitet hatte, beugte er sich vor und redete mit aufgeregter, aber leiser Stimme auf ihn ein. Dann wies er über das Lager hinweg zu der Stelle, wo die Rampe errichtet wurde. Kahlan löste ihren Blick von Richard und sah zu dem auf Jagang einredenden Mann hinüber.
Richard musterte einen Trupp anderer, näher stehender Wachen, die sie umringten. Das waren keine Angehörigen der kaiserlichen Leibgarde, vielmehr schienen sie sehr darauf bedacht, diesen eindrucksvollen Männern nicht in die Quere zu kommen. Ihre Waffen waren minderwertig, sie trugen weder Kettenhemden noch Rüstung, und ihre Kleider schienen aus einem Sammelsurium gefundener, irgendwie an die übrige Armee erinnernder Fetzen zu bestehen. Trotz ihrer Größe, ihrer Jugend und Kraft, konnten sie sich nicht mit der kaiserlichen Garde messen. Eher erinnerten sie an gewöhnliche Schläger. In diesem Moment dämmerte es ihm, dass dies nur Kahlans Bewacher sein konnten.
Anders als die Leibwächter Jagangs, die ihrer Gegenwart keinerlei Beachtung zu schenken schienen, schauten diese oft zu Kahlan hin und behielten jede ihrer Bewegungen im Blick, was nur eins bedeuten konnte: Diese Männer konnten sie sehen. Irgendwie war
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