Konfetti im Regen
mir. Wir könnten nächste Woche fahren.«
»In den Südpazifik?«
»Warmes Wasser.«
»Einfach weggehen?«
»Einfach weggehen.«
»Was ist mit meiner Arbeit?«
»Verschwinde für ein Jahr. Denk darüber nach, was du wirklich machen möchtest.«
»Meine Eigentumswohnung?«
»Gib deiner Mutter die Schlüssel.«
»So einfach ist das nicht.«
»Mach es nicht kompliziert.«
»Ich kann nicht.«
»Du kannst. Laß den ganzen Scheiß hinter dir, bis sich alles gelegt hat. Laß die Bullen das Ding lösen, wie sie es können. Du hättest Alley nicht verraten. Alley hätte nicht gewollt, daß du soviel Kummer hast. Er war in was Schlimmes verwickelt. Deswegen wurde er vermutlich ermordet. Vielleicht meinte er mit >Sei schlauc Mach das Beste draus. Nimm das Geld, das er dir hinterlassen hat, und laß dich auf irgendeiner Insel in Mikronesien nieder und eröffne einen Muschelladen.«
»Aber es ist nicht mein Geld.«
»Wessen dann? Es ist schmutzig. Komm, ich könnte einen ersten Maat gebrauchen. Die Reise meines Lebens. Offenes Meer, Vögel, Fische, das Schiff und du.«
»Und du, Popeye.«
Er legte die Arme um sie und drückte und drückte immer fester und fester, bis sie quietschte und lachte und lachte und alles vergaß.
»Papier oder Plastik?«
Iris hatte Plastik genommen und bekam ein schlechtes Gewissen. Links und rechts an ihrem Fahrradlenker baumelte je eine Einkaufstüte, und das Rad schwankte, als sie es über den mit Teppich ausgelegten Korridor zu ihrer Eigentumswohnung schob.
Ihre Eingangstür war offen.
Sie steckte den Schlüssel ins Schloß, doch die Tür ließ sich einfach aufstoßen. Sie wußte, daß sie nicht so durcheinander, zu durcheinander gewesen war, um das Abschließen zu vergessen, oder sogar zu vergessen, die Tür ins Schloß zu ziehen.
Die automatische Zeitschaltuhr hatte den Raum schon beleuchtet. Die Gardinen wehten durch die offene Glasschiebetür hin und her. Auch die hatte sie nicht offengelassen. Sie hatte den Ort auch nicht so zugerichtet, wie er war.
Alles war überall.
Sie zog die Einkaufstüten vorsichtig vom Lenker, stellte sie langsam auf den Boden, zog den Fahrradständer mit dem Fuß herunter und balancierte das Fahrrad hinein, dabei ging sie vor, als operiere sie in einem unwirklichen Superweltraum. Sie sah auf die sich bauschenden Gardinen und ging langsam zur Terrasse, trat dabei über die Platten und CDs, die auf dem Boden verstreut waren. Die Terrasse schien eine Meile entfernt zu sein, und sie ging mit Beinen, die nicht ihr gehörten, ging zur Pforte der Hölle.
Als sie halb durch das Zimmer war, rannte sie und stolperte über das Zugband der Gardine, wimmerte, während sie nach dem richtigen suchte, wobei die Gardinen sich auf und ab bewegten, bekam es dann zu fassen und öffnete mit einem Schwung den Blick auf die Welt.
Die Terrasse war leer.
Sie seufzte vor Erleichterung.
Dann stand sie stocksteif da und lauschte. Sie hörte ihr Herz klopfen und das Blut in den Ohren rauschen und den rollenden Ozean draußen, und es war alles dasselbe Geräusch. Sie wünschte sich, es würde aufhören, damit sie auch auf andere Geräusche lauschen konnte. Sie stand lange still, länger, dachte sie, als ein anderer Mensch überhaupt ruhig bleiben konnte. Aber sie hörte rein gar nichts und entschied, daß, wer immer diese dreckige Tat begangen haben mochte, weg sein mußte.
So ging sie in die Küche, rollte die kleinen runden Flaschen aus dem zersplitterten Gewürzbord aus dem Weg. Sie würde das Bord jetzt nicht saubermachen.
Einige der Schrankfächer waren leergeräumt, ihr Inhalt bedeckte den Spülstein und Fußboden. Andere sahen aus, als wäre der Kram da drinnen nur ein bißchen verschoben worden. Iris fand, daß das nach der Arbeit von zwei Gangstern aussah, der eine ordentlich, der andere wahnsinnig.
Der Meister im Zerschlagen mußte sich um die Porzellanabteilung gekümmert haben. Der größte Teil des Porzellans und Kristalls lag auf dem Boden, das meiste kaputt. Es mußte wunderbar gescheppert haben.
Iris war pragmatisch. Jetzt brauchte sie sich keine Sorgen mehr zu machen, daß ein Erdbeben so etwas anrichten würde.
Die leere Champagnerflasche von ihrer Ein-Mann-Samstagparty guckte aus dem Durcheinander heraus. Sie nahm sie am Hals hoch. Der Boden war kaputt. Sie hielt sie vor sich, die kaputte Seite nach vorn, sah ein blutiges Bild, wie jemand damit auf sie losging, nahm sie dennoch.
So bewaffnet, ging sie mit schnellen, sicheren Schritten zur Diele,
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