Kontaktversuche
vor mir auf. Als mich
die um das Feuer sitzenden Lebewesen so unversehens in ihrer
unmittelbaren Nähe erblikken, springen sie erschrocken auf. Sie
stehen eine Zeitlang vor Überraschung wie angewurzelt, dann rennen
sie Hals über Kopf davon und verbergen sich tief in der
Höhle. Nur eins ihrer Kinder, ein ganz kleines, bleibt unbeweglich
und hilflos zurück. Ich nähere mich ihm. Die Fühler
nehmen es mit blitzartiger Schnelligkeit auf und heben es zu mir
herauf. Es ist genauso ein Zweibeiner wie die übrigen, nur viel
kleiner.
Soll ich mir unter diesen kläglichen Geschöpfen
Gefährten suchen? Soll ich in ihrer Mitte mein Leben verbringen?
Nein!
Ich ahne ja, ich sehe es fast vor mir, daß sich aus diesen
primitiven Wesen dereinst vernunftbegabte Menschen entwickeln,
daß sie Wissen und Weisheit erwerben und die Natur beherrschen
werden. Sie werden sich ihren Planeten und dann auch die benachbarten
Himmelskörper Untertan machen. Und es wird eine Zeit kommen, wenn
auch erst nach einer entmutigend langen Frist, da die fernen Nachfahren
dieser behaarten, kaum dem Tierreich entwachsenen Wesen mit ihren
Raumschiffen den Weg zu den Sternen, zu meiner Welt, finden werden.
Doch ich kann diese unendlich langsame Entwicklung nicht abwarten. Ich
bin allein inmitten dieser primitiven Zweibeiner. Wieder überkommt
mich hoffnungslose Trauer und das erdrückende Gefühl des
Verdammtseins.
In diesem Augenblick spüre ich instinktiv, ohne noch etwas zu
sehen, daß ich angegriffen werde. Ein Hagel schwerer Steine
fliegt auf mich zu. Die Fühler regen sich. Mühelos fangen sie
die zu Dutzenden auf mich geworfenen Steine und lassen sie langsam zur
Erde gleiten. Ich könnte meine Angreifer mit einem einzigen
Gedanken vernichten, doch ich möchte ihnen nichts Böses tun.
Ich setze den kleinen Zweibeiner ab und werde wieder unsichtbar,
löse mich scheinbar in Luft auf.
In rasender Geschwindigkeit fliege ich über die endlosen
Wälder. Immer schneller steuere ich meine Kugel mal in
schwindelnde Höhen, mal tief hinab zur Erde, als jagte ich einem
unerreichbaren Traum nach. Dann tauche ich wieder ein in die farbigen
Flammen, in die Urgewalt der blendenden Blitze.
Hier enden meine Eindrücke. Die Signale auf dem »Haar aus
Mohammeds Bart« änderten kurz nach dieser Stelle in
auffallender Weise ihren Charakter, und die Versuchskommission hatte
beschlossen, sie nicht weiter auf mich zu übertragen. Dabei blieb
es auch, obwohl ich ausdrücklich darum bat, es »auf meine
Verantwortung« zu tun. Man fürchtete, dem Besucher aus den
Sternen könnte etwas zugestoßen sein; womöglich war er
umgekommen, und die veränderten Signale waren eine Aufzeichnung
seines Todes. In einem solchen Fall konnte natürlich niemand
wissen, ob die Agonie des unbekannten Gastes nicht schwere Traumen in
meinem Bewußtsein oder gar meinen Tod zur Folge haben würde.
Was bedeutete das, was ich unter der Einwirkung der Omegastrahlen
erlebt hatte? Warum war der fremde Gast allein gekommen? War er der
einzige Insasse eines Raumschiffes gewesen? Hatten ihn seine
Gefährten zurückgelassen? Ich fühlte, wie sehr er unter
seiner Einsamkeit gelitten hatte, wie gern er in seine Heimat
zurückgekehrt wäre und welch bittere Enttäuschung es
für ihn gewesen war, von unseren wilden Vorfahren, anstatt Hilfe
bei ihnen zu finden, mit einem Steinhagel empfangen zu werden. Was
enthielt der zweite Teil seines Hirnstrombildes? Waren die
veränderten Signale tatsächlich eine Aufzeichnung seines
Todeskampfes? Die Vermutung lag nahe, denn weshalb sonst war der ganze
Rest des Fadens leer, ohne Aufzeichnung? Sollte der Fremde, allein
gelassen unter primitiven Halbmenschen, ohne die Aussicht, jemals auf
seinen Heimatplaneten zurückzukehren, in seiner Verzweiflung etwa
– Selbstmord begangen haben?
Obwohl ich nur wenige Minuten mit seinen Gedanken gelebt hatte,
fühlte ich mich diesem Sternenbewohner, der vor Hunderttausenden
von Jahren auf unserem Planeten umgekommen war, eng verbunden. War es
denkbar, daß er, der die interplanetaren Räume zu
überwinden vermochte, der über so erstaunliche geistige und
technische Fähigkeiten verfügte, sich dazu entschlossen
hatte, Hand an sich zu legen? Nein! Das konnte nicht sein. Etwas
anderes, für uns noch immer Unerklärliches und
Unerreichbares, barg das Haar aus Mohammeds Bart.
Wo seid ihr, seine Brüder, unter welchem Doppelstern lebt ihr,
arbeitet ihr, schmiedet ihr Pläne? Warum kommt ihr nicht noch
einmal auf unsere Erde? Die Menschheit
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