Kontrollverlust - Kontrollverlust
mir das Manuskript quasi aus der Hand gerissen und …« Er stockte, sie blickte an ihm vorbei ins Leere und schien mit den Gedanken weit abzuschweifen. »Was ist los mit dir?«
»Was werden sie mit Klaus machen?«, fragte sie, den Tränen nahe.
»Nun ja, diverse Verstöße gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz und eine Handvoll Einfuhrbestimmungen, ein paar Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, im schlimmsten Fall versuchter Totschlag oder Mord. Bewährungsstrafe, Knast, Sicherungsverwahrung – alles ist drin. Hängt vom Geschick seines Verteidigers und den Gutachten der Psychologen ab.«
Sie hatte keine Ahnung, wie kurz ihr Bruder davor gewesen war, sich selbst und das hessische Polizeiwesen weltweit in die Schlagzeilen zu bringen. Und Rünz verspürte nicht die Absicht, es ihr zu erzählen. Auch sein anstehendes Disziplinarverfahren wegen Strafvereitelung im Amt behielt er vorerst für sich, obwohl es das Ende seiner Karriere bedeuten konnte. Seiner Ermittlerkarriere wohlgemerkt, denn das eigentliche Leben begann ja ohnehin erst mit seinem Auftritt in Klagenfurt.
Bislang hatten sich alle Beteiligten mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten, selbst Hoven, der ja schon reflexhaft den Kamm zückte, wenn er eine laufende Fernsehkamera sah. Hoven hatte Rünz und Wedel mit Schaum vor dem Mund die sofortige Suspendierung angedroht, als er von Breckers Plan erfahren hatte, dann aber nahtlos zu einem überaus geschmeidigen und kooperativen Tonfall gewechselt, nachdem Rünz seiner Verwunderung über Hovens offene Informationspolitik bezüglich der Personaldaten Ausdruck verliehen hatte.
Und dieser Weiler hatte sich doch tatsächlich kurz nach dem kleinen Vorfall von Breckers Ex getrennt! Diese Nadelstreifen waren einfach nicht belastbar, knickten sofort ein, wenn man sie mal ein wenig körperlich unter Druck setzte. Nun gut, wenigstens hatte er von zivilrechtlichen Konsequenzen abgesehen, er wollte es sich nicht mit einem wichtigen Kunden verscherzen.
Rünz schaute seine Frau an, sie war der völligen Auflösung nahe. In seinem rudimentär möblierten Gefühlshaushalt regte sich eine ihm ungewohnte und unangenehme Emotion, die man mit viel gutem Willen als Mitgefühl hätte bezeichnen können.
»Du schaffst das schon«, sagte er und klopfte ihr kräftig und aufmunternd wie einem Stammtischkameraden auf die Schulter.
E N D E
Nachwort und Danksagung
Die Geschichte des Piloten Jerome D. Sullivan basiert auf dem bis heute ungeklärten Absturz des US Air Force-Piloten Craig D. Button am 2. April 1997 in Colorado. Der Absturz des US-amerikanischen Thunderbolt-Kampfflugzeuges in Remscheid am 8. Dezember 1988 ist keine Fiktion, die Berichterstattung über das Ereignis mag dem einen oder anderen Leser noch in Erinnerung sein.
Das »Stadtlexikon Darmstadt« lieferte mit einem Eintrag über den Auftritt von Buffalo Bills Wild West Show im Darmstadt des Jahres 1888 eine wichtige Inspiration für diesen Roman. Jedem an Darmstadt Interessierten sei diese umfangreiche Sammlung von Informationen (herausgegeben vom Historischen Verein für Hessen, erschienen im Verlag Theiss) ans Herz gelegt.
Weitere Inspiration lieferte die US-amerikanische Publizistin und Pulitzer-Preisträgerin Julia Keller mit ihrem Werk »Mr. Gatlings terrible Marvel«, einer faszinierenden Kulturgeschichte der Gatling Gun und ihres Erfinders Richard Jordan Gatling. (Das Werk ist zum Erscheinungszeitpunkt diese Romans leider nur in der englischen Originalausgabe verfügbar.)
Ich danke meiner Frau Jutta Glatt für Kritik, Korrekturen und Inspirationen. Ich danke Claudia Senghaas für kritisches Lektorat und Korrektorat und für ihren engagierten Einsatz für die Kommissar-Rünz-Fälle.
Christian Gude, Darmstadt, 31. Mai 2010
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