Kopernikus 1
müssen.
Begleitet vom Geräusch brechender Zweige ging das kleine Schiff in dem vorher nicht sichtbaren Wald nieder. Es kam gerade zum Stehen, und Peyton schaltete die tr ü ben Kabinenlichter aus und starrte durchs Fenster hinaus. Es gab nichts zu sehen. Entsprechend seinen Instrukti o nen öffnete er die Tür nicht. Er machte es sich so bequem wie möglich und legte sich nieder, um den Anbruch des Morgens abzuwarten.
Beim Erwachen schien ihm strahlendes Sonnenlicht voll in die Augen. Er zog sich schnell die Montur über, die ihm seine Freunde zur Verfügung gestellt hatten, öf f nete die Tür und schritt in den Wald.
Der Landeplatz war sorgfältig ausgewählt worden, und es war kein Problem, die paar Meter bis zum freien Land vorzukriechen. Vor ihm lagen kleine, grasbedeckte H ü gel, die gelegentlich mit Gruppen schlanker Bäume b e standen waren. Der Tag war mild, obwohl es Sommer und der Äquator nicht weit entfernt war. Achthundert Jahre der Wetterkontrolle und die großen künstlichen Seen, in denen die Wüsten ertrunken waren, sorgten dafür.
Beinahe zum erstenmal in seinem Leben erlebte Pe y ton die Natur so, wie sie in jenen Tagen vor dem Ko m men des Menschen gewesen war. Doch war es nicht die Wildnis der Szenerie, die er als so seltsam empfand. Pe y ton hatte nie richtige Stille gekannt. Immer hatte es das Gemurmel von Maschinen oder das ferne Flüstern schneller Luftschiffe gegeben, das schwach aus den ri e sigen Höhen der Stratosphäre herab zu hören war.
Hier gab es keines dieser Geräusche, denn keine M a schine konnte die Kraftschranke durchdringen, die das Reservat umgab. Hier gab es nur den Wind im Gras und das kaum hörbare Konzert der Insektenstimmen. Peyton empfand die Stille als nervtötend und tat, was beinahe jeder Mensch seiner Zeit gemacht haben würde. Er drückte auf den Knopf seines persönlichen Radios, das einen Sender mit Hintergrundmusik auswählte.
So wanderte Peyton durch das Gebiet des Großen R e servats, die größte Fläche naturbelassenen Territoriums, das es noch auf der Oberfläche des Erdballs gab. Das Gehen fiel ihm leicht, denn die in seine Montur eing e bauten Neutralisatoren hoben sein Gewicht beinahe auf. Mit sich trug er den Nebel unaufdringlicher Musik, der beinahe von der Entdeckung des Radios an den Hinte r grund menschlichen Lebens bildete. Obwohl er nur einen Schalter umlegen mußte, um mit beinahe jedermann auf dem Planeten in Kontakt zu treten, betrachtete er sich ganz ernsthaft als mutterseelenallein im Herzen der N a tur, und einen Augenblick lang durchströmten ihn all die Gefühle, die Stanley und Livingstone empfunden haben mußten, als sie vor mehr als tausend Jahren dasselbe G e biet betreten hatten.
Zum Glück war Peyton ein guter Fußgänger, und so hatte er bis Mittag die halbe Strecke bis zu seinem Ziel zurückgelegt. Er hielt Rast, um unter einem Gehölz i m portierter marsianischer Kiefern, das einen Forscher aus alten Tagen aufs höchste verwundert hätte, das Mittag s mahl einzunehmen. In seiner Unwissenheit hielt Peyton diese Bäume für völlig selbstverständlich.
Er hatte schon einen kleinen Haufen leerer Konserven angesammelt, als er etwas bemerkte, das sich schnell über die Ebene in der Richtung bewegte, aus der er g e kommen war. Es war zu weit weg, als daß er hätte erke n nen können, was es war. Erst als es sich ihm offensich t lich näherte, machte er sich die Mühe aufzustehen, um es besser zu sehen. Bislang hatte er noch nichts von wilden Tieren bemerkt – wenngleich viele Tiere ihn bemerkt hatten –, und er beobachtete den Neuankömmling mit Interesse.
Peyton hatte nie zuvor einen Löwen gesehen, aber er hatte keine Schwierigkeiten, das herrliche Tier zu erke n nen, das auf ihn zugelaufen kam. Es gereichte ihm zur Ehre, daß er nur einmal zu dem Baum über ihm au f schaute. Dann hielt er entschlossen seine Stellung.
Es gab, wie ihm bekannt war, auf der Welt keine wir k lich gefährlichen Tiere mehr. Das Reservat war ein Mi t telding zwischen biologischem Laboratorium und Nati o nalpark und wurde alljährlich von Tausenden von Bes u chern aufgesucht. Es war allgemein bekannt, daß einem selbst keine Gefahr drohte, wenn man die Bewohner in Ruhe ließ. Im großen und ganzen funktionierte dieses Abkommen glatt.
Das Tier bemühte sich entschieden, freundlich zu sein. Es trottete schnurstracks auf ihn zu und rieb sich lieb e voll an seiner Seite. Als Peyton aufstand, zeigte es großes Interesse an seinen leeren
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