Kopernikus 2
klang sanft und vertrieb seine Angst mit Worten, baute seine Spannung auf und teilte seine Erregung.
Auf dem Bildschirm seiner Visiereinrichtung konnte Jordan den Drachen und den Flüstervogel erkennen. Der Drache wurde in seinem Sturzflug immer schneller und kam direkt auf ihn zu. Der Flüstervogel ließ sich parallel zu ihm, aber ein wenig höher fallen. Sie waren jetzt beide ganz nahe. Er konnte den Kopf des Drachens deutlich erkennen, seinen langen, gezackten Schnabel und die ovalen grünen Augen. Die Düsen des Flammenwerfers schienen ihn wie zwei zusätzliche Augen anzustarren. Dann trat Celia in Aktion. Der Flüstervogel schoß herbei und landete auf dem Rücken des Drachen, klammerte sich mit ihren Krallen an der zähen Haut des Reptils fest und bearbeitete seinen Rücken mit ihrem scharfen Schnabel. Der Drache dreht seinen Kopf an dem langen Hals, um nach ihr zu schnappen. Sie ließ los, ließ sich die Flügel mit Luft füllen, während der Drache seinen Sturzflug fortsetzte. „Jetzt, Mensch. Jetzt. Feuer“, flüsterte sie. „Bring ihn um. Jetzt bring ihn um.“
Jordan schoß, sobald der Flüstervogel sich erhoben hatte. Sie hatte den Drachen gerade genug abgelenkt, ihn gerade genug belästigt, um die Auslösung der Flammenwerfer zu verzögern. Als das Geschoß aufschlug, brach es in weißglühender Intensität in Flammen aus. Er hatte jedoch nicht genau getroffen. Das Geschoß war zu tief eingeschlagen und hatte zwei Füße abgerissen, aber den Körper und die Flügel unversehrt gelassen. Es war mehr als das notwendig, um einen Drachen umzubringen. Er schwenkte zur Seite und erhob sich mit einer Rauchwolke in seinem Kielwasser für einen weiteren Sturzflug.
„Mach dich bereit, Mensch. Da kommt der nächste.“
Plötzlich ist der Himmel nicht mehr leer.
Das Huey fliegt ungeschickt wie eine riesige Libelle über die Baumwipfel. Sein langer Schwanz bewegt sich hin und her, und die Rotorflügel zerteilen die Luft. Einen Augenblick lang schwebt es, um sich dann schnell zu Boden zu senken. Das Elefantengras wird durch den Wind der Rotoren flach gegen den Boden gedrückt.
Starke Hände packen seine Arme und Beine. Jordan wird auf eine Bahre gehoben und sanft auf das grobe Tuch gelegt. Der Turm über ihm verdeckt das schwächliche Sonnenlicht. Ihre Schatten sind kalt auf seinem Körper. Ein Plastikbeutel voller Plasma wird hochgehalten; das Sonnenlicht glitzert auf den Luftblasen darin. Auspuffdünste wehen an ihm vorbei. Sie riechen stechend, aber von unverbranntem Naphta zugleich süß.
Er spürt, wie die Bahre gehoben wird. Sie fangen damit an, mit ihm loszurennen, durchqueren den Wind unter den Rotoren des Hueys schnell, zu schnell, mit zuviel Rütteln; in seinem Bauch zerreißt etwas und tut entsetzlich weh. Der Schmerz gelangt langsam wieder an die Oberfläche seines Bewußtseins; die Kälte ergreift seinen Körper.
Sie verladen die Bahre durch die Seitentür des Hueys; andere Hände heben ihn auf und tragen ihn tiefer in die Dunkelheit im Rumpf. Das Heulen der Turbine wird heller, und als die Rotorblätter sich in der Luft festbeißen und sich heben, senkt sich die Nase nach vorn.
Im Halbdunkel der Dämmerung fliegt der Huey mit schreienden Motoren tief über das Elefantengras, nur ein paar Fuß über der Erde, während wir aus der Luke herausspringen und in dem Schlamm und Gras unter uns verschwinden. Eine riesige, schwerfällige Libelle, die ihre schrecklichen Jungen ausspuckt und die bald zurückkommen wird, um ein paar von uns wieder in ihrem Schoß aufzunehmen. War es das nicht gewesen, was der alte Mann gesagt hatte, was er wirklich gemeint hatte?
Er schüttelt sich unkontrolliert. Jemand deckt ihn mit einer Decke zu und schiebt sie unter seinen Körper.
„Ich friere immer noch.“ Das Gesicht in seinem Kopf löst sich in eine rote Masse auf.
„Das kommt alles wieder in Ordnung. Sie sind jetzt in Sicherheit. Ganz bald wird Ihnen wieder warm werden.“
Jordan dreht sich um und sieht den Arzt an. Er sieht jung aus; er hat klare Augen. Jordan ist zweiundzwanzig, in der zweiten Hälfte des zweiten Jahres seiner Dienstverpflichtung. Schmerz zerrt an seinen Eingeweiden.
„Warum muß das so weh tun?“ Er erinnert sich daran, daß er hinter den anderen zurückgeblieben ist.
„Muß es nicht. Einen Augenblick.“ Jordan spürt die Nadel mit der Morphiumlösung und die Wärme, als die Droge die Kälte verjagt. Dann überfällt ihn Übelkeit; er dreht seinen Kopf um und übergibt sich.
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