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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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konnten wir eine rege Anteilnahme verzeichnen. Hier, in diesen beiden Becken, die, wie Sie sicher bemerkt haben, randvoll sind, haben wir alle eingegangenen Stimmen gelagert. Wer der Meinung war, daß Mrs. Johnson ihr Kind opfern würde, sollte mit „Ja“, der andersdenkende Teil der Bevölkerung mit „Nein“ antworten. Hier rechts sehen Sie die Ja-, links daneben die Nein-Stimmen. Und nach dieser kurzen Pause schalten wir um, live zu den Niagarafällen, wo Mrs. Johnson, ihr Kind und unser Kamerateam schon gespannt warten.“
    Sein Bild verschwand, um von dem eines Nachttisches ersetzt zu werden, auf dem zwei Gebisse in ihren Gläsern lagen. Das Wasser im einen war klar und offensichtlich schon ein wenig abgestanden, während es im anderen Glas munter sprudelte. Das Gebiß im Glas mit dem abgestandenen Wasser preßte verbissen die Zähne zusammen und murmelte elend: „Ach Gott, was für ein ekelhaftes Wasser. Und die Vorstellung – die ganze Nacht hier drinnen, und dann nimmt sie mich wieder in den Mund!“
    Das Gebiß im Glas mit dem sprudelnden Wasser bot ein Bild überschwenglicher Lebensfreude. „Juchee!“ jubilierte es. „Frisches, sauberes und klares Wasser mit sprühaktivem Sauerstoff!“ Es rülpste verhalten, errötete etwas, dann fuhr es fort: „In meinem Wasser ist nur eine einzige Rudiment -Tabletteaufgelöst, die sichert mir die ganze Nacht woooooooohlige Frische!“ Das Bild wurde mit einem neidischen Blick des anderen Gebisses ausgeblendet.
    „Rudiment“, verkündete ein überzeugter Sprecher in weißem Ärztekittel, „denn für Ihre … öhö … dritten Zähne sollte Ihnen das Beste gerade gut genug sein.“
    Nach einer winzigen Pause sah man das gewaltige Panorama der Niagarafälle, deren immense Wassermassen donnernd in die Tiefe stürzten. Brillierende Gischt sprühte in die Luft, erzeugte Farben in allen Spektralbereichen des Regenbogens, um dann, lautlos im Tosen des Falls, niederzusinken.
    Das Fernsehteam hatte weder Kosten noch Mühen gescheut …
     
    „Zuschauerzahlen, hihi, Zuschauerzahlen …“ sagte Elias Pournel, der greise und schon reichlich senile Besitzer von zwölf amerikanischen Fernsehstationen. „Weiter so, Junge, hihihi.“ Er rieb sich vergnügt die Hände.
    „Wißt ihr denn nichts Besseres, als immer nur fernzusehen, verdammt noch mal …?“
     
    … und eine Art Steg erbaut, der weit über den Abgrund hinausreichte. Er hatte eine Breite von etwa einem Meter und war durch ein Gitter geschützt. Auf ihm standen Mrs. Johnson und ein Moderator, während die Kamera direkt an seinem Ursprung, aber noch auf solidem Grund montiert war.
    „Guten Abend, liebe Zuschauer daheim an den Bildschirmen“, sagte der Moderator mit breitem Grinsen. „Hier sind wir wieder, live, mit dramatischen Entscheidungen, Schmerz und Gewissensbissen und so weiter. Sie alle wissen, Mrs. Johnson hier schwankt noch, ob sie ihr gerade sechs Monate altes Baby für hunderttausend Dollar den Niagarafall hinabwerfen soll oder ob ihr das eigene Fleisch und Blut mehr wert ist als alles Geld der Welt. Wie wird ihre Entscheidung ausfallen?“
    Die Kamera fuhr auf Mrs. Johnson zu, die am äußersten Ende des Steges stand und ein in Windeln gehülltes Bündel auf den Armen trug. Als die Kamera es in einer Großaufnahme heranholte, konnte man sehen, daß es schrie und weinte, aber vor dem Donnern des Wassers war kein Laut zu hören.
    „Wir wollen Mrs. Johnson noch einmal an alle Fakten erinnern“, meldete sich der Moderator wieder zu Wort. „Mrs. Johnson, Sie wissen, wir garantieren Ihnen völlige Straffreiheit vor dem Gesetz. Werfen Sie Ihr Kind hinab, dann gehören die hunderttausend Dollar, die ich hier in diesem Postsack …“ – der Moderator hob einen braunen Jutesack vor die Kamera – „… habe, Ihnen. Wenn nicht, dann können Sie und Ihr Kind jederzeit den Steg verlassen, und unser Wagen wird Sie wegbringen. Nun, Mrs. Johnson?“
    Die Frau befand sich offensichtlich in einer schrecklichen Gewissensnot. Sie sah zu dem Bündel auf ihrem Arm, dann wieder zu dem Moderator und dem Geldsack. Der Moderator öffnete ihn und holte einen gebündelten Packen Geldscheine heraus, mit denen er vor Mrs. Johnsons Nase winkte. „Ihre Entscheidung, Mrs. Johnson“, sagte er.
    Die Frau drehte sich um, bedachte ihr Baby mit einem letzten Blick, preßte dann fest die Augen zusammen und warf das Kind über das Geländer des Stegs in die Tiefe.
    „… Zuschauerzahlen sind der Spiegel des Erfolgs eines

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