Kopernikus 7
dehnte sich aus der Ausfahrt. Rollte nach oben. Blitzte, raste und rotierte. Kam mit tückischen roten, leuchtenden Augen näher. Die Männer, die noch eben fast nachlässig, ein wenig schwammig, unwissend, ein wenig auch, als würden sie nur aus Säcken bestehen, auf der Straße gestanden hatten, spritzten auseinander.
Das sägende Monstrum prallte auf die Straße, im Rücken einen Teil des Gartentores, den es beiseite geschleudert hatte. Ein hoher, singender Ton drang aus seiner Kehle. Man sah seine messerscharfen Fingernägel blitzen. Das Ding bewegte sich mit ungeheurem Tempo. Hatte sich einen der Männer aus der Menge gegriffen. Griff hinein in ihn, durch ihn, kam mit den Händen, als wären sie durch ein Nichts gefahren, heraus an seinem Rücken. Blut spritzte.
Von den Fenstern oben und drüben brüllten schlaftrunkene Gestalten.
Ein Polizist, den Angst und Wahnsinn über den Kühler seines Wagens gewirbelt hatten, sah, wie das Ding, nachdem es noch zwei weitere Männer durchgriffen hatte, auf ihn zukam. Der Polizist hob die Maschinenpistole und gab Feuer. Die Waffe in seiner Hand schwankte. Der Rückstoß warf ihn gegen die Scheibe seines Wagens, auf dessen Motorhaube er jetzt lag, so als ob er sich das Genick gebrochen habe.
Vor ihm stürzten zwei, drei Polizisten oder Feuerwehrmänner nieder. Sie fielen, als wäre ein Draht, der sie aufrecht hielt, aus ihnen gezogen.
Aber der Polizist hatte auch das Monstrum getroffen. Er traf es mitten in seinen sich blähenden, weißen Körper. Fleisch flog in Fetzen. Die Augen platzten. Es schien, als ob das Ding bloß mit Blut angefüllt gewesen wäre. Es regnete auf das Pflaster Blut in Strömen. Fast schwarz rann es aus dem Etwas.
Als Kommissar Sperrle endlich am Tatort eintraf, erwartete ihn bereits eine beachtliche Strecke. Es schien, als er aus seinem Wagen ausstieg, als ob das Jagdfieber seine Männer und die Sonderkommandos, die herbeigeeilt waren, ergriffen hätte. Selbst jetzt noch, da bereits eine Viertelstunde seit der Schießerei vergangen war, torkelten die Männer mit den Maschinenpistolen und den Flinten und den Nachtsichtgeräten wie trunken durcheinander. Es war Sperrle, als würden sie ihre Zungen zu den Mündern wie lechzende Bluthunde heraushängen, und tatsächlich sah er, wie einige die blutunterlaufenen Augen, in denen das Weiße glänzte, rollten.
Auf dem Gehsteig vor dem Hause 112 lagen die zerschossenen, zerklumpten Figuren, von denen Sperrle sogleich dachte, daß man die Blutwut seiner Männer angesichts dessen verstehen konnte. Fast jede der Kreaturen war bis zur Unkenntlichkeit zerschossen. Zerplatzt waren die Gnomen. Zersiebt waren die Lurche. Die menschenähnlichen Kreaturen lagen bleich im Regen, der unaufhörlich und monoton auf sie tropfte. In einer Ecke, vor dem Gartentor, lag etwas wie eine riesige weiße Plane – es war das Monstrum, das man, nachdem es zerschossen worden war, in die Ecke geschleift hatte.
Das Licht aus den großen Scheinwerfern lag bleich und grell über der Szene. Die Polizeikameras surrten. Man konnte in der Luft noch den Pulverdampf und den Bleigeruch unter dem fallenden Regen spüren. Einige der Männer, denen Sperrle die Hand schüttelte, hatten bleiche, steinerne Gesichter, und es war, als würde man sie nach der Hatz kaum ansprechen können. Sperrle suchte umständlich nach Worten, obwohl er sogleich gesehen hatte, daß das Haus noch nicht gestürmt war. Von unten, aus dem Keller, war noch immer der tiefe, brummende Ton zu hören.
Um vier Uhr dreißig war die Aktion beendet. Die Scheinwerfer waren erloschen. Im Licht des Morgens, der langsam über die Dächer heraufkroch, konnte man die abziehenden Schwaden des Lähmgases sehen. Die riesige Gestalt des Mörders der beiden Polizisten hatte man auf einer Bahre in einen vergitterten Krankenwagen, der sie ins Polizeikrankenhaus transportieren würde, geschoben. Die wütenden Schreie, das Geschimpfe, die Wut der Anwohner, die ihre Steuergelder beklagten, von denen sie nichts hätten, keinen Schutz, keine Ruhe, verstummten. Das Brummen aus dem Keller war, indem man den Strom abgedreht hatte, erstorben. In den Nährtanks waren die restlichen, die von der Kreatur nicht hochgepeitschten Geschöpfe, in sich zusammengesunken, gestorben. Das Labor war versiegelt. Ein Dutzend Polizisten, die vor dem Gebäude Wache hielten, rauchten lustlos ihre Zigaretten, während die Reporter der Lokalpresse sie bestürmten.
Sie hatten sich in der Einschätzung des
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