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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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nach unten und kam schwer auf. Seine Hände gruben sich in weichen, feuchten Sand.
    „Hier ist es ja feucht“, sagte er.
    „Na und, hier sind ja auch überall Abwässergräben.“
    Chick schwieg. In seiner Vorstellung sah er sich schon in einem randvoll mit Scheiße gefüllten Abwassergraben versinken. Bloß das nicht!
    „Nun mach doch endlich die Kerze an“, hörte er Westphal mit hoher, ungeduldiger Stimme schreien.
    Dete, der die Situation genoß, ließ sich Zeit mit dem Anzünden der Kerze. Zwei Streichhölzer brachen ab oder gingen gleich wieder aus, bevor es ihm gelang, den Docht in Brand zu setzen. Sie sahen sich um.
    Sie fanden sich zwischen Mauern, die an die drei Meter auseinanderstanden, in einem Gang. Oben, über ihren Köpfen, wurde es sehr dunkel. Sie vermuteten dort eine Betondecke, vielleicht den Fußboden der Aula, die etwa über dem Fahrradkeller liegen mochte.
    Der Gedanke an die Aula, eine dumpfe Erinnerung, trieb sofort ab ins Dunkel. Nur Bilderfetzen, Bruchstücke einer Schulfeier, wo Jungen auf der Bühne standen und, die Münder aufgerissen, zu singen versuchten, während vor ihnen ein allseitig gehaßter Musiklehrer sich in der Pose eines Dirigenten versuchte, wobei seine Rückansicht die Schüler zu hämischen Bemerkungen veranlaßte, weil die Hose und das Jackett, in denen er steckte, gar zu lustige Falten warfen. Die Schule trug den Namen eines Philosophen, von dem keiner der Schüler etwas anderes außer dem Namen wußte. Ein Lehrer erwähnte unverständliche Sachen von dem in einer Ansprache. Und dann breitete sich das Dunkel wieder aus, und die Erinnerungen verschwanden.
    Die Kerze flackerte, und jedes Flackern ließ die Dunkelheit nach ihnen schnappen – hohnlachend. So als wollte sie sagen:
    „Was, ihr Kindsköpfe wagt es mit eurer kümmerlichen Kerze, hier herumzutappen?“
    Das LACHEN der Dunkelheit, grause, aber unüberhörbare Realität, umkroch sie. Der Druck des Aulagebäudes lastete auf ihnen. Die Wände der Tunnel verloren sich unten im feuchten Sand, Sand, den ihre Halbschuhe aufwühlten und wo sich kleine Wasserpfützen bildeten.
    Sie gingen nach links in den Gang hinein, dicht an der Wand entlang. Dete ging vorne mit der flatternden Kerze. Luftzüge, von denen niemand wußte, woher sie kamen, bissen nach der mickrig flackernden Kerzenflamme. Ihre Schatten umtanzten sie nach einem unhörbaren gequälten Rhythmus. Der Bauch der Dunkelheit quoll und schmerzte, so sehr fiel Lachen aus ihm heraus.
    Chick hatte Angst, die anderen zu verlieren. Er lief als letzter. Er wußte irgendwie genau, und es schauerte ihm bei dem Gedanken, er würde sie verlieren.
    „Hier!“ Detes Stimme klang verzerrt. „Hier muß es sein, da muß es eine Leitergeben“.
    Die Stimme schien leiser zu werden.
    „Die Leiter endet an einem Gully, der liegt genau auf halbem Weg zwischen den Schulhöfen, da, wo es zur Nachbarschule rübergeht.“
    Chick konnte Detes Ausführungen nicht mehr folgen. Die Angst schottete ihn immer mehr von den anderen beiden ab. Und schon wieder redete Dete.
    Leiser werdend. Kaum noch wahrnehmbar im Geflacker des Kerzenlichtes.
    „Letztes Mal, als ich da unten war, haben wir den Gullydeckel hochgelüftet und hinausgesehen. Die von der Nachbarschule spielten gerade Korbball. Das sah vielleicht bescheuert aus. Die von hier unten aus zu sehen. Und die merkten natürlich nicht, daß wir sie beobachteten.“
    Noch leiser und unverständlicher wurde die Stimme. Chick hatte Mühe, sich unter dem Wort „Nachbarschule“ etwas vorzustellen. Das einzig Sichere war für ihn seine Hand, die er an der Wand entlangstreifen ließ und wo er dem Schmerz nachsann, wenn die rauhe Oberfläche der Mauer ihm die Haut langsam abschmirgelte.
    Sie kamen an eine unterirdische Kreuzung, wo sich die Dunkelheit im freien Raum zwischen den Mauern an sie herandrückte. Schrei nicht! Er lauschte auf das Geräusch, das seine Schritte im Sand verursachten. Das Schlurren schien von weither zu kommen. Die Luft roch muffig und naß. Er traute sich nicht, Westphals Cordjacke, die er vor sich wußte, zu packen und sich von Westphal ziehen zu lassen.
    Chick hatte Angst. {1}
    Chick hatte Angst vor dem Verlöschen des Lichtes. Die Zufälligkeit, mit der die sonderbaren Luftströmungen des Ganges die Kerzenflamme flackern ließen, erschreckte ihn. Das Licht könnte ja jeden Moment weg sein.
    Er streckte den Arm aus, um sich an Westphal festzuhalten. Er griff aber ins Leere. Die Dunkelheit schlug zu.
    Die Kerze

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