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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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hatte, zum Bowling zu gehen. Klar, das war es. Und er brauchte sich auch nicht zu genieren, krank zu werden: Seine Akte war prima. Nur zwei Fehltage in sechs Jahren. Jeder wird mal krank, so ist das eben. Sie würden das verstehen.
    Wenn nicht, sollten sie ihn am Arsch lecken.
    Mason ließ die Pizza ein wenig verbrennen. Als er sie mit einem Geschirrtuch herauszog – wobei er sich die Hand versengte –, hatte der Rand angefangen, schwarz zu werden, und die Kruste und der Käse waren leicht angekohlt. Aber nicht zu schlimm. Es war noch zu retten. Mit einem Rollmesser schnitt er die Pizza in Stücke. Wie gewöhnlich trödelte er beim Essen herum, so daß die letzten Stücke kalt geworden waren, als er sie in den Mund schob. Sie schmeckten wie Pappdeckel mit ungewärmter Spaghettisauce. Er aß sie trotzdem. Dazu trank er ein Bier und hinterher einen Kaffee. Als er damit fertig war, empfand er immer noch ein unbestimmtes Hungergefühl, und so nahm er eine Packung Feigen aus dem Schrank und aß auch davon noch ein paar. Danach blieb er am Tisch sitzen und rauchte eine Zigarette. Kein Laut war zu hören – nichts regte sich. Stasis.
    Das Telephon klingelte: Kaplan.
    Mason sprang auf und nahm dann einen langen, unregelmäßigen Zug an der Zigarette. Er zitterte. Verblüfft starrte er auf seine Hand. Nerven. Himmel. Er arbeitete zuviel, machte sich zu viele Gedanken. Zum Teufel mit Kaplan und der ganzen Bande. Sag ihnen überhaupt nichts. Brauchst du doch nicht. Laß sie schmoren. Das Telephon schrie noch einmal und noch einmal: dreimal, viermal, sechsmal. Nimm nicht ab, sagte Mason zu sich selbst, und er quälte sich gespielte Entrüstung ab, um die plötzliche, unerklärliche Panik, die Angst, das Grauen zu überdecken. Denen bist du keine Rechenschaft schuldig. Rring (Schrei), rring (Schrei), rring (Schrei). Die Haut über seinem Magen kribbelte, und die feinen Härchen in seinem Nacken und auf seinen Armen sträubten sich. Aufhören, verdammt, aufhören, aufhören. „Sei still!“ schrie er mit rauher Stimme, immer noch halb stehend.
    Das Telephon verstummte.
    Die Stille war unglaublich bösartig.
    Mason zündete sich eine neue Zigarette an, ließ das Streichholz fallen, riß ein zweites an und schaffte es schließlich. Er konzentrierte sich auf das Rauchen, auf den Geschmack des Qualms und das Gefühl davon in seiner Lunge, und er paffte in intensivem Stakkato (ichglaubeichkannichglaubeichkannichglaubeichkann-ichglaubeichkann). Irgend etwas war ganz und gar nicht in Ordnung, aber er unterdrückte diesen Gedanken, drängte ihn ganz nach unten. Eine fühlbare Schwärze: Geh ihr aus dem Weg. Er war nur müde, sonst nichts. Er hatte einen wirklich miesen, wirklich harten Tag gehabt, und jetzt war er müde, und das machte ihn nervös. Die Arbeit schien von Woche zu Woche immer schwerer zu werden. Vielleicht wurde er alt und verlor sein Stehvermögen. Er vermutete, daß dies früher oder später zwangsläufig geschehen würde. Aber Scheiße – er war erst achtunddreißig. Er hätte es nie geglaubt, nicht einmal daran gedacht, bis heute.
    „Du wirst alt“, sagte Mason laut. Die Worte hallten in dem kahlen Raum wider.
    Er lachte unsicher, nervös, in gespielter Verachtung. Es schien, als ob die Wände das Lachen aufsaugten. Die Stille verschluckte das Geräusch seines Atems.
    Eine Zeitlang lauschte er der Stille. Dann nannte er sich selbst ein blödes Arschloch, weil er über solchen albernen Quatsch nachdachte, und beschloß, es sei das beste, zu Bett zu gehen. Er stemmte sich hoch. Normalerweise pflegte er ein paar Stunden fernzusehen, ehe er schlafenging, aber heute abend war er wirklich im Arsch – erschöpft und verängstigt. Verängstigt? Wovor sollte er denn Angst haben? Das war doch alberner Quatsch. Mason stellte das schmutzige Geschirr ins Spülbecken und ging ins Schlafzimmer. Methodisch löschte er hinter sich die Lichter. Die Dunkelheit folgte ihm an die Schlafzimmertür.
    Mason zog sich aus, legte seine Kleider beiseite und setzte sich auf die Bettkante. An dieser Seite des Gebäudes befand sich eine schäbige Absteige, und ihre rote Neonreklame blinkte direkt in Masons Schlafzimmerfenster. Dagegen half kein noch so dicker Vorhang, aber heute abend war er zu müde, um sich davon stören zu lassen. Es war ein schlimmer Tag gewesen. Er würde nicht darüber nachdenken, überhaupt nicht. Er wollte nur schlafen. Morgen würde es anders sein. Morgen würde es besser sein. Es mußte. Er knipste das Licht aus und

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