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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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tragen lassen, wohin sie wollten, zu tun, was sie verlangten.
    Er knöpfte seinen Arbeitsanzug zu. Er erinnerte sich nicht, die Tür oder den Spind geöffnet zu haben. Er befahl sich achtzugeben.
    Eine Montage aus überraschten Gesichtern, hüpfend wie Luftballons. Mason drängte sich vorbei, ohne sie anzusehen. Ihre Lippen bewegten sich, aber er hörte nicht, was sie sagten.
    Nicht zurückschauen. Sie können dich in eine Salzsäule verwandeln, all diese hohlen Menschen.
    Der Hammer lag solide und schwer in seiner Hand. Sein vertrautes Gewicht half Mason, einen klaren Kopf zu bekommen und sich in der Welt zu verankern. Mason schritt rasch voran. Ein überlebendes Fragment seiner früheren Persönlichkeit war darauf erpicht, an die Arbeit zu kommen und den anderen Männern seine wiedererlangte Kraft und Energie zu demonstrieren. Er fühlte diese Regung wie durch einen gläsernen Ozean, wie den Phantomschmerz in einem amputierten Glied. Er ertrug sie gelassen; nach dem heutigen Tage würde so etwas nicht mehr wichtig sein.
    Mason ging ans hintere Ende der langgestreckten weißen Halle. Lilith schien jetzt sehr nahe zu sein, und ihre Nähe rief ein unerträgliches Summen in seinem Kopf hervor. Er stolperte weiter, mit ruckhaften Bewegungen, als müsse er gegen einen wellenförmigen Druck ankämpfen. Sie würde jeden Augenblick eintreffen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie kommen würde und woher. Er konnte sich nicht vorstellen, was mit ihm, mit ihnen geschehen würde. Er versuchte sich ein Bild von ihrer Ankunft zu machen, aber sein Geist konnte nur auf Disney, Science Fiction und Religion zurückgreifen, und so sah er nur eine ätherische, wunderschöne Frau aus buntem Glas, die unter dröhnender Orgelmusik in einer goldenen Lichtsäule vom Himmel herniederstieg. Das Licht umgab sie und strahlte aus ihr heraus und flirrte in unbekannten Farben, als es durch ihren klaren Körper drang. Er war nicht ganz sicher, ob sie nicht auch Flügel haben müßte.
    Hartes Tageslicht am offenen Ende der Halle. Das nervöse Brummen der Rinder. Ein Geruch von Mist und Schweiß, darunter ein Hauch von altem Blut. Die anderen Männer, die ihn neugierig beobachteten. Sie hatten Masken statt Gesichter und Augen wie Vipern. Viperaugen verfolgten ihn durch die Halle. Hufe scharrten draußen im Kies.
    Mit schweren Lidern, zitternd, nahm er seinen Platz ein.
    Sie trieben die erste Kuh des Tages herein, direkt auf Mason zu. Er hob den Hammer.
    Die Kuh näherte sich ruhig. Gelassen ging sie vor den Treibern her, mit erhobenem Kopf. Sie starrte Mason eindringlich an. Ihre Augen waren groß und tief – heiter, schön und voller Vertrauen.
    Lilith, sagte er zu ihr, und dann traf der Hammer sie krachend zwischen die Augen.

 
Gerd Maximovič Das Spinnenloch
     
    Es ist bekannt, daß das Universum voller Wunder ist. Es liegt auf der Hand, daß ein so großer Raum ein Vielfaches der Formen, Spielarten, Entwicklungsmöglichkeiten des Lebens im Sonnensystem mit sich bringen wird. Trotzdem wäre es töricht, glaubte man, daß bisher jedem Raumfahrer ein solches Wunder begegnet sei. Das liegt aber nicht allein an der Unermeßlichkeit des Raums – in dem sich ja leicht ein Wunder verlieren kann –, sondern auch daran, daß man Wunder nur entdeckt, wenn man auch sehen kann.
    Im 23. Jahrhundert war die Technik der Menschheit so weit vervollkommnet, daß ein Flug zu den Sternen – durch den Zwischenraum – fast ein, wenn auch anstrengendes, Vergnügen war, ein zwar strapaziöser Trip, der mitunter Stürme, magnetische Fallen, Untiefen und vielerlei elektromagnetische Erscheinungen bereithielt, der aber gleichwohl schon so perfektioniert worden war, daß man nicht mehr nur im Geleitzug, sondern, wie die Familie Wagenseil, auch schon auf Privatjachten den Zwischenraum durchquerte.
    Es ist vielleicht bemerkenswert, daß die seelische Entwicklung der Menschheit mit der ihrer Technik nicht vollständig Schritt gehalten hat. Die Konstruktion überlichtschneller Raumschiffe scheint einfacher als der behutsame Umgang mit anderen Menschen zu sein. Es versteht sich auch, daß, obwohl in der weltweiten Gesellschaft mehr Gleichheit geschaffen worden ist, sich noch viel Verhaltensmaterial aus der alten Gesellschaft in den Herzen und Köpfen der Menschen auffand.
    Hätte man die Familie Wagenseil, die auf dem Weg zum Colosom war, unter einem besonders tiefblickenden Elektronenmikroskop seziert, so hätte man in ihrem Normalverhalten allerlei

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