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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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in magischen Bewegungen um ihn herum, singt in einer unbekannten Sprache, in rhythmischen Abständen springt er in Fenters Kreis und berührt den steifen Körper mit seinen Handflächen, Fenter spürt, wie Kraft in ihn quillt. Plötzlich greift ihm n-Sana ins Hemd, zieht eine Zeitung heraus, entfaltet sie und hält sie hoch über den Kopf, dort reißt er sie in schnelle, schmale Fetzen. Das Papier flattert zu Boden, raschelt fort, verstummt, ringsum wird es totenstill, selbst die Bewegungen des tanzenden Zauberers sind lautlos und wie aus einer andern Zeit.
    Atemlos starrt Fenter den letzten Fetzen Papier an, den er noch immer über den Kopf hält, die perlendschwarzen Augen, die klauenartigen Hände, den Kitoi, der den Zauberer wie Gefieder umgibt. Da bricht der erste Sonnenstrahl in die Schlucht.
    „Jetzt!“ schreit der Orkoyote und streckt Fenter den Zeitungsfetzen entgegen, darauf ein Foto: der lächelnde, winkende Entwicklungshilfeminister in Mombasa.
    Fenters rechter Arm fliegt nach vorn, sein speerspitzer Zeigefinger durchbohrt das Papier, Blut breitet sich zu ihren Füßen aus.
    „Das Zeichen!“ singt Kwa-n-Sana; Fenter, von überschäumendem Glücksgefühl berauscht, reckt den blutigen Finger dem Himmel entgegen.
    „Das Zeichen!“ singen sie, und mit ihrem Gesang kehren die Geräusche zurück, der frühe Atem des Tags. Er hört nahes Rauschen und Plätschern, Klirren wie von Keramik oder Porzellan, Kinderlachen, Radiomusik, ein rotbunter Vorhang flattert ins enge Hotelzimmer.
    Ihm ist schwindlig, der kehlige Gesang des Orkoyoten füllt seinen leeren, glücklichen, tauben Kopf, vor seine Augen zieht ein blutigroter Schleier, er fällt.
    Fenter weiß nicht, wie lange er so gelegen hat, offenbar hat ihn Kwa-n-Sana aus der Lichtung getragen, denn er erwacht am Fuß eines der mächtigen Megalithen, die jetzt in der Hitze des Tages feuchten Schatten spenden. N-Sana tupft Wasser auf seine Lippen, das sich in einer Mulde des Steins gesammelt hat, lächelt, die schwarzen Augen blicken müde und stumpf.
    Er sagt: „Du wirst deine Kräfte bald zurückkehren spüren. Es ist gut. Der Ogun war mächtig.“
    Fenter sinkt zurück, die Augen fallen ihm wieder zu, das Wasser auf seinen Lippen schmeckt salzig, frisch. Irgendwann während seines langen, kräftigen Schlafs meint er, Kwa-n-Sana neben dem Felsstein stehen zu sehen, die wassergefüllte Mulde sieht aus wie eine Pfütze im feuchten Sand, ein staubroter Vogel stößt seinen scharfen Schnabel hinein, Fenter lächelt und schläft.
    „Mein Gott, in was für einer schrecklichen Gegend sind wir hier!“ sagte Carola. Sie lag neben Fenter auf einer grellbunten Luftmatratze, weit und weiß dehnte sich um sie herum der Strand. Weiß glänzten auch ihre schulterlangen Haare, auf ihrer blassen Haut zeigte sich starke Rötung. Sie faltete die Boulevardzeitung zusammen und wandte sich ihrem Mann zu.
    Fenter blinzelte.
    „Bist du wach?“ fragte sie.
    Er schloß die Augen, lauschte der Brandung und dem Stimmengewirr der Badegäste, Kinderkreischen, ein Hund bellte. Vorsichtig tastete er sich über den kahlen Kopf, die Haut brannte.
    „Brauchst du noch mal die Creme?“ fragte Carola.
    Er blinzelte wieder.
    Die blonde Frau auf der Luftmatratze war Carola, kein Zweifel, sie lagen am Strand des Waikikihotels, vor ihnen dehnte sich der hohe, grüne Indische Ozean.
    „Cord! Hör doch mal zu!“ sagte sie.
    Jetzt sah er auch die Kinder, sie spielten im Sand, auch ihre Rücken und Arme waren rotgebrannt. Cord junior blickte herüber und rief: „Spiel wieder mit, Papi, bitte, du kannst das so gut.“
    „O ja!“ assistierte Christine. „Spiel wieder Medizinmann, ich hör so gern, wenn du so schaurig singst.“
    Eine Sandburg hatten sie gebaut, nein, das war keine Burg, ein Dorf stand dort mit runden, spitzkegeligen Hütten, einer großen, pfahlgestützten an dem einen Ende des Ortes, in der Mitte, von Sandeimern fachgerecht geformt, die Familienhäuser, dann ein freier Platz mit zwei Steinen, einem flachen, wannenförmigen und einem, der spitz aufragte, und am anderen Ende des Dorfes das Haus des Orkoyoten …
    „Hast du schon gelesen, was in Mombasa passiert ist?“ fragte Carola. Er starrte das Dorf im Sand an, die Umfassungsmauer …
    „Wir werden noch ein paar Gärten bauen!“ schlug Christine vor.
    Carola faltete die Zeitung auseinander. „Gestern wurde auf unseren Minister Ettlinger ein Attentat verübt. Auf unseren Minister!“
    „Ettlinger?“
    „Mein Gott!“

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