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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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blaue Augen, kastanienrotes Haar – wenngleich bartlos. Das Telefon imitiert das Quaken eines südamerikanischen Baumfrosches, das er einmal über Kanal 122 gehört hat.
    „Sesam, öffne dich!“
     
    INTER CAECOS REGNAT LUSCUS
     
    Das Gesicht von Rex Luscus erfüllt das Fido, die Poren des Gesichts wie die Kraterlandschaft eines Schlachtfeldes aus dem Ersten Weltkrieg. Er trägt eine schwarze Augenklappe über dem linken Auge, das man ihm während eines Handgemenges zwischen Kritikern während der Ich-liebe-Rembrandt-Fortbildungsserie auf Kanal 109 ausgeschlagen hat. Er hat genügend Macht, um eine Transplantation zu beantragen, verzichtet aber darauf.
    „Inter caecos regnat luscus“, sagt er immer, wenn er danach gefragt wird, und wenn er nicht gefragt wird auch oft genug. „Übersetzung: Unter Blinden ist der Einäugige König. Darum habe ich mich in Rex Luscus umtaufen lassen. Das bedeutet König Einauge.“
    Es geht das Gerücht, von Luscus selbst mit verbreitet, daß er den Bioburschen erlauben wird, ein künstliches Proteinauge einzusetzen, wenn er das Bildnis eines Künstlers schauen kann, das großartig genug ist, um den Blick zweier Augen zu rechtfertigen. Es geht weiterhin das Gerücht, daß dies schon bald geschehen kann, und zwar wegen seiner Entdeckung von Chibiabos Elgreco Winnegan.
    Luscus betrachtet hungrig (er flucht adverbial) Chibs Lustpfropf und die darum liegenden Regionen. Chib schwillt an, aber nicht mit den Schwellkörpern, sondern vor Zorn.
    „Süßer“, sagt Luscus flötend, „ich wollte mich nur vergewissern, ob du schon aufgestanden bist und dich an die immens wichtige Arbeit des Tages gemacht hast. Du mußt bis zur Ausstellung fertig sein, du mußt! Aber nun, da ich dich sehe, fällt mir ein, daß ich noch nichts gegessen habe. Wie wär’s mit einem Frühstück mit mir?“
    „Was essen wir denn?“ sagt Chib. Er wartet aber nicht auf die Antwort. „Nein, ich habe heute zuviel zu tun. Sesam, schließe dich!“
    Das ziegenähnliche Gesicht von Rex Luscus oder, wie er es lieber nennt, das Gesicht Pans, eines Fauns der Künste, verblaßt auf dem Schirm. Er hat sogar die Ohren manikürt. Echt abgefahren.
    „Bää-ää-ää!“ plärrt Chib dem Phantom hinterher. „Bä! Papperlapapp! Ich werde dir niemals in den Arsch kriechen, Luscus, und du in meinen schon gar nicht. Auch wenn ich einen Mäzen verliere!“
    Das Telefon klingelt wieder. Das dunkle Gesicht von Rousseau Roter Falke erscheint. Seine Nase gleicht dem Schnabel des Adlers, seine Augen sind schwarze Glasscherben. Ein roter Stoff streifen ist um seine breite Stirn geschlungen, der das schwarze Haar zurückhält, welches ihm auf die Schultern fällt. Sein Hemd ist aus Wildleder, ein Perlendiadem hängt von seinem Nacken herab. Er sieht wie ein edler Indianer aus, obwohl Sitting Bull, Crazy Horse und sogar der edelste von allen, Roman Nose, ihn wahrscheinlich mit Fußtritten aus dem Stamm gejagt hätten. Nicht, daß sie antisemitisch gewesen wären, sie hätten einfach keinen Tapferen respektieren können, der Angstzustände bekam, wenn er sich einem Pferd nähern mußte.
    Er wurde als Julius Appelbaum geboren und an seinem Namenstag rechtens zu Rousseau Roter Falke. Gerade gemaßregelt aus den Wäldern zurückgekehrt, suhlt er sich nun wieder in den fleischlichen Genüssen einer dekadenten Zivilisation.
    „Wie geht’s dir denn, Chib? Die Bande fragt sich gerade, wann du wohl hier sein wirst?“
    „Bei euch? Ich habe noch nicht gefrühstückt, und zudem habe ich tausenderlei Dinge zu erledigen, bis die Ausstellung beginnt. Ich werde gegen Nachmittag dort sein.“
    „Den größten Spaß gestern nacht hast du versäumt, ’n paar gottverdammte Ägypter haben versucht, die Mädels anzumachen, aber wir haben sie an die Wand geselamt.“
    Rousseau verschwand wie der letzte der roten Männer.
    Chib denkt gerade an Frühstück, da meldet sich der Interkom. Sesam, öffne dich! Er sieht das Wohnzimmer. Rauch, zu dicht und wirbelnd, als daß die Klimaanlage ihn noch absaugen könnte, kräuselt sich dort. Am anderen Ende des Ovals schlafen sein Halbbruder und seine Halbschwester auf dem Bett. Während sie Mama-und-Freund spielten, sind sie eingeschlafen, ihre Münder in süßer Unschuld offen, wunderschön, wie nur schlafende Kinder sein können. Gegenüber ihren geschlossenen Lidern befindet sich ein starres Auge, das an einen mongolischen Zyklopen erinnert.
    „Sind sie nicht süß?“ fragt Mama. „Die Kindchen waren einfach

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