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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Meis­ter dicht hin­ter mir hö­ren. Ich will schnel­ler ge­hen, doch ich glei­te aus und stür­ze auf die Knie, ich sto­ße einen Schmer­zens­schrei aus und stüt­ze mich mit den Hän­den ab, um nicht zu fal­len. Mein Blut tröp­felt auf Gra­nit.
    El­fle­da ist fast na­he ge­nug, um mich zu be­rüh­ren. Ist sie her­un­ter­ge­kom­men, um mir beim Klet­tern zu hel­fen?
    „Ich kann nicht …“
    „Ver­such’s“, sagt sie. „Ver­such es ein­fach …“
    Als sie mei­ne Hand er­greift, wir­belt, sil­bern im Mond­licht, ein Seil über ih­ren Kopf.
    Ei­ne zwei­te Schlin­ge schließt sich um mei­nen Hals und reißt mich zu­rück. Ich pa­cke sie und ver­su­che, mich zu be­frei­en, wäh­rend ich klet­te­re. Das Seil reißt mich wie­der zu­rück, viel här­ter, es zieht mich zu­rück und schnei­det mir in die Keh­le. Mei­ne schmer­zen­den Hu­fe schla­gen ge­gen den Fels. Der Schmerz ver­voll­stän­digt mei­ne Ver­wirrt­heit. Ich stol­pe­re, stür­ze und glei­te über Fels­ge­stein. Ich bin ver­lo­ren.
    Als sich mei­ne Wahr­neh­mung wie­der ge­klärt hat, fal­len war­me Trop­fen auf mich her­ab. Ich öff­ne die Au­gen und se­he die Meis­ter, die El­fle­da den Berg hin­ab­füh­ren. Sie ist im Zen­trum ei­nes gan­zen Net­zes von Sei­len, die um Hals, Bei­ne und Hu­fe ge­schlun­gen sind. Doch sie reckt den Kopf stolz em­por. Ei­ner der Men­schen zieht an ih­rem schwar­zen Schwanz. Sie wen­det sich um und schlägt mit ei­nem Huf aus, doch die an­de­ren Men­schen zer­ren sie wie­der nach vorn.
    Ich sprin­ge auf. Der häß­li­che Jun­ge will mich auf­hal­ten, doch es ist zu spät. Ich schreie und fal­le zu­rück, er­zit­te­re, und plötz­lich bin ich mit kal­tem Schweiß be­deckt. Wenn ich still lie­gen­blei­be, ist der Schmerz nur ein dump­fes Po­chen.
    „Tut mir leid“, flüs­tert der Jun­ge. „Ich wuß­te nicht …“
    Ich rich­te mich lang­sam auf den Ell­bo­gen auf, be­mü­he mich aber, das Hin­ter­teil nicht zu be­we­gen. Im Mond­licht ist das Blut schwarz, doch die ers­ten Son­nen­strah­len wer­den den Fleck auf mei­ner Flan­ke bald in hel­les Schar­lach­rot ver­wan­deln. Ich kann die Kno­chen se­hen, die aus mei­nem ge­bro­che­nen Bein her­vor­ste­hen.
    El­fle­da und die Men­schen ver­schwin­den zwi­schen den Bäu­men. Ich sin­ke zum Bo­den zu­rück. Ich kann nur den däm­mern­den Him­mel und den Men­schen jun­gen se­hen. „Hilf mir … bit­te, hilf mir …“ Doch er wischt die Trä­nen von den Wan­gen und streicht sein Haar aus der Stirn. Es muß am Mond­licht und der Däm­me­rung lie­gen, daß er plötz­lich nicht mehr so häß­lich und un­si­cher aus­sieht. Hier ver­schwin­det die Ma­gie.
    „El­fle­da“, flüs­te­re ich, und der Jun­ge schaut mich ver­ständ­nis­los an, als wüß­te er gar nicht, daß sie einen Na­men hat.
    Hin­ter mir kann ich die Schrit­te zwei­er Men­schen hö­ren, die sich mir zum letz­ten Mal nä­hern.

 
Paul David Novitski
Kern­spal­tung NUCLEAR FISSION
     
    Dunkle Hü­gel roll­ten un­ter dem Zep­pe­lin da­hin. Hin­ter ihm ging ei­ne blei­che Son­ne auf und ba­de­te den Küs­ten­strei­fen da­vor in gol­de­nes Licht. Spin­ne lag zu­sam­men­ge­rollt in ei­ner Hän­ge­mat­te in sei­ner Ka­bi­ne und sah durch das Fens­ter zu, wie die Land­schaft von Wil­la­met­te un­ter den Ster­nen sicht­bar zu wer­den be­gann. Ir­gend­wo in ei­ner der Ge­birgs­fal­ten un­ter ihr lag das Kup­pel­dorf, das ih­re Hei­mat war, um­ge­ben von Fich­ten und Rho­do­den­dron­bü­schen. Sie streck­te sich gäh­nend in der Schlin­ge aus. Ihr Bru­der Fuch­sia war wahr­schein­lich der ein­zi­ge, der schon so früh auf den Bei­nen war – er stand im­mer schon vor der Däm­me­rung auf, wan­der­te den Hü­gel em­por zur Töp­fe­rei und ar­bei­te­te noch ein we­nig vor dem Früh­stück. Aber die an­de­ren wür­den noch schla­fen.
    Spin­ne gähn­te er­neut. Für sie war es zu spät in der Nacht – oder zu früh am Mor­gen –, um wirk­lich ganz wach zu sein. Die­se lan­gen Trans­kon­ti­nen­tal­flü­ge brach­ten ih­ren Bio­rhyth­mus im­mer durch­ein­an­der. Als sie den Zep­pe­lin in Penn­syl­va­nia be­stie­gen hat­te, war es neun Uhr abends ge­we­sen. Wäh­rend des Flug­es war die Son­ne

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