Kopf hoch, Freddie
sich nichts mehr ändern«, sagte Nick eilig. »Bill und ich genießen die Zeremonie viel besser vom ersten Rang aus.«
Jetzt kam Angela heraus und sah dabei so hübsch aus, daß Freddie ausrief: »Angela, du bist bildhübsch! Wie konntest du bloß sagen, ich würde dich in den Schatten stellen? Du — du hast etwas, das ich nicht haben werde.«
»Liebe«, neckte Nick sie. »Nicht verzweifeln, Freddie. Du kommst auch noch an die Reihe. Liebe allein bringt die Augen so zum Strahlen — oder hast du etwa Lidschatten aufgelegt, Angela?«
Sie schüttelte lachend den Kopf. »Stephen würde es bemerken, und es wäre sicher nicht sein Fall. Womöglich verstößt er mich noch im letzten Moment. Oh, da ist ja Vater!« Sie hatte Schritte gehört, und als jetzt die Tür aufging, flog sie in seine Arme, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Liebling, wie schön du aussiehst. Ach, wie du mir gefehlt hast!«
Maxwell Standish neigte seinen schönen Kopf und küßte seine Lieblingstochter flüchtig, mit seinem üblichen Gehaben — einer Art von schrulliger Entschuldigung für jegliche Zurschaustellung von Gefühl, aber mit einer Zuneigung, die er sonst niemandem gegenüber zeigte. Einen Augenblick lang hielt er sie umfangen und rückte dann entschlossen von ihr ab.
»Der Hochzeitsstaat darf nicht ruiniert werden — wunderbar siehst du aus!« Sodann begrüßte er die übrigen mit völliger Unbefangenheit. »Freddie, mein Kind, du siehst so aus, wie es sich gehört. Bill, es freut mich zu sehen, daß der Familiensinn gesiegt hat. Du hättest bei dieser Gelegenheit nicht fehlen dürfen — und du auch nicht, Nick! Anna wird sich freuen, dich zu sehen, und dabei ein wenig gekränkt sein, daß ihr zweiter Junge nicht auch ganz im Vordergrund steht.«
»Vater, du siehst wunderbar aus! Hast du ein wirklich hübsches Taxi organisiert?«
»Wie versprochen, bin ich mit einem Brautauto gekommen — und bin mir dabei ein wenig albern erschienen, als die Leute aus den Omnibussen zu mir herausstarrten und miteinander tuschelten. Der Wagen wartet draußen und zieht sicher eine Schar Neugieriger an.«
»Wie lustig! Hoffentlich ist unser Wagen auch so hübsch. Ich mag es, wenn viele Leute bei einer Hochzeit zusehen.«
»Dein Geschmack ist vulgär, meine Liebe! Darf ich darauf aufmerksam machen, daß es zehn vor elf ist? Du hast sicher bemerkt, daß ich im psychologisch richtigen Moment eingetroffen bin. Ich habe Anna gebeten, sie solle auch kommen, aber sie hat mir einen Korb gegeben und gemeint, daß Schwiegermütter unerwünscht seien. Ich nehme an, du möchtest die übliche Viertelstunde zu spät kommen, Angela?«
»Warum? Das ist doch Quatsch! Kreieren wir eine neue Mode: die Pünktlichkeit.«
Pünktlich waren sie aber nicht. Denn im letzten Moment ertönte Freddies entsetzter Schrei: »Meine Handschuhe! Meine schönen Handschuhe! Wo sind sie, Angela?«
»Woher soll ich das wissen? Du hast sie heute morgen so oft anprobiert.«
»Ich bin schrecklich zerstreut. Entsetzlich. Ich wollte Angela doch eine Hilfe sein. Eine Stütze. Und jetzt...«, jammerte Freddie.
»Jetzt mach dich ans Suchen und Finden — oder geh ohne Handschuhe«, sagte ihre Schwester munter.
Alle machten sich auf die Suche, die drei Männer methodisch, Freddie fieberhaft und Angela resigniert. Bald verkündete die Brautjungfer heldenhaft: »Ach, macht nichts. Ich kann doch nicht alle hier aufhalten. Ich werde eben die alten nehmen. Sie passen zwar nicht. Sie sehen wie ein Fleck auf meinem Kleid aus. Sie werden die Wirkung verderben, aber...«
»Jetzt reiß dich am Riemen und hör auf, die Märtyrerin zu spielen«, rief Nick aus der Küche. »Ich hab’ sie! Rate mal, wo sie waren? In den Tiefen des Kühlschrankes.«
»Nein! Nicht möglich! Ich kann es nicht glauben. Ach, jetzt erinnere ich mich, daß ich eben die Frühstückssachen weggeräumt habe.«
»Und dabei hast du die Dinger mit der Butter verwechselt«, meinte ihr Vater ruhig. »Eil dich, Kind. Die anderen sitzen draußen im Taxi, und die Zaungäste bekommen Langeweile. Wir geben dir drei Minuten Vorsprung. Sag deinem Herrn, er soll sich beeilen.«
»Schon gut. Adieu, Angela. Wenn wir uns nächstesmal sprechen, bist du schon Mrs. Lorimer. Es tut mir ja so leid, daß ich dich aufgehalten habe, aber du kannst nicht erwarten, daß ich mich an deinem Hochzeitstag normal benehme.«
Die Braut selbst wirkte völlig normal und in Stephens Augen einfach bildschön. Gegen die herrschende Sitte wandte er
Weitere Kostenlose Bücher