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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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schriftlicher Bericht war auch in meinem Interesse. Wenn eine Woche verstrichen ist, kann ich mich kaum noch an den Unterschied zwischen Montag und Dienstag erinnern, geschweige denn daran, welche Stellen ich aufgesucht habe und in welcher Reihenfolge. Ich habe festgestellt, daß die Klienten einen so lange für kompetent halten, bis der Zahltag heranrückt. Dann erscheint ihnen die Gesamtsumme auf einmal unerhört, und sie stehen da und fragen sich, was man eigentlich getan hat, um den Betrag verdient zu haben. Es ist besser, eine Rechnung mit beigefügter Chronologie einzureichen. Ich belege gern alles ganz genau und bis ins kleinste. Zumindest kann man damit seine Intelligenz und seine schriftstellerischen Fähigkeiten beweisen. Wie könnte man jemandem vertrauen, der mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß steht oder es nicht schafft, einen einfachen Aussagesatz zu formulieren?
    Das andere Thema, das wir behandelt hatten, war die Form meines Honorars. Als selbständige Detektivin hatte ich eigentlich keine felsenfesten Grundsätze, was die Art der Rechnung betraf, erst recht nicht in einem Fall wie diesem, wo ich an einem anderen Ort arbeitete. Manchmal verlange ich ein Pauschalhonorar, das alle meine Spesen mit abdeckt. Manchmal nehme ich einen Stundensatz und berechne die Spesen extra. Selma hatte mir versichert, daß sie mehr Geld als genug hätte, aber offen gestanden hatte ich Schuldgefühle dabei, wenn ich von Toms Nachlaß profitierte. Andererseits hatte sie ihn überlebt, und ich fand ihr Ansinnen verständlich. Warum sollte sie den Rest ihres Lebens damit zubringen, sich zu fragen, ob ihr Mann etwas vor ihr geheimgehalten hatte? Trauer ist schon allein eine schwere Last, auch ohne zusätzliche Sorgen über ungeklärte Angelegenheiten. Selma hatte genug damit zu kämpfen, mit Toms Tod fertigzuwerden. Sie mußte die Wahrheit wissen und erwartete von mir, daß ich sie ihr lieferte. Begreiflich. Ich hoffte, ich könnte ihr eine Lösung präsentieren, die sie zufriedenstellen würde.
    Bis ich abschätzen konnte, wieviel Zeit die Ermittlungen in Anspruch nehmen würden, hatten wir uns auf vierhundert Dollar pro Tag geeinigt. Von Dietz hatte ich mir einen Standardvertrag mitgenommen. Ich hatte das Datum und die Einzelheiten meines Auftrags vermerkt, und Selma hatte mir einen Scheck über fünfzehnhundert Dollar gegeben. Ich würde ihn später auf der Bank überprüfen lassen, bevor ich mich an die Arbeit machte. Leider muß ich zugeben, daß ich es trotz meines Mitgefühls für alle Witwen, Waisen und Zukurzgekommenen auf der Welt für klug halte, sich davon zu überzeugen, daß genug Bares vorhanden ist, bevor man zu jemandes Rettung eilt.
    Ich machte die Tür der Hütte zu und sperrte sie ab. Dann ging ich zu meinem Mietwagen und fuhr die neun Kilometer in den Ort. Entlang der Landstraße folgten in größeren Abständen verschiedene Betriebe: Traktorenverkauf, ein Gebrauchtwagenhändler, ein Wohnwagenpark, ein Gemischtwarenladen und eine Tankstelle. Die Felder dazwischen waren goldgelb vom vertrockneten Gras und voller Unkraut. Der weite Bogen des Himmels war von intensivem Blau zu Grau übergegangen, und ein dicker, weißer Nebel verhüllte die Berggipfel. In westlicher Richtung hingen bewegungslos vereinzelte Wolkenfetzen. Sämtliche Hügel in der Nähe waren von einem schmuddeligen Rotbraun und mit weißen Tupfen gesprenkelt. Der Wind rüttelte an den Bäumen. Ich stellte die Heizung im Auto an und drehte das Gebläse auf, bis mir tropische Winde um die Beine wehten.
    Für meinen Aufenthalt in Carson City hatte ich für bessere Gelegenheiten meinen Tweed-Blazer und für den Alltag eine blaue Jeansjacke eingepackt. Beides war für diese Gegend zu leicht und zu dünn. Ich fuhr die Einkaufsstraßen im Ort auf und ab, bis ich einen Secondhand-Shop fand. Ich manövrierte den Mietwagen in einen Parkplatz vor dem Geschäft. Im Schaufenster drängten sich Unmengen von Küchenutensilien und Kleinmöbeln: ein Bücherregal, ein Fußschemel, stapelweise unterschiedliche Geschirrteile, fünf Lampen, ein Dreirad, ein Fleischwolf, ein altes Philco-Radio und mehrere rote Werbetafeln von Burma-Shave, die mit Draht zusammengebunden waren. Das oberste auf dem Stapel begann mit Ist Ihr Gatte. Was, dachte ich. Ist Ihr Gatte was? Die Werbeschilder für Burma-Shave waren zuerst in den zwanziger Jahren auf getaucht, und viele hatten sich sogar bis in meine Kindheit gehalten, stets mit Variationen dieses einprägsamen, holprigen

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