Kopfgeldjagd
Gefühl der Dringlichkeit zu intensivieren, sagte ich der Finanzpresse, wir sollten den Namen des Vereins von BVB in so etwas wie »Erster Dortmunder Fußballklub« ändern. Damit würden die Schulden auf einen Schlag um 20 Millionen Euro reduziert, weil das Management den Markennamen des Vereins für den Notkredit verpfändet hatte. Meine Empfehlungen lösten öffentliche Proteste in Dortmund aus und brachten mir mehrere Todesdrohungen ein.
Ich hatte nie ernsthaft daran gedacht, eine Namensänderung durchzusetzen. Außerdem hätten weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat einem derart radikalen Schritt zugestimmt. Ich schlug die Namensänderung nur deswegen vor, weil ich allen klarmachen wollte, dass es bei unseren Bemühungen zur Kostensenkung keine heiligen Kühe gab. Ich griff öffentlich den Trainer an, der übrigens ein toller Kerl ist, und schlug eine billigere Alternative vor. Meine neueste Hitliste an weiteren Sanierungsopfern wurde innerhalb von 24 Stunden nach einem Gespräch mit Jörg Weiler, einem einflussreichen Sportjournalisten, der für die Bild-Zeitung über den BVB berichtete, veröffentlicht.
Da die Gefahr drohte, dass der BVB seine Vereinslizenz verlieren würde, mussten einige der wirklich guten Spieler verkauft werden, um die Schulden abzutragen und Bargeld in die Kasse zu spülen. Ich machte mir Sorgen, dass der Verlust mehrerer Stars zu einem Abstieg aus der Bundesliga führen könnte, denn das wäre sowohl für die Finanzen des Vereins als auch für seine Reputation eine Katastrophe gewesen. Die anhaltende Kostensenkung und die aggressive und aufgeheizte Atmosphäre begann sich auf die Leistung der Spieler auszuwirken. Abgesehen von dem Verlust einiger der besten Spieler konnte der Trainer Bert van Marwijk, der die holländische Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft von 2010 zum zweiten Platz führte, nicht einen der Spieler engagieren, die er gerne in der Mannschaft gehabt hätte. Mein Image als eiskalter Sanierer löste im Management und unter den Spielern große Verunsicherung aus. »Wer ist der Nächste auf Homms Liste?«, war eine berechtigte Frage.
Kostensenkung hat allerdings ihre Grenzen. Aufgrund der Restrukturierung hatte der BVB keine Mittel zur Verfügung, um herausragende Leistung zu belohnen. An irgendeinem Punkt müssen allerdings Anreize gesetzt und das Arbeitsklima muss stabilisiert werden, weil eine solche Situation sonst zum Albtraum wird. Jörg Weiler, der einen hintertriebenen Sinn für Humor hat, kam auf die Idee, den Spielern und den Trainern eine Million Euro zu bieten, falls sie sich für die Champions League qualifizierten. Kein Sanierer würde jemals eine derart verrückte Idee sponsern, aber ich stellte meine Berechnungen an.
Wir hatten ungefähr 35 Millionen Euro in den Verein investiert. Wenn sich der BVB für die Champions League qualifizierte, würde sich der Aktienkurs verdoppeln und ACMH würde sieben Millionen an Performance Fees – erfolgsabhängige Verwaltungsgebühren – verdienen. Das wären rund vier Millionen Euro Nettogewinn. Würde ACMH beschließen, 80 Prozent seiner Nettoeinkünfte als Dividenden auszuzahlen, würde ich 1,2 Millionen Euro verdienen versus eine Million Euro, die an den BVB gehen würden. Wenn man von einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von zehn ausging, dann könnten die zusätzlichen Gewinne, die die BVB-Aktie einbringen würde, den Aktienpreis von ACMH leicht um 40 Millionen Euro erhöhen. Damals waren meine Anteil an ACMH rund 200 Millionen Euro wert. Da ich mit einem Anteil von 35 Prozent beteiligt war, würde der Wert meiner Beteiligung um 14 Millionen Euro steigen. Falls ich den Fußballspielern des BVB eine Million zahlen musste, musste ich nichts weiter tun, als 0,5 Prozent meiner Anteile zu verkaufen. Der Nettowert meiner ACMH-Aktien würde in diesem Fall um 13 Millionen oder sechs Prozent steigen. Das entsprach einer Investmentrendite von 1.300 Prozent.
Jörgs Idee war großartig, und ich akzeptierte. Die in Aussicht gestellte Belohnung kam bei den Fans, den Trainern und Fußballspielern ausgezeichnet an, und ich lechzte danach, sie auszubezahlen. Natürlich wusste Jörg nicht, warum ich seinem provokanten Vorschlag zugestimmt hatte. Wahrscheinlich hielt er mich einfach nur für einen weiteren reichen, eitlen Typen, der sich mehr um sein öffentliches Image sorgte als um seine Brieftasche.
Ich wurde offizielles Vereinsmitglied, sprach mit eingefleischten Mitgliedern des BVB-Fanklubs und verfolgte ein
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