Kopfgeldjagd
Verkörperung alles Bösen beschrieben, das die Öffentlichkeit an Finanzinvestoren so hasst, aber das hatte ich alles zuvor schon gehört. Dennoch war dieser Artikel bemerkenswert unterhaltsam, gut recherchiert und kam der Wahrheit ziemlich nahe. Die Autoren hatten eine Mauer des Schweigens durchbrochen, und obwohl die Hauptakteure in keiner Weise kooperierten, war es ihnen gelungen, die komplizierten Details dieser Übernahme offenzulegen und uns alle auf ziemlich zutreffende Weise bloßzulegen. Früher hätte ich umgehend den Kontakt zu den Journalisten aufgenommen und ihnen das Doppelte ihres aktuellen Gehaltes geboten, damit sie zu ACMH wechseln.
Es begann, als ich eine äußerst beeindruckende sieben Millionen Dollar teure 30-Meter-Motorjacht mit vier pompösen Schlafzimmern, einem Küchenchef, einem Kapitän und einem Ersten Offizier charterte. Ich wollte meine Familie auf einen Törn nach Korsika und Sardinien mitnehmen. Selbstverständlich sollte das kein richtiger Urlaub sein. Der geschäftliche Teil war bereits gut organisiert. Was das Vergnügen anging, war ich mir weniger sicher. Damals dachte ich noch, Urlaub sei etwas für Weicheier.
Ich hatte Besprechungstermine mit einem cleveren Yuppie (Martin Gruschka), einem deutschen Industriellen, einem Oligarchen und einem Typen namens Wennmann ausgemacht, der mich in seine Fondsmanagementgesellschaft in Cala di Volpe auf Sardinien holen wollte. In der Bucht von Cala di Volpe wimmelte es nur so von Superjachten. Die meisten waren zwei-, drei- und sogar viermal so groß wie meine. Ich fühlte mich wie ein armes Waisenkind. Brunch im Hotel Cala di Volpe kostete leicht 500 Euro pro Person, und 5.000 Euro für eine Flasche zweitklassigen Champagner in Flavio Briatores Luxusdiskothek Billionaire Club war gar nichts. Neumilliardäre von der billigsten Sorte mitsamt ihrer Entourage an Kapitänen, Piloten, Silikonmuschis, Lakaien und anderem Gesocks beherrschten die Szene. Dieser Ort ist auf seine Weise sehenswert: Null Klasse, null Bildung – nur roher Kapitalismus in seiner reinsten, unverfälschten Form, der sich selber feiert und bei erlesenem Dom Pérignon Megadeals einfädelt. Der Ort vibrierte nur so vor Geld und gewichtigen Machern und Geschäftsleuten. Ich fühlte mich sehr zu Hause.
Im Frühjahr 2006 hatte ich einen 15-prozentigen Greenmailing-Anteil an Computec Media erworben, an dem auch Martin Gruschka beteiligt war. Das Unternehmen wurde für einen schnellen, satten Gewinn an Jürg Marquard, einen bekannten Schweizer Verleger, verkauft. Nun befand sich Gruschka auf der richtigen Bahn, um auf eines der dynamischen deutschen Wachstumsunternehmen, die ehrwürdige M+W Zander Gruppe zu zielen, einen der Weltmarktführer unter Anbietern komplexer Anlagenbauprojekte. Der Konzern war außerdem einer der deutschen Marktführer im brandheißen Facilities Management und auf dem Immobilienmarkt. Und was noch besser war: Seine Eigentümerin Jenoptik war aufgrund zu großer Diversifizierung ins Taumeln geraten und brauchte Bargeld für andere Vorhaben.
Gruschka war sich sicher, dass wir uns MWZ zu einem Abschlag von 50 Prozent auf den Zerschlagungswert sichern könnten. Ich hatte mit Trius, mit dem ich 60 Prozent Gewinn erzielte, soeben ein anderes deutsches Hightech-Unternehmen liquidiert, sodass die Kriegskassen unserer Hauptfonds prall gefüllt waren. Außerdem verfügten wir über umfangreiches Fachwissen auf dem Gebiet Solarunternehmen, Werkstechnik und Immobilienunternehmen. Es würde nicht schwer sein, Käufer für jede einzelne Sparte zu finden. MWZ aufzuspalten und die einzelnen Sparten separat zu verkaufen würde daher ein Kinderspiel sein und nicht länger als zwölf Monate dauern. Wir rechneten mit mehreren Hundert Millionen Euro Gewinn und einer Investmentrendite von mehreren 100 Prozent.
Ich nahm mein Beiboot, um Gruschka in seiner Strandvilla zu besuchen und mir seinen Vorschlag anzuhören. Natürlich hatte Gruschka, den die FTD später als Aufsteiger bezeichnete, kein Geld für eine Transaktion von dieser Größe. Er wandte sich aus mehreren Gründen an mich: Wir verwalteten damals rund drei Milliarden Euro an Kundengeldern, konnten viel schneller agieren als die konkurrierenden Buy-out-Fonds und Hedgefondsgesellschaften in London; wir verfügten über ein profundes Wissen über die Branchen, in denen M+W Zander aktiv war, und wir wussten, wie man schmutzige Tricks anwendet, um zu gewinnen.
Gruschkas Vorschlag war, diesen Deal gemeinsam mit ACMH
Weitere Kostenlose Bücher