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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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Begleiter ins Knie. Meinem Partner nahmen sie die Rolex ab, als ich auf dem Rücksitz schwer blutend zu Boden sackte und vortäuschte, ich sei tot. Zur Vorsicht hatte ich das Bargeld in meinen Schuhen versteckt. Keine zehn Meter vor uns kam ein Polizeifahrzeug im dichten Verkehr zum Stehen. Dieser äußerst undurchsichtige Vorfall erinnert mich an den schrecklichen Unfall meiner Familie im Jahr 1948, von dem einige behaupten, es sei kein Unfall, sondern ein Anschlag gewesen. Die venezolanischen Polizisten ignorierten den Vorfall völlig und stiegen nicht einmal aus ihrem Auto aus, um uns zu helfen, als sich das Polizeimotorrad seinen Weg durch den Verkehr bahnte und verschwand.
    Nachdem die Überfalltäter weg waren, richtete ich mich auf. Große Mengen Blut schossen aus der Wunde in meiner Brust. Innerhalb weniger Sekunden waren mein weißes Hemd und mein Anzug völlig durchweicht. »Die Lage ist wirklich ernst«, dachte ich und rief Susan an, um ihr zu sagen, dass unsere Kinder in Kürze wahrscheinlich keinen Vater mehr hätten. Anschließend riet ich ihr, sofort ihre ACMH-Aktien zu verkaufen. Ich dachte mir, dass der Überfall wahrscheinlich am selben Abend in Caracas in den Nachrichten kommen würde, es aber mindestens 24 Stunden dauern würde, bis sich die Nachricht in Europa verbreitet hatte. Wenn sie verkaufte, bevor die Lemminge in Europa von dem Überfall erfuhren, würde sie einen wesentlich besseren Preis erzielen und sich technisch gesehen nicht des Insiderhandels schuldig machen, weil die Nachricht in Venezuela bereits publik gemacht worden war. Meine eigenen Banker anzurufen war wenig sinnvoll, da ich wahrscheinlich in Kürze sterben würde. Ich würde das ganze Geld nicht mit in den Sarg nehmen können. Außerdem würde die Erbschaftssteuer höher sein als der Steuersatz, den Susan für langfristige Kapitalgewinne zahlen musste. Also sagte ich ihr, dass ich sie trotz unserer Trennung weiterhin liebte und dass sie den Kindern eine feste Umarmung von mir geben solle. Ich bin nicht völlig psychotisch und gefühlskalt. Ich war zu dem Zeitpunkt nur stark auf Finanzen fokussiert. Anschließend beendete ich das Telefonat und machte das Beste aus einem Höllenszenario.
    Ich konnte kaum noch atmen, weil meine linke Lunge nach innen und außen blutete und das Blut aufgrund meiner zerfetzten Milz aus der Wunde schoss wie Wasser aus einem Gartenschlauch, schaffte es aber, aus dem Auto auszusteigen. Rein zufällig fiel mein Blick auf den Wagen einer Notfallambulanz, der keine 40 Meter entfernt im Verkehr feststeckte. Ich musste meinen Begleiter ohrfeigen und ihn anschreien, damit er zu sich kam, weil er unter Schock stand. Sein linkes Knie schien völlig zerschmettert zu sein. Wir schleppten uns irgendwie zum Ambulanzfahrzeug und ich pochte mit letzter Kraft an die Tür. Der Fahrer stieg mit gezogener Pistole aus, um zu sehen, was los war. Ich sagte ihm, wir seien angeschossen worden. Ich hielt das dicke Bündel 100-Dollar-Noten, das ich in meinen Schuhen versteckt hatte, gegen meine Brust gepresst, um den Blutstrom aufzuhalten. Dann stopfte ich zehn blutverschmierte 100-Dollar-Scheine in seine Hemdtasche und sagte ihm, er solle uns so schnell wie möglich in das nächstgelegene Privatkrankenhaus fahren, was er auch sofort tat.
    Die Operation dauerte sechs Stunden. Ich hatte die Hälfte meines Blutes verloren. Als Erinnerung ist mir eine 25 Zentimeter lange Narbe geblieben, die vom Brustbein bis zum Bauchnabel reicht. Die Ärzte konnten die Kugel nicht aus meiner Wirbelsäule entfernen, weil sie zu sehr feststeckte und haarscharf neben dem Spinalnerv saß. Das sitzt sie heute noch. Am meisten Sorge machte den Ärzten eine mögliche Lähmung und eine potenziell tödliche Gallenblaseninfektion. Um drei Uhr morgens wurde ich von einem Lärm geweckt, der wie ein Feuerwerk klang. Von Silvester waren wir jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Vier Stockwerke tiefer bekämpften sich zwei Gangs mit Maschinengewehren und automatischen Schnellfeuerwaffen.
    Wir waren weniger als eine Woche von den allgemeinen Wahlen in Venezuela entfernt und die Schießerei machte in allen oppositionellen Zeitungen Schlagzeilen, die hervorhoben, dass Caracas unter Chávez’ Regime zum reinsten Kriegsgebiet geworden war. Dutzende von Reportern und Fotografen belagerten das Krankenhaus. Die von Chávez kontrollierten Medien behaupteten, am Tatort habe man einen Teddybär gefunden, der mit einer Million Dollar Bargeld vollgestopft gewesen sei,

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