Kopfgeldjagd
Erfolg im Leben reduzierte sich auf meinen Reichtum, meine Spielzeuge, meinen Nachtklub und mein russisches Pin-up-Girl. Zumeist war ich traurig und einsam, hatte an nichts Freude und fühlte mich in meiner Arbeit zunehmend uninspiriert. Ich mochte mich selber nicht mehr. Giorgio, mein Freund, Berater und Zuarbeiter, nannte mich nur noch Zombie. Ein Geschäftspartner bezeichnete mich als einen Hamster in einem diamantbesetzten Laufrad. Ich befand mich im Autopilotmodus, so wie ein Roboter, und bewegte mich mechanisch durch eine kleine Glitzerwelt aus Luxusobjekten und Plastikpuppen, solange meine Batterien ausreichend geladen waren. Man kann mir vorwerfen, gierig und dumm gewesen zu sein und mich treiben gelassen zu haben. Ich werfe mir das selber vor.
Meine Verteidigung hat viele Facetten. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will damit nicht sagen, dass ich wegen meiner gestörten geistigen Gesundheit mildernde Umstände geltend machen kann und somit unschuldig bin. Es liegt auf der Hand, dass das angesichts meines geistigen Zustands eine gangbare Strategie wäre. Erlauben Sie mir, meinen Eltern einen Teil der Schuld zu geben. Ich war das Opfer meiner amoralischen Erziehung in einer hohlen, lieblosen und materialistischen Umgebung. Meine übermächtigen deutsch-jüdischen merkantilistischen Gene ließen mich vom rechten Kurs abkommen. Ich war bildlich gesprochen das uneheliche Kind von Ronald Reagan und Margaret Thatcher, und meine älteren Brüder waren Ivan Boesky, Michael Milken und Gordon Gecko. Sie brachten mir alles bei, was ich wusste, und prägten meine Persönlichkeit. Wie kann man mir unter diesen Umständen die alleinige Schuld geben? Könnte jemand bitte etwas nachsichtiger mit mir sein, oder muss ich tatsächlich alleine die volle Verantwortung für mein Handeln übernehmen?
Vielleicht sind wir alle Werkzeuge von Vorsehung und Schicksal. Unsere krampfhaften Versuche zur Selbstbestimmung dienen nur dazu, die Götter, die von oben auf uns herabschauen, zu amüsieren und zu Gelächter zu provozieren. Meine schrittweise Transformation von einem hochintelligenten, aber zurückgezogenen Kind in einen Leistungssportler und Harvard-Studenten und schließlich in einen VIP-Serienunternehmer und Hedgefondsmanager, der am Ende implodierte, war vorhersehbar und wie eine griechische Tragödie vollkommen vorherbestimmt. In der tragischen Phase spürte und wusste ich, dass ich auf den Abgrund zusteuerte. Ich hätte mehrmals die Spur wechseln können. Die Warnungen hätten nicht deutlicher sein können. Hielt ich deswegen an? Nein, ich stolperte über die Klippen wie eine wandelnde Leiche. Glücklicherweise überlebte ich den Absturz.
Wenn ich noch einmal ganz von vorne beginnen könnte, würde ich ACMH niemals über zehn hochkompetente Fondsmanager hinaus expandieren, die maximal 500 Millionen Dollar verwalten. Ich würde jedes Jahr sechs Wochen Urlaub mit meiner Frau und meinen Kindern machen, würde mich mit einem Jahreseinkommen von drei bis vier Millionen Dollar und zufriedenen Investoren bescheiden und mich handhabbarer Portfolios und einer konfliktfreien Atmosphäre erfreuen. Das klingt einigermaßen attraktiv, aber auch schrecklich ereignislos. Dann hätte ich mich jedoch nie für Liberia und Hunderte von Kindern engagiert, die in diesem Fall keine regelmäßigen Mahlzeiten und keine erstklassige Bildung erhalten hätten. Borussia Dortmund wäre vermutlich pleitegegangen und in die Oberliga abgestiegen und hätte Millionen eingefleischter Vereinsfans in die Verzweiflung gestürzt, anstatt zum siebten und achten Mal Deutscher Meister zu werden. Ich hätte nie JDate finanziert und viele Zehntausend Ehen wären nicht gestiftet worden.
Vor allem wäre Clinuvel ohne mein Engagement baden gegangen. Viele Tausend Patienten, die an Lichtdermatose leiden, würden nach wie vor ein elendes Dasein fristen. Es gäbe für sie weitaus weniger Hoffnung, und die Zahl der Selbstmorde, die mit dieser Krankheit im Zusammenhang stehen, wäre wesentlich höher.
Während meines Studiums an der Harvard Business School hatte ich die Frau eines mächtigen Staatsoberhauptes kennengelernt da Ihr Sohn Mitglied in derselben Verbindung war und wir relativ kumpelhaft miteinander umgingen. Diese bemerkenswerte Frau litt unter Lichtdermatose, die in vieler Hinsicht die Qualität ihres Lebens sehr negativ beeinflusste. Unglücklicherweise nahm sie sich das Leben. Heute bin ich überzeugt, dass diese beeindruckende Person heute noch leben
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