Kopfgeldjagd
Zeit wurde ich zum getreuen Finanzberater des Chefs der Nationalen Sicherheit, einem General und die Nummer eins einer der wichtigsten Regionen für die Erzeugung und Verarbeitung von Kokain sowie Berater der peruanischen Zentralbank.
Meine letzte Reise nach Peru war besonders eindrücklich. An einem Freitag hatte ich der peruanischen Zentralbank geraten, eine große Summe ihrer gesamten Fremdwährungsreserven in eine scheinbar verrückte fremdfinanzierte Transaktion zu investieren. Ich überzeugte den Zentralbankchef und seine Stellvertreter, 100 Millionen Dollar ihrer Reserven in US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit zu investieren, die zu der Zeit zwölf Prozent abwarfen. Das war an sich schon eine lukrative Investition, wenn man bedenkt, dass die Inflation sank und die Anleihen mit Sicherheit an Wert gewinnen würden. Eine derart einfache Geldanlage konnte jedoch jeder vorschlagen. Mein Dreh- und Angelpunkt war, dass ich ihnen vorschlug, weitere 300 Millionen auf zwei Jahre und zu einer Verzinsung von sechs Prozent zu leihen und diesen Kredit ebenfalls in die ertragreichen Anleihen zu investieren. Nach Abzug unserer übertriebenen Gebühren und Provisionen würden ihnen netto immer noch 25 Prozent Rendite pro Jahr bleiben. Und falls die Zinssätze und die Inflation weiter sanken, würden sie noch erheblich mehr verdienen. Unsere Provisionen für diese Transaktion würden mehr als drei Millionen Dollar betragen, von denen ich ungefähr 1,2 Millionen erhielt. Kein schlechter Zahltag für einen 25-Jährigen in den Achtzigerjahren für nur wenige Tage Arbeit. Wir setzten Vorverträge auf, wobei ich mit unserer Abteilung für institutionelle Investoren in New York in ständigem Kontakt stand, um diese Transaktion abzuschließen.
Leider wurde nichts daraus. Ich war einfach zu blauäugig gewesen. Unser größter Konkurrent, eine große amerikanische Bank, stahl die Idee und machte das Geschäft, weil ihre Makler clever genug waren, 50 Prozent ihrer Gebühren mit dem Zentralbankchef und seinen Stellvertretern zu teilen und auf einem Offshore-Sonderkonto auf den Bahamas zu deponieren. Ich war zu gierig gewesen. Darauf hätte ich nämlich auch selber kommen können. Ich war eben noch jung, sehr ethisch eingestellt und sehr naiv.
An einem Wochenende wurde ich in einem Militärflugzeug nach Ayacucho, dem Bollwerk des Leuchtenden Pfads, geflogen. Ayacucho hat 33 prächtige Kirchen und Überreste einer antiken Zivilisation, die erstaunliche 15.000 Jahre zurückreicht. Damals war diese Gegend jedoch möglicherweise einer der gefährlichsten Orte der Welt. Ich wurde von einem Oberst in einem gepanzerten Fahrzeug abgeholt, um den General an seinem Stützpunkt zu treffen. Der General war in gesprächiger Laune. Offenbar hatte er mit den regionalen Anführern des Leuchtenden Pfads einen Waffenstillstand ausgehandelt (was so viel bedeutete, dass er an den Einnahmen aus dem regionalen Kokainhandel beteiligt werden würde, anstatt ihn zu bekämpfen), was ihm in Huamanga, einer der führenden kokainproduzierenden Provinzen Perus, eine ruhigere und profitable Existenz ermöglichte. Anders als die aalglatten Zentralbanker hielt der General sein Wort und wurde ein Großkunde. Was ich nicht wusste, war, dass ich auf meinen letzten drei Reisen nach Peru praktisch unaufhörlich verfolgt und ausspioniert worden war. Anscheinend war irgendwie durchgesickert, dass ich mich mit dem Zentralbankchef und seinen Leuten in Lima getroffen hatte, und der Flug nach Ayacucho auf Einladung des peruanischen Militärs war auch nicht gerade ein unauffälliger Schritt.
Auf meinem Rückflug nach Miami saß der Nationale Sicherheitschef von Peru neben mir und war so freundlich, mich davon in Kenntnis zu setzen, dass ich es als wichtiger ausländischer Kollaborateur auf die Abschussliste des Leuchtenden Pfads geschafft hatte. Er riet mir dringend, Peru zu meiden, bis sich die Lage beruhigt hatte. Er könne einfach nicht für meine Sicherheit garantieren. Nur eine Woche später warf der Leuchtende Pfad eine Handgranate auf einen anderen Banker unserer Niederlassung, der sich in Ayacucho aufhielt. Er überlebte den Anschlag nur knapp.
Peru hat sich dank seines straff regierenden und höchst effektiven Führers Alberto Fujimori, der gegenwärtig in Lima im Gefängnis sitzt, erholt. Zwei Jahrzehnte ununterbrochenes Wirtschaftswachstum auf Basis einer soliden Marktpolitik haben Lima und selbst Ayacucho in Städte verwandelt, in denen es sich leben
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