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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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Punkte. Ihre Mannschaft bestand aus ehemaligen Wettkampfsportlern, zumeist aus South Boston, alias »Southie«, Bostons rauem irischen Arbeiterviertel. Ich spielte in der Mannschaft des Fondsmanagements zusammen mit Frank Bracken, einem massiven 1,92 Meter großen ehemaligen College-Football-Spieler, der sich auch im Highschool-Basketball hervorgetan hatte.
    Mit zwei Schwergewichten im Team, nämlich Frank und mir, sowie unseren körperlich stark unterlegenen Mannschaftskollegen zerschmetterten wir den Stolz von South Boston in tausend Stücke. Die Jungs von Operations begannen unglaublich link zu spielen und hatten drei Leute zu meiner ständigen Bewachung abkommandiert. Ich bekam Ellbogen in den Kiefer gerammt und wurde bei Korblegern und Freiwürfen unterlaufen, sodass ich mehrmals auf den Betonboden stürzte. Einer quetschte meine Eier, als ich nach einem Korb­abpraller versuchte, den Ball zu fangen. Das verwandelte sich langsam in Eishockey, wobei der Schiedsrichter entweder nicht bereit oder nicht in der Lage war, das Spiel im Griff zu behalten. Entweder war er blind oder hatte eine Freundin aus der South-Boston-Truppe. Es war an der Zeit, diesen Kinderquatsch zu beenden.
    Als der Typ, der meine Hoden misshandelt hatte, über den Halfcourt lief, brachte ich ihn zum Stolpern, wobei ich gleichzeitig mit der linken Hand nachhalf und ihn zu Boden schubste. Sein harter, abrupter Aufprall war bis zur Tribüne zu hören. Ich sorgte dafür, dass es wie ein rein zufälliger, unglücklicher Unfall aussah, ein Bild völliger Unschuld, und bot ihm meine Hand, um ihm aufzuhelfen. Er schlug sie aus, stand auf und provozierte mich mit erhobenen Fäusten, wobei er irgendetwas in breitem irischem Slang grummelte.
    Ich musterte ihn kurz – nicht schlecht, rund 230 Pfund, 1,92 Meter Körpergröße, ein paar scheußliche Tätowierungen und ziemlich massive Arme, aber ohne Muskeldefinition. Wahrscheinlich war er langsam, eher ein Rabauke als ein Boxer, und zweifellos der Schulhofschläger der Highschool, der inzwischen zu viel Bier trank. Bei allen Straßenkämpfen kommt es entscheidend darauf an, als Erster loszuschlagen. Und wenn man sich abgelenkt oder unvorbereitet gibt, hat man größere Chancen, dem Gegner einen satten Faustschlag auf den Kehlkopf zu versetzen, der ihn buchstäblich sprach- und atemlos macht.
    Dies war jedoch die Basketballliga von Fidelity. Ich konnte einfach nicht als Anstifter einer Schlägerei dastehen. Das würde meine Karriereaussichten beeinträchtigen und damit den Kapitalwert meiner zukünftigen lebenslangen Einkünfte. Ich musste ihn dazu bringen, als Erster zuzuschlagen. »Provozier ihn. Bring ihn dazu, auf dich loszugehen, aber schlag nicht als Erster zu; bleib ruhig«, sagte ich zu mir selbst. Also sagte ich ihm ruhig und bestimmt, er solle heute Abend besser seine Kündigung aus dem Briefkasten ziehen. Darüber war er sichtlich sauer, aber noch nicht bereit zum Angriff. Fehlt nicht mehr viel, dachte ich. »Wie hat sich das angefühlt, als dich der Schiedsrichter vor dem Spiel in den Arsch gefickt hat, du Flamer?« 6 Jetzt kämpfte er sichtlich mit sich. Ich setzte noch mal nach. »Willst du mich schlagen, Alter«, sagte ich und deutete auf mein Kinn, »oder gehst du heim zu Mama und heulst dich aus wie ’ne kleine Tussi?«
    Mama in dieser Art verbalem Schlagabtausch zu erwähnen funktioniert bei Latinos und eingefleischten Katholiken fast immer. Der Stolz der Saint-Patrick’s-Day-Parade unternahm einen affenartigen Rundumschlag, um mich auszuknocken. Während sich seine Faust langsam auf meinen Kopf zubewegte, kam ich als erfahrener Faustkämpfer nicht umhin zu denken: »Wie langsam kann ein Mensch einen anderen schlagen?« Als dieser behäbige Schlag in Ultrazeitlupe an mir vorbeiging, duckte ich mich, konzentrierte meine Kraft und ließ sie von meinen Knöcheln, über meine Waden, in meine Oberschenkel, meine Bauch- und Rückenmuskeln, meine Brust, meine Arme und meine Faust aufsteigen und landete zwei Linke auf seine Stirn und Wange sowie einen krachenden Schwinger auf sein weiches Kinn. Die Schläge waren heftig, aber dieser Typ stand noch immer. Meine Hand vibrierte von dem Aufprall. Er hob seine Hände zum Kampf und stammelte: »Ist das alles, du Schwuchtel?« – und sank dann langsam rückwärts zu Boden.
    Die Vorstellung, einen Kerl in wenigen Sekunden auszuschalten und zu hoffen, dass das seine Kumpels davon abhält, dich zu zerfleischen, funktioniert nur in der Basketballliga der

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