Kopfgeldjagd
Harvard Business School und in Eddie-Murphy-Filmen. Erfahrene Schläger und Nahkämpfer gehen bei dem, was sie am besten können – Leute fertigmachen – sehr rational vor. Solange die Chancen zu ihren Gunsten stehen, werden sie alles tun, um die Aufgabe zu erledigen. Von überlegenem Kampfgeschick eines Mannes lassen sie sich nicht so leicht beeindrucken. Anders als in Filmen, in denen sich alle Angreifer ordentlich in einer Reihe aufstellen, um nacheinander Bruce Lee anzugreifen, wartet in der Realität niemand auf seine Runde. Vier massige Southies fielen gleichzeitig über mich her, bereit und in der Lage, mir bleibende Schäden zuzufügen.
Ich spürte, wie sich jemand in meine Haare krallte und versuchte, mein Gesicht auf den Betonboden zu schmettern. Unerwartete Schläge landeten auf beiden Seiten meines Kopfes sowie auf meinem Hinterkopf. Die Vorstellung, eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch und gebrochene Kieferknochen davonzutragen, gefiel mir überhaupt nicht. Noch weniger gefiel mir die Vorstellung einer rekonstruktiven Gesichtschirurgie. Irgendwie gelang es mir, den Arm des Typen zu fassen zu kriegen, der mein Gesicht plattmachen wollte, und ich biss zu wie ein Bullenhai im Methamphetamin-Rausch. Gott stand mir bei, als meine Zähne leicht durch seine Haut drangen und eine Arterie trafen, wenn auch nur eine kleine. Ich hatte Überreste seiner behaarten Haut sowie Fleisch und Blut im Mund, als ich eine kleine rote Fontäne bemerkte, die ungefähr einen Meter hoch in die Luft spritzte. Das war schwer zu übersehen, denn das Blut landete auf einigen Freunden des Angreifers, die sich ebenfalls auf mich gestürzt hatten. Das führte für den Bruchteil einer Sekunde zum Einhalt und ich blickte verzweifelt zu meinen Mannschaftskollegen, in der Hoffnung, sie würden zu meiner Verstärkung herbeieilen.
Keine Chance. Diese Typen standen am Spielfeldrand, zitterten buchstäblich wie Espenlaub und bissen sich auf die Fingernägel. In ihrem ganzen behüteten Leben waren sie der nackten Gewalt noch nie so nahe gekommen. Ich kannte einige Homegirls aus East Harlem, die mehr Mumm hatten als diese Seegurken. Einem meiner Angreifer rammte ich meinen Kopf ins Kinn und verursachte ein unschönes Knacken, aber ich wusste, dass ich erledigt war. Bei gut 500 Kilo roher irisch-republikanischer Aggression, die auf mich niederprasselten, konnte ich auf die Dauer kein Glück haben. »Wir sehen uns in der Chirurgie« dachte ich.
Doch dann fühlte sich Frank Bracken plötzlich in seine alten rowdyhaften Football-Zeiten in Texas zurückversetzt. Frank war damals topfit und stemmte beim Bankdrücken mehr als 150 Kilo. Wahrscheinlich nahm er auch Steroide. Außerdem hatte er eine sehr nützliche böse Ader. Er ließ die Weicheier am Spielfeldrand zurück und begann, mich von den fremden Körpern zu befreien. Selbst der Schiedsrichter hatte seinen Sinn für Pflichtgefühl wiedererlangt und half Frank, die Ordnung wiederherzustellen. Angesichts der zahlreichen Blutlachen auf dem Boden und Franks Eingreifen kamen die Southies wieder zu Sinnen. Selbst Saint Patrick rappelte sich wieder auf. Er schien noch benebelt zu sein, aber insgesamt intakt. Jemand stillte den Blutstrom, der aus dem Arm des Typen quoll, den ich gebissen hatte, und brachte ihn eilig ins Krankenhaus. Wir wurden wegen Nichterscheinens der gegnerischen Mannschaft zu Gewinnern erklärt, da wir einige Punkte Vorsprung hatten, als die Schlägerei ausbrach. Ich hatte das zeitlich gut eingerichtet.
Mein Ruf bei Fidelity als Faustkämpfer war nun fest etabliert. Einige Kollegen mieden den direkten Blickkontakt mit mir, da sie offensichtlich eingeschüchtert waren und fürchteten, ich könnte ihnen einen unerwarteten Schlag versetzen, falls sie einmal nicht meiner Meinung waren. Andere waren sichtbar beeindruckt und fanden meine verwegene Selbstverteidigung gut. Einige Tage später traf ich Saint Patrick im Aufzug. Man hatte ihn nicht gefeuert. Ich freute mich für ihn. Er war nicht wirklich schlecht, sondern lediglich ein mittlerer Rabauke, der am falschen Abend auf den falschen Typen getroffen war. Allerdings konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen, als ich in seinem Gesicht drei Beulen so groß wie Tischtennisbälle entdeckte.
*
Das war nicht das einzige emotional aufgeladene Zusammentreffen, das ich zu jener Zeit mit jemandem hatte, der über irische Vorfahren verfügte. Nach etwa einem Jahr bei Fidelity lernte ich Susan Elaine Devine kennen.
Ich war
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