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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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verbrannten Laubes. Die Geräusche, die vom Lager zu ihnen herüberdrangen, klangen, als kämen sie aus weiter Ferne. Das Camp lag so versteckt, dass er es allein nie gefunden hätte, nicht mal mit einer guten Beschreibung. Ray schulterte seinen Rucksack und stapfte hinter ihr her.
    »Amy?«
    »Ja?«
    »Danke, dass Sie mich aufgenommen haben.«
    »Gern geschehen.«
    »Ich weiß, dass Ihnen die Entscheidung nicht leichtgefallen ist.«
    Sie bedachte ihn mit einem schwer zu deutenden Blick.
    »Kommen Sie«, sagte sie. »Ich möchte Sie dem Team vorstellen.«

5
    S ie waren noch nicht weit gegangen, als ihnen vom Lagerfeuer her jemand entgegenkam. Eine schattenhafte Silhouette, mit breiten Schultern und schlanker Taille. Beim Näherkommen erkannte Ray, dass es ein Mann mit dunkler Hautfarbe war. Er war hochgewachsen und durchtrainiert. Ein Brillenträger und mindestens einen halben Kopf größer als er. An seinem Gürtel hing ein Pistolenholster.
    »Wir hatten schon befürchtet, ihr würdet gar nicht mehr kommen«, sagte eine tiefe Stimme. Die Zähne schimmerten in der Dunkelheit wie zwei Reihen Porzellanfiguren. »Wo habt ihr nur so lange gesteckt?«
    »Erzähl ich dir nachher.« Amy legte ihre Hände auf seine Schultern und beide tauschten einen kurzen Wangenkuss aus. »Zuerst mal brauchen wir was zu essen und zu trinken. Wir sind die ganze Strecke ohne Pause gefahren, damit wir noch vor der Dunkelheit zurück sind.«
    »Na, Hauptsache, ihr habt es heil zurückgeschafft.« Der Mann wandte seine Aufmerksamkeit Ray zu und betrachtete ihn von oben bis unten. Er zögerte kurz, dann streckte er Ray seine Hand entgegen. »Mein Name ist Richard«, sagte er. »Richard Mogabe. Willkommen im
Mgahinga Gorilla Nationalpark.«
    »Vielen Dank.«
    »Ich bin zuständig für die Organisation und die Versorgung.«
    »Nun untertreib doch nicht immer so«, sagte Amy. »Richard ist unser oberster Wildhüter. Er ist meine rechte Hand. Ohne ihn würde hier gar nichts funktionieren. Richard, das ist Ray Cox, unser neuer Mitarbeiter.«
    »Freut mich«, sagte der Wildhüter. »Sie sehen aus, als könnten Sie ordentlich zupacken. Ein paar kräftige Hände können wir hier immer brauchen.«
    Ray ergriff die dargebotene Hand. Die Finger des Wildhüters waren rauh und kraftvoll. Mit einem Nicken deutete Richard auf das Feuer. »Ihr kommt gerade rechtzeitig. Der Lammeintopf ist so gut wie fertig. Sie mögen doch Lamm?«
    »Ich esse alles«, entgegnete Ray und fügte, als ihm klarwurde, dass das vielleicht ein bisschen unhöflich klang, hinzu: »Bei meiner Oma gab’s öfter Lamm. In Guinness-Sauce, wohlgemerkt.«
    Richard lachte laut und klopfte ihm auf die Schulter. Eine Geste, die Ray irritierte. Seit über zehn Jahren hatte ihm niemand mehr auf die Schulter geklopft.
    Nach wenigen Metern über ein Feld mit kniehohen Disteln und Brennnesseln erreichten sie das Feuer. Etwa zwanzig Personen waren dort versammelt, Männer, Frauen, bunt gemischt. Doktoranden, Praktikanten, Assistenten. Viele von ihnen waren noch jung, vielleicht zwanzig oder fünfundzwanzig. Ray wurde klar, dass er, zusammen mit Amy und Richard, zu den Ältesten gehörte. Eine Erkenntnis, die ihm seinen Rücken schmerzhaft in Erinnerung brachte.
    Als sie den Lichtkreis des Feuers betraten, erstarben die Gespräche. Vereinzelt drangen geflüsterte Worte an sein Ohr, doch schließlich verstummten auch diese. Eine Woge gespannter Erwartung schlug ihnen entgegen. Es war offensichtlich, dass er das Gesprächsthema Nummer eins war. Im Blick der Anwesenden lag ein Stechen, das ihm das Gefühl gab, fehl am Platze zu sein. Vermutlich hielten sie ihn für ein Kuriosum, ein Fabelwesen, das man nur vom Hörensagen kannte. Nun ja, er hatte nichts anderes erwartet.
    »Hallo zusammen«, unterbrach Amy die Stille. »Alles klar bei euch? Ich möchte euch Ray vorstellen. Er wird in den nächsten Wochen unser Team verstärken und uns bei unseren alltäglichen Arbeiten zur Hand gehen. Zumindest so lange, bis er einen offiziellen Forschungsauftrag erhalten hat. Ob er dann noch bei uns bleibt oder ob er uns verlässt, ist noch ungewiss, aber solange er hier ist, möchte ich, dass ihr ihn ein wenig über eure Schultern schauen lasst. Einverstanden?«
    Ein zustimmendes Gemurmel wurde laut, das jedoch ebenso schnell verebbte, wie es eingesetzt hatte.
    »Ich spreche wohl für alle, wenn ich sage, dass wir ziemlich überrascht waren, als wir von unserem Neuzugang erfuhren«, fuhr Amy fort. »Besonders, weil

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