Kosaken Liebe
fernen Sibirien Jermak Timofejewitsch das Heer des Zaren Kutschum vernichtend geschlagen und die Hauptstadt Sibir erobert habe, als Muschkow vor Freude und Heimweh nach seinen Kosaken weinte und Marina ihn mit ihrem weißen, glatten, warmen Körper trösten mußte, tauschte Väterchen Lupin bei den Stroganowschen Beamten nach zähem Ringen und Feilschen, nach Flüchen und Gebrüll von beiden Seiten die Felle von Bibern und Füchsen gegen drei Pferde und einen Schlitten ein.
Mit klingenden Glöckchen fuhr das Väterchen mit seiner Troika vor, umarmte und küßte Marina und stieß den griesgrämigen Muschkow mit beiden Fäusten gegen die Brust.
»Sieh dir das an, Iwan Matwejewitsch! Ein Gemälde von einer Troika. Pferdchen, so gut genährt wie ein Bischof, und ein Schlitten, fest gebaut und sogar mit eisernen Kufen! Das alles hast du verdient!«
»Ich?« fragte Muschkow erstaunt.
»Wer hat die schönsten Biber gefangen? Wer hat die Füchse gejagt? Wer war Tag und Nacht in den Wäldern unterwegs, hat an den Flüssen auf die Tierchen gelauert? Wer hat gearbeitet wie ein Zugochse, na?«
»Meine erste Troika …« Muschkow ging um den Schlitten herum, küßte die Pferde auf die Nüstern, umarmte ihre Hälse und liebkoste sie, als wären sie seine Geliebten. »Und alles durch Arbeit!« rief er dann und setzte sich in den Schlitten. »Nichts ist gestohlen! Es ist nicht zu fassen …«
Er ließ die Zügel schnellen, schnalzte mit der Zunge und fuhr mit der Troika einen großen Kreis um das Dorf. Die Glöckchen an dem Bügel klingelten, über dem Kopfband der Gäulchen wippten Büschel bunter Federn, und die Pferde warfen die Beine, als seien sie früher in einer Parade gegangen. Muschkows Herz zersprang fast vor Freude, er wurde rot im Gesicht und sang laut, als er wieder vor Marina und Lupin hielt.
Sie standen Hand in Hand auf der Straße, und als er aus dem Schlitten sprang, dachte Muschkow: Es hat sich doch gelohnt, sich vor diesem verdammten Weibchen zu beugen.
13
Es war der 18. März 1584, ein warmer Vorfrühlingstag, viel zu warm für Moskau, als sich Zar Iwan IV. mit seinem Freund, dem Bojaren Bogdan Bjelski, an einen Tisch setzte, um Schach zu spielen.
Boris Godunow empfing einige Abgesandte; Fürst Schuisky verlebte ein paar ruhige Tage auf seinem Gut außerhalb Moskaus und knüpfte Kontakte zu anderen Bojaren, bestach sie und sammelte eine Hausmacht.
Das Leben in Moskau entfaltete sich nach diesem milden Winter wie eine Blüte im Morgentau. Der Frühlingstag lockte die Menschen auf die Straßen, an die Ufer der Moskwa, in die Wälder oder in die Klostergärten, wo man Spazierengehen und sich gleichzeitig segnen lassen konnte.
Der Zar starrte auf das Schachbrett, auf dem Bjelski gerade einen verwegenen Zug getan hatte. Die Partie war noch nicht verloren; sie konnte auch nicht verloren werden, denn Bjelski wußte es genau, wann er den Zaren besiegen durfte oder wann es klüger war, ihn gewinnen zu lassen. Heute mußte man ihn gewinnen lassen …
Iwan sah bleich aus, sein Gesicht eingefallen, die brennenden Augen lagen in tiefen Höhlen, sein Mund war noch schmaler als sonst. Seine Hände zitterten leicht, als er sie neben das Schachbrett legte, um seinen Zug zu überdenken.
»Reize mich nicht, Bogdan«, sagte er heiser. »Mir macht der warme Wind zu schaffen …«
»Das Spiel ist noch offen, Gossudar«, antwortete Bjelski. »Nur ein Bauer ist verloren! Was ist schon ein Bauer?«
Iwan blickte hoch, sein stechender Blick traf den Bojaren wie eine Eisenspitze.»Ich habe viele Bauern verloren, nicht wahr?« sagte er finster. »Und viele Bojaren, viele Soldaten, viele Offiziere, viele Freunde! Ich habe aufgeräumt in Rußland! Ich habe es gesäubert! Aber die Ratten wachsen nach! Und die Seelen sind unsterblich – die guten wie die schlechten! Hast du schon Seelen gesehen, Bogdan?«
»Nein, Gossudar …«, antwortete Bjelski heiser. Er starrte den Zaren an. Iwan hatte sich verändert. Sein Gesicht verfiel, als falle das Fleisch von den Knochen.
»Aber ich!« sagte er dumpf. »Jede Nacht sind sie um mich! Kommen an mein Bett, umschweben mich, rufen mir zu: ›Iwan! Iwan! Warum hast du uns getötet? Sieh uns an: Waren wir nicht deine Freunde? Die besten hast du verstoßen, und behalten hast du nur die Wölfe, die auf deinen Tod lauern!‹ Und dann sitzen sie an meinem Bett und weinen, und ich springe auf und bete und bete und rufe Gott an, mir zu verzeihen! Warum kennst du das alles nicht, du Hund?«
Iwan
Weitere Kostenlose Bücher