Kosaken Liebe
wären, Wehrdörfer schützten vor den Überfällen der Wogulen und der noch immer national denkenden Gebietsfürsten … Bis die Soldaten des Zaren kamen …
Die Stroganows hatten diese militärische Invasion so lange wie möglich hinausgezögert. Großvater Anika, der schlaue Fuchs, hatte Iwan IV. versprochen, allein für Ordnung zu sorgen, und auch den Brüdern Jakob, Gregor und Semjon gelang es, dem Zaren einzureden, daß Militär nur noch mehr Unruhe schaffen würde. Nun aber regierten die jungen Stroganows, Nikita und Maxim, an der Kama, und gegen jene Herrscher im eigenen Land war Iwan im fernen Moskau kritisch. Die Meldung, daß Jermak Timofejewitsch tatsächlich nach Sibirien eingedrungen war und zweimal die Truppen Kutschums schlagen konnte, war für den Zaren wie ein Signal!
»Sie werden zu mächtig, die Stroganows«, sagte er finster zu seinem Vertrauten Boris Godunow. Je älter Iwan wurde, um so grausamer wurde er. Er hatte keine Freunde mehr, und keiner drängte sich auch danach, sein Freund zu werden. Iwans Freund zu sein, hieß, unter dem Galgen zu stehen … das Augenlicht zu verlieren – das Herausreißen der Zunge – die Entmannung – es waren sozusagen noch königliche Gunstbeweise.
Nur noch zwei Bojaren lebten ständig in Iwans Nähe: der wuchtige Boris Godunow, der auf seine Stunde nach Iwans Tod wartete, und Fürst Schuisky, der Schöngeist, der elegante Intrigant, der Godunow in dem Glauben ließ, er könne der neue Zar werden, und währenddessen überall in der Stille seine eigene Macht ausbaute.
In Moskau herrschte die Angst. Nicht ein Tag verging ohne eine Hinrichtung, in den Kirchen sangen und beteten die Gläubigen im wahrsten Sinne um ihr Leben, und als der Zar sogar den Metropoliten von Moskau verbannen und dann ermorden ließ, wußte auch die Kirche, daß Gott weit war, aber Iwan IV. allgegenwärtig, und daß es besser war, dem Zaren zu huldigen, als Christus, der zwar Märtyrer liebte, aber sie nicht zu schützen vermochte …
»Wir werden Truppen ins Permer Land entsenden«, sagte Iwan, den man schon seit langem ›den Schrecklichen‹ nannte. »Boris Godunow, wie begründen wir diese Besetzung?«
»Ich habe gehört«, antwortete Godunow sinnend, »daß gerade im Permer Land viele falsche Priester umherwandern, für Kirchen und Klöster sammeln, die es gar nicht gibt und sich bereichern an dem Fleiß der Menschen. Die Stroganows sind gute Kaufleute, gläubige Christen, strenge Herren – aber um alles können sie sich nicht kümmern. Jetzt ist ihr Blick nach Sibirien gerichtet … Darunter leidet natürlich das eigene Land. Gossudar, schickt die Truppen als Schutz der Stroganows an die Kama. Ein Geschenk des Zaren müssen sie annehmen.«
Iwan nickte. Er saß auf seinem mit Zobelfellen dick belegten Lehnsessel, den pelzgefütterten Mantel um die hagere Gestalt geschlungen, die spitze, gold- und perlenbestickte Mütze auf den weißen, schütteren Haaren. Der graue Bart hing strähnig auf der eingesunkenen Brust. Er fror immer, auch im heißen Sommer. Selbst die jungen Frauen, die ihm Fürst Schuisky ins Bett legte, konnten ihn nicht mehr wärmen … Iwan warf sie am Morgen hinaus und war mißgestimmter als zuvor. Ein alter, verbitterter, grausamer Mann, der sein Ende nahen fühlte, aber doch nicht sterben wollte. Ein Mann, der Angst vor dem himmlischen Gericht hatte, obwohl er in den letzten Jahren mehr betete als regierte, neue Kirchen bauen ließ und jeden Russen aufrief, bei jeder Tat daran zu denken, daß sie gottgefällig war …
Ein schlauer Fuchs, dieser Godunow, dachte der Zar jetzt. Was wird er tun, wenn ich gestorben bin? Wird er den weichlichen Zarewitsch ermorden lassen und sich selbst auf den Zarenthron setzen? Oder wird Schuisky alle umbringen lassen, dieser schleimige Molch? Alles nur Ratten um mich herum! Gott, laß mich länger leben, um Rußland groß und stark und unbesiegbar zu machen! Es kostet Blut und Leben, aber welches Große in Rußland ist nicht mit Blut erbaut worden?
Und so ritten des Zaren Truppen nach Norden, fuhren mit Wagen oder marschierten wochenlang durch das Land, um angeblich den Stroganows beizustehen. Nikita und Maxim waren hilflos, und der alte Semjon in seinem Kloster war senil geworden und bereitete sich auf den großen Weg in den Himmel vor.
Noch während Jermak Timofejewitsch und seine tausend Mann am Tobol mit Mametkuls Reitern kämpften, besetzten die Soldaten das Permer Land, gründeten kleine Festungen und begannen die Jagd
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