Kosaken Liebe
»Was hältst du davon, Jermak?«
»Nichts!« Jermak schob das Kinn vor. Dann zog er seinen Säbel aus der Sattelschlaufe und hob ihn hoch empor.
»Jetzt!« sagte der Dorfälteste Lupin auf der anderen Seite dumpf zu seinen Bauern. »Brüder, wir gehen nicht wehrlos unter!«
Die Kosaken setzten zum Sturm an. Ein gewaltiger Aufschrei erfüllte die Luft. Was 540 Pferde und Männer mit geschwungenen Säbeln nicht vollbrachten, das bewirkte dieser Schrei. Die Männer von Nowo Orpotschkow warfen ihre Waffen weg und rannten nach allen Seiten auseinander.
Nur Lupin blieb stehen, allein auf der Straße, und Jermak, der an ihm vorbeipreschte, gab ihm nur einen Stoß. Der Starost rollte über die Erde, fiel in einen Graben und überlebte nur dadurch die zweitausend Pferdebeine, die über ihn hinwegrasten.
Eine halbe Stunde später brannte das Dorf. Die Kosaken schleppten Felle und Getreidesäcke, billigen Schmuck und Räucherfleisch, Gurkenfässer und gesalzenen Kohl aus den Häusern, ehe sie brennende Büschel aus trockenem Gras hineinwarfen. Wer Lust dazu hatte, machte Jagd auf die Frauen. Die Kosaken warfen sie auf die nackte Erde vor den brennenden Häusern oder in den Gärten und schändeten sie.
Auch Muschkow streunte durch das Dorf und suchte ein Mädchen nach seinem Geschmack. Vor einem Haus mit geschnitzter Tür fand er es endlich … ein noch etwas mageres, blondhaariges Geschöpf, das ihm mit einem dicken Knüppel entgegenkam und ihm, ohne etwas zu sagen, einen kräftigen Hieb auf den Kopf versetzte. Muschkow war so verblüfft, daß er selbst dem zweiten Schlag nicht auswich; dem dritten aber entging er. Er packte die kleine wilde Katze am Hals, schleifte sie in einen Garten und schüttelte sie. Das Mädchen kratzte und biß, es trat gegen seinen Unterleib und stieß mit dem Kopf gegen seine Brust. Es riß sich tatsächlich los und flüchtete, aber mit drei Sätzen holte Muschkow es ein und warf sich darüber, wie man in seinem Dorf ein wegrennendes Huhn einfängt.
Sie rollten aneinandergeklammert über den Boden, stießen gegen einen Gartenzaun und blieben dort liegen. Muschkow lag oben, er drückte sie mit beiden Händen nieder und spürte unter seinen Fingern ihre junge, noch nicht ausgereifte Brust. Die großen blauen Augen des Mädchens starrten ihn an. Es war keine Angst in ihnen, nur eine wilde Entschlossenheit.
»Töte mich!« sagte sie leise. »Töte mich vorher. Wenn du's nicht tust, mache ich es hinterher selbst …«
»Ich heiße Iwan Matwejewitsch Muschkow …«, sagte er. Bis an das Ende seiner Tage konnte er nicht erklären, warum er das damals gesagt hatte. Er mußte es einfach tun, als er in ihre Augen sah.
Und sie antwortete: »Ich bin Marina Alexandrowna Lupin …«
»Marina …« Muschkow lockerte den Griff. Um sie herum tobten die Brände, gellten die Schreie der Frauen und das siegesbewußte Lachen der Kosaken. Dazwischen wieherten die kaum noch zu haltenden Pferde. »Ich nehme dich mit!« sagte er plötzlich.
»Das wird dir nie gelingen!« schrie sie.
»Du bist meine Beute!«
»Dann halt sie fest, du Satan!«
Wieder rangen sie miteinander und rollten über die Erde. Marina biß in Iwans Schulter und gab erst auf, als sich ihr langes Haar in einem Busch verfing und sie fesselte. Sich loszureißen war unmöglich. Durch ihr Haar wehrlos geworden, lag sie vor ihm. Sie hatte die Augen geschlossen.
»Worauf wartest du noch?« fragte sie mit dünner Stimme. »Nimm es dir …«
Und Muschkow antwortete mit einer ihm selbst fremden Stimme: »Hab' keine Angst, Marina.« Er löste ihr Haar, langsam und beinahe zärtlich. »Wie alt bist du?« fragte er.
»Vierzehn«, antwortete sie.
»Deine Heimat verbrennt«, sagte er. »Ich nehme dich mit, Marina.«
»Nein!« schrie sie. Aber sie blieb liegen und rührte sich nicht.
3
Nowo Orpotschkow brannte völlig aus.
Nachdem man die Frauen und Kinder, die Greise und Kranken mit Peitschenhieben weggetrieben hatte, nisteten sich Jermaks Kosaken rund um das Dorf ein. Sie sangen und grölten und wärmten sich an den Flammen der brennenden Häuser, ihrem besten Lagerfeuer. Ihre Pferde hatten sie zusammengebunden, über einigen glühenden Balken brieten Schweine und Kälber, Holzbecher mit Birkenwein machten die Runde. Es war das Leben, für das ein Kosak auch bereit ist, zu sterben: Die Freiheit, wie er sie versteht! Die Welt gehört uns, wenn wir sie erobert haben! Und vor ihnen lag eine neue Welt, die auf sie wartete. Den ungeheuren Reichtum der
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