Kosaken Liebe
die anderen …«
»Ich bin ein Kosak!«
»Wo ist da der Unterschied?«
Muschkow streckte sich aus. Die Hitze um sie herum war fast unerträglich, sie war aber auch gleichzeitig ihr Schutz. Hier suchte sie niemand … Ihr Graben war wie eine Höhle, umgeben von einer Flammenwand. »Für diese Bemerkung würde dich jeder Kosak an den nächsten Baum hängen«, sagte er rauh.
»Dann tu es, Iwan Matwejewitsch!«
»He! Du hast meinen Namen behalten?«
»Wie kann ich den Namen eines Teufels vergessen!«
In einiger Entfernung hörten sie Stimmen, und Muschkow war es, als riefe man seinen Namen. Doch das Prasseln der Flammen und das Krachen der von der Hitze berstenden Balken deckte alle anderen Geräusche zu. Wenn sie mich rufen, dann suchen sie mich, dachte Muschkow. Und wenn sie mich finden, kann ich Marina nicht mehr schützen. Warum begreift sie das nicht?
Er legte die Hand auf ihre Schulter und drückte sie tiefer in den Graben zurück. Plötzlich empfand er etwas, was er nie gekannt hatte, in all den Jahren nicht, in denen er mit Jermak und den anderen kreuz und quer durch das Land geritten war und blutige Schlachten geschlagen hatte: Angst!
Angst um ein Mädchen, das fast noch ein Kind war.
Die Stimmen wurden lauter. Jetzt verstand er deutlich seinen Namen und sah umherrennende Gestalten, die in den verkohlten Trümmern suchten. Muschkow preßte sich flach neben Marina auf die Erde und legte den Finger auf seine Lippen. Ruhe! Sie verstand ihn, sah ihn ungläubig und dankbar zugleich an und verbarg dann das Gesicht zwischen ihren Armen.
Die Kosaken rannten weiter. Ihr »Iwan Matwejewitsch! Iwan Matwejewitsch!« verhallte …
»Danke -«, sagte Marina Alexandrowna nach einer Weile und hob den Kopf. Muschkow kaute an der Unterlippe und kam sich wie ein Narr vor.
»Das Schlimmste kommt noch«, sagte er. »Ob Beute oder nicht – Jermak hat befohlen, daß nie eine Frau mit uns reiten darf!«
»Dann laß mich hier liegen.« Sie drehte sich auf den Rücken, und wieder sah Muschkow ihre kleinen Brüste und die schmalen Schenkel, die vollen Lippen und das lange blonde Haar, das jetzt mit häßlichen Rußflocken durchsetzt war. Vierzehn Jahre alt ist sie, dachte Muschkow. In einem Jahr wird sie wie eine goldene Rose sein, und ein Jahr geht so schnell herum. Zum Teufel, Iwan Matwejewitsch – du nimmst sie mit!
»Kein Kosak gibt die Beute wieder her, die er einmal hat!« sagte er grob. »Er müßte sich sonst selbst anspucken!«
»Dann spuck, Iwan Matwejewitsch!«
»Du wirst mitkommen – als Junge verkleidet. Das ist es! Ich werde Jermak sagen: ›Sieh dir den Burschen an! Ich habe ihn aufgelesen im Feuer, bevor er röstete. Soll ich ihm den Schädel spalten? Ha, ich war dabei, es zu tun. Und was schreit das Bürschchen? Nimm mich mit, Kosak! Ich wollte schon immer ein Kosak werden, ich bin nicht zum Bauern geboren. Das Leben in Nowo Orpotschkow ist zum Kotzen langweilig. Nimm mich mit! Das schreit der Kleine, und ich stecke die Waffe weg und denke mir: Kein übler Ton. Aus dem kann was werden! Ja, und nun kommt er mit!‹ Genauso werde ich mit Jermak reden. Er wird dich mustern, für sehr jung finden, aber wenn du ihm etwas vorreitest …« Muschkow schwieg betroffen. Hier war er möglicherweise mit seinem Latein am Ende. »Kannst du überhaupt reiten?« fragte er kleinlaut.
»Wie ein Kosak«, antwortete Marina leise. »Wir hatten einmal vier Pferde, bevor ihr kamt – nach Nowo Orpotschkow!«
»Du reitest ihm also vor, und er wird brüllen: ›Das nennt das Bürschchen reiten? So klemmt sich ein Hahn auf die Henne! Iwan Matwejewitsch, bring ihm bei, wie ein richtiger Mann im Sattel sitzt!‹ Ha, und schon haben wir gewonnen, und niemand fragt danach, was unter der Kleidung steckt!«
»Und wenn ich mich weigere, das alles zu tun?« fragte Marina hart.
»Dann bist du verloren.« Er sah sie erschrocken an. Ihre großen Augen in dem schönen Gesicht waren voller Entschlossenheit. »Willst du denn sterben?«
»Es gibt keinen Jungen mit so langen Haaren …«
»Wir schneiden sie ab.«
»Meine Haare!«
»Sind die Haare wichtig oder das Leben, he?«
»Es wäre einfacher, du würdest allein weggehen …«
»Warum reden wir so viel?« Muschkow umfaßte Marinas Kopf, riß seinen scharfen Dolch aus dem Gürtel und schnitt ihr mit einem Ruck die Hälfte des langen Blondhaars ab. Er ließ die Strähnen über ihr Gesicht rieseln wie Goldfäden und machte sich dann daran, die andere Hälfte abzuschneiden. Eine
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