Kosmologie für Fußgänger
Gesicht.
Vor 180 bis 140 Millionen Jahren begann zunächst der nördliche Teil Pangäas, Laurasia, sich von dem südlichen Gondwana zu trennen. Gondwana zerfiel bald darauf in Australien, Madagaskar, Indien und die Antarktis. Laurasia teilte sich in Nordamerika und Eurasien. Alle das moderne Gesicht der Erde prägenden Kontinente waren schon vor rund 90 Millionen Jahren getrennt. Vor 45 Millionen Jahren erreichte Indien den asiatischen Kontinent, und das dazwischen liegende Meer schloss sich. Zurzeit arbeitet Afrika an der Schließung des Mittelmeeres. Dieses muss bereits einige Male ausgetrocknet gewesen sein, darauf weisen die großen Salzablagerungen in Südfrankreich hin. Italien, Griechenland und Teile des Balkans gehören zur Afrikanischen Platte, deren Schub in Richtung Europa von jedem Wanderer in den Alpen bewundert werden kann. Dieses Gebirge ist nämlich das Ergebnis des Zusammentreffens der beiden kontinentalen Platten. Die Plattenbewegungen gehen also auch heute noch weiter.
Und früher? Gab es vor Pangäa auch schon einmal getrennte Kontinente? Das ist nicht so einfach zu rekonstruieren, weil die alten Meeresböden fehlen. Die sind durch das Abtauchen unter die Kontinentalplatten schon längst wieder im Erdinneren verschwunden. Das heutige Modell eines Superkontinentzyklus stützt sich deshalb vor allem auf einander ergänzende kontinentale Befunde: Neben der Geschichte des Erdmagnetfelds sind es vor allem ähnliche geologische Schichten auf verschiedenen Kontinenten, die uns Kunde geben von der Zeit vor Pangäa.
Aus der Verknüpfung von Gebirgsgürteln, die durch die jüngeren Plattenbewegungen getrennt wurden, lässt sich die Bildung Pangäas rekonstruieren. Vor etwa 400 Millionen Jahren vereinigten sich Laurentia, ein Kontinent, der einen großen Teil des heutigen Nordamerika umfasste, mit Baltica, dem heutigen Nord- und Osteuropa, zu Laurasia. Bei diesem Zusammenstoß entstand eine heute schon fast völlig verschwundene Gebirgskette, die von Nordskandinavien über Schottland und Irland bis nach Grönland reichte. Vor ungefähr 360 Millionen Jahren traf Laurasia auf Gondwana, den südlichen Superkontinent, der die heutigen Landmassen von Indien, Afrika, Südamerika, Australien und der Antarktis umfasst. Dabei bildeten sich zum Beispiel die Appalachen, ein Gebirgszug im Osten der USA.
Die Suche nach zusammengehörenden Teilen von Gebirgen, die vor mehr als 600 Millionen Jahren entstanden, ist noch viel schwieriger. Es gibt nur wenig freiliegendes Gestein aus dieser Zeit. Oft wurde das Material durch die gewaltigen Kräfte, die auf die Plattentektonik einwirken, umgeformt, ja geradezu verwandelt. Da die Datenlage für diese sehr entfernte Vergangenheit sehr dürftig ist, lassen sich nur vage Umrisse nachzeichnen.
Summa summarum aber ergeben die Altersbestimmungen der verschiedensten Gesteine, die als Spuren kontinentaler Verschmelzungen und Brüche erhalten sind, dass Superkontinente schon seit mehreren Milliarden Jahren existieren. Offensichtlich bildet sich etwa alle 500 Millionen Jahre ein Superkontinent und driftet wieder auseinander. Das wird auch in Zukunft der Fall sein. Die Verschmelzung Afrikas mit der eurasischen Platte steht, geologisch gesprochen, kurz bevor: In 50 Millionen Jahren werden das Mittelmeer, das Schwarze Meer und das Kaspische Meer verschwunden sein. Ein riesiges Gebirge erstreckt sich von Frankreich bis ins heutige Syrien. Polen und Weißrussland werden zum »Alpenvorland«. Grönland hat sich in Richtung Kanada und Alaska auf die Reise begeben. Afrika wird allerdings einen Teil abgeben müssen, der Ostafrikanische Graben wird sich vertiefen und eines Tages vom Indischen Ozean überflutet werden. Dem Zusammenstoß wird auch das Rote Meer zum Opfer fallen. Die arabische Halbinsel hat sich mit dem Irak vereinigt. Derweilen driftet Nordamerika von Europa weg, in Richtung Asien. Südamerika schiebt sich in Richtung Norden und verschlingt dabei große Teile der Karibik. Kuba trifft auf Florida. Japan verschwindet, genauso wie Indonesien, das von Australien geschluckt wird. Der antarktische Kontinent entfernt sich vom Südpol in Richtung Argentinien. Eine völlig andere Welt wird sich dann entwickelt haben.
Das Gesicht unseres Mutterplaneten wird sich also auch in Zukunft ständig verändern. Mit der gleichen Geschwindigkeit, in der unsere Fingernägel wachsen, schieben sich die Platten, getrieben von unterirdischen Konvektionsströmungen, über die Erdkugel.
Wir haben eine
Weitere Kostenlose Bücher