Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
entgegen.
Eine Stimme war zu hören, die in monotoner Ekstase immer wieder die gleichen Laute stöhnte.
Doch erst als das andere Fleisch in dem meinen in einer zuckenden Entladung explodierte und zur Ruhe kam, ging es mir auf, daß die Stimme, die ich gehört hatte, meine eigene war. Und alles Glück und alle Wildheit schüttelten mich noch einmal in einem beseligenden, erlösenden Krampf.
Marks warmer Atem streifte mein Ohr. Er flüsterte etwas, ein Wort nur. Mark flüsterte:
„Du."
Und mit einem Gefühl hellsichtiger Klarheit wurde mir bewußt , daß er damit das eine Wort gefunden hatte, in dem alles enthalten, mit dem alles gesagt war.
Auf die Aufruhr des Fleisches folgte der Frieden einer tiefen inneren Stille. Mit offenen Augen lag ich da, lauschte dem tickenden Herzschlag der Wände und hielt stumme Zwiesprache mit dem Stern über der Kuppel, und Mark neben mir schien das Gleiche zu tun, bis seine Atemzüge tiefer wurden und gleichmäßiger.
Irgendwann fielen mir die Augen zu.
Ich erwachte mit einem Mordshunger und dem Gefühl von Veränderung.
Der Herzschlag der Wände war verstummt. Die Uhren tickten nicht mehr. Ich spürte, wie die Zeitlosigkeit wieder in meine Zellen kroch. Und als ich den Blick hob, um aus einem vagen Erinnern heraus meinen Stern zu grüßen, wölbte sich über der Kuppel die gewohnte Leere. Nichts fing meinen Blick auf. Nichts. Zum ersten Mal machte mich diese Leere schaudern.
Eine unbestimmbare Sehnsucht brannte in mir.
Aber dann sagte ich mir, daß es für mich keinen Grund gab, mit mir unzufrieden zu sein, weil nun alles wieder seine Richtigkeit hatte. Und daß es nur das Ticken und Schlagen der Uhren gewesen war, was mich fast hätte verleugnen lassen, was ich war: ein gestandener Kos- mone , W-Typ.
Schwamm drüber!
Mein Kommandant schlief noch. Als er sich einmal rührte, entsann ich mich meiner unziemlichen Nacktheit und kleidete mich hastig an.
Dabei fragte ich mich, was wohl geschehen sein mochte, daß Doktor Saul sich nicht mehr blicken ließ. Hatte er uns vergessen, oder war ihm etwas zugestoßen. Die Situation, in der er uns zurückgelassen hatte, beunruhigte mich. Das Warten mußte ein Ende haben. Und vor allem benötigte ich ein kräftiges Frühstück: Brot, Spiegelei auf würzigem Schinken, dazu eine Kanne Kaffee.
War es meine Pflicht, den Kommandanten zu wecken? Hier war ich nicht im Dienst. Und das Gesetz von Cosmopol galt vielleicht mehr denn je: Jeder ist sich selbst der Nächste.
Auf leisen Sohlen, um mich keinen unbequemen Fragen stellen zu müssen, verließ ich unsere chromblinkende, nach Desinfektion duftende Arrestzelle und machte mich auf die Suche nach dem freundlichen Kerkermeister in Weiß. Aus dem Fenster warf ich einen Blick auf das Rampengelände. Das rote Raumschiff stand noch immer da, aber von den Malusiten war nichts zu sehen.
Ich marschierte los.
„Doktor Saul!"
Im Labyrinth der Gänge und Laufbänder verhallte meine Stimme ohne Echo, als hätte es darin außer antiseptischer Stille nie etwas gegeben.
Aber so ganz ungehört verhallte mein Ruf dann doch nicht. Eine der vielen Türen fuhr plötzlich fauchend auf, und wie eine züngelnde Flamme schob sich ein feuerroter Overall über die Schwelle.
Einen Atemzug lang stand ich wie erstarrt.
Ein Paar glitzernder Schlangenaugen musterte mich von Kopf bis Fuß. Dann wandte der Malusit den Kopf.
„Eure Schlechtigkeit", schnarrte er, „mir scheint, ich habe da was für Euch, so ein richtiges Appetithäppchen!"
Er streckte seine Hand nach mir aus, und ich warf mich herum und rannte los.
Angst schüttelte mich. Ich rannte um mein Leben, und die Malusiten keuchten fluchend hinter mir her.
Eine Stimme wie ein Mülleimer, die ich schon einmal gehört hatte, machte die Wände erzittern:
„Ich brauche sie lebend! Schneidet ihr den Weg ab!"
Die trampelnden Schritte hinter mir wurden lauter. Ich flüchtete in einen Quergang und stellte gleich darauf mit höchstem Entsetzen fest, daß ich in eine Sackgasse geraten war. Der Gang endete vor einem Tor, auf dem ein grünes Dreieck prangte.
Für eine Weile mochte ich die Malusiten abgeschüttelt haben. Sie beratschlagten fluchend, bis der Mülleimer wieder losdröhnte:
„Los, los, die Quergänge absuchen!"
Mit blieb keine Wahl. Ich legte die Handfläche auf den Öffner. Das Tor gab einen leisen Glockenton von sich und fuhr auf. Ich trat über die Schwelle, und das Tor führ wieder zu.
Ich befand mich in einer anderen
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