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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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gewisse Schwermut oder sogar Traurigkeit schien in den Worten zu liegen. Aber ich hörte nur mit halbem Ohr hin. Etwas beunruhigte mich - ein fremdartiges Geräusch. Ich fuhr herum - in der Erwartung, im Gebüsch die verhaßten feuerroten Overalls zu sehen. Ein neuerliches Auflachen der weißen Dame beschwichtige mich.
    „Nur das Gurren einer Taube, mein Kind. Es ist genau so falsch wie die rotwangigen Äpfel, wie alles andere hier. Und nun gestehe ich Ihnen etwas." Das Gurren wiederholte sich. Die Dame auf der Bank lauschte ihm mit einem kleinen Lächeln, bevor sie weitersprach. „Bei aller Skepsis, die ich dieser Technik entgegenbringe, höre ich diese Liebesschwüre meiner gefiederten Freunde für mein Leben gern. Sie erinnern mich an alte Zeiten." Und weil ich mich unwillkürlich noch einmal umsah, fügte sie hinzu: „Und nun, mein Kind, frage ich Sie: Wovor fürchten Sie sich?"
    Es konnte nicht verkehrt sein, mich ihr anzuvertrauen, entschied ich. Die Art und Weise, wie sie mir, der Fremden, begegnete, gefiel mir. Ich packte aus. Ich erzählte ihr von der Irrfahrt mit der SCOUT, die uns hierher geführt hatte, von der Einlieferung in die Quarantänestation, von Doktor Saul, vom roten Raumschiff mit den Angehörigen der Malus-Sekte, von meinem knappen Entkommen. „Ich dachte schon, jetzt haben sie mich - doch da war dann dieses Tor mit dem grünen Dreieck. Mir blieb keine andere Wahl", schloß ich.
    „So kam ich her. Aber die Malusiten werden nicht aufgeben. Ich muß weiter."
    Die Dame, die ich in Gedanken bereits Thea nannte, winkte ab.
    „Bleiben Sie! Hier sind Sie sicher. Die Malusiten meiden diesen Park wie der Teufel das Weihwasser."
    Sie klopfte leicht auf den freien Platz neben sich.
    „Setzen Sie sich zu mir, mein Kind. Wir wollen plaudern."
    Als ich dann neben ihr saß, legte Thea einen Arm um mich.
    „Vorhin, als wir unterbrochen wurden, lag Ihnen eine Frage auf der Zunge. Was war es? Fragen Sie ohne Umschweife. Denn um befragt zu werden, bin ich da."
    Und so stellte ich ihr die Frage, von deren Beantwortung ich plötzlich alles Weitere abhängig machte. Ich fragte:
    „Ist das wirklich wahr - Sie können sich an alles erinnern? Auch an das, was ganz früher einmal gewesen ist?"
    Sie seufzte und nickte, und wieder meinte ich, darin Schwermut und Trauer zu spüren.
    „Es ist gespeichert in meinem Gehirn - die ganze Vergangenheit. Und zu bestimmten Gelegenheiten kommen die Mitglieder des Hohen Rates von Astropol hierher, und ich muß ihnen von früher berichten."
    „Von der Erde auch?"
    „Von der Erde auch."
    „Dann gibt es die Erde wirklich?"
    Von der Seite her sah sie mich lange an.
    „Zweifeln Sie daran? Dann sagen Sie mir doch, Kindchen, wer ist dieser kühne junge Mann, der da meint, er könnte wiederfinden, was bislang noch keiner wiedergefunden hat?"
    Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, aber nun war mein Zweifel urplötzlich zerstoben wie ein schlechter Traum. Neue Zuversicht erfüllte mein Herz.
    „Sein Name ist Mark Brandis", erwiderte ich bereitwillig, „und er ist Kosmone wie ich."
    Selbst von der Freude überrascht, mit der ich an dieser Stelle den Namen aussprach, horchte ich auf. Mit dem Wind kam der hallige Schlag einer fernen Uhr gezogen, und Thea sagte:
    „Hören Sie, Ruth? Die Zeit ist zu uns zurückgekehrt - die Zeit! Das heißt, der Stern muß aufgegangen sein. Denn immer, wenn er aufgeht, kommt mit ihm die Zeit. Doch dann, sobald er untergeht, wird alles wieder so zeitlos wie zuvor. Und Astropol dreht sich erneut im Nichts."
    Die Uhr hatte aufgehört zu schlagen. Geblieben war ein Vibrieren im Blut. Es rief in mir widerstrebende Gefühle wach. Der Panzer aus kosmonischer Selbstsucht, in den ich seit meinem Erwachen zwischen den verstummten Wänden gegurtet war, zeigte Risse. Und durch diese hindurch schimmerte die Erinnerung an ein großes Glück. Plötzlich war ich wieder nackt und verwundbar - und das Wahnwitzige an diesem Zustand war, daß ich es gar nicht anders wollte. Und wenn ich soeben noch nur daran gedacht hatte, mich selbst in Sicherheit zu bringen, mußte ich jetzt an Mark denken, der allein und ahnungslos im OP zurückgeblieben war. Wie mochte es ihm ergehen, wenn die
    Malusiten auf der Suche nach mir in die Operationssäle einbrachen, wie sie das schon einmal getan hatten?
    Bevor ich den Gedanken in aller Konsequenz zu Ende gebracht hatte, stand mir der kalte Schweiß auf der Stirn, war ich auf den Beinen.
    Irgendwie brachte ich hervor: „Ich

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