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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Welt.
    Parklandschaften kamen auf Cosmopol nur in Märchen vor, und nie hatte ich so recht gewußt , wie ich sie mir vorstellen sollte. Mir war es ergangen wie einem Blinden, dem man von Farben erzählt. Doch nun war ich selbst die Alice im Wunderland. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    Das Übermaß an Schönheit ließ mich sogar die Gefahr vergessen. Es überwältigte mich. Es berauschte meine Sinne, verwandelte mich in einen Schwamm, der begierig alle diese neuen Eindrücke in sich aufsog.
    Unter einem Himmel, der zu meinem Verwundern nicht einfach nur leer war, sondern blau und mit weißen ziehenden Tupfern gesprenkelt, wiegten sich im lauen Wind die Kronen gewaltiger Bäume. Und das melodische Zwitschern im Laub mußte wohl der Gesang von Vögeln sein.
    Aber damit nicht genug - zu beiden Seiten des gewundenen Weges, der in den Park hineinführte, empfing mich eine Blütenpracht von unbeschreiblicher Vielfalt, und ein Chor von summenden Bienen erfüllte die würzige Luft mit sanfter Musik.
    Wie gern hätte ich diesem Frieden getraut. Mein Verstand ließ es nicht zu. Noch war ich nicht in Sicherheit.
    Jeden Moment konnte das Tor hinter meinem Rücken aufgehen und meine Verfolger auf mich loslassen. Es war nicht zu erwarten, daß sie einfach aufgaben. Bei ihrer Suche mußten sie früher oder später auch auf den Kommandanten stoßen.
    Dieser Gedanke kam mir flüchtig und weckte in mir kein Bedauern.
    Auf jeden Fall mußte ich mich irgendwo verkriechen. Also holte ich tief Luft und stürzte los, in den Park hinein, bis die Seitenstiche mir so sehr zu schaffen machten, daß meine Schritte schleppend wurden. Japsend taumelte ich hinaus auf eine Lichtung, über der der Goldglanz eines fremdartigen gleißenden Gestirns lag.
    Stehenbleibend sammelte ich Kraft und sah mich um.
    Eine Ruhebank mit geschwungenen Seitenflügeln ließ darauf schließen, daß dieser lichte Fleck im Wald ein beliebter Rastplatz war. Aber dann war es weniger die Bank, was mein Auge fesselte und mir das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, als vielmehr der Baum auf der gegenüberliegenden Seite.
    Ein Apfelbaum - über und über behängt mit rotwangigen Früchten. Bei diesem Anblick heulte mein knurrender Magen auf wie ein hungriger Wolf.
    Alle Vorsicht außer Acht lassend, rannte ich hinüber. Einer der Äpfel befand sich in erreichbarer Höhe. Ich brauchte nur die Hand nach ihm zu heben, und er gehörte mir. Ich griff zu.
    Meine Finger schlossen sich um ein Nichts.
    Fassungslos versuchte ich ein zweites und ein drittes Mal. Es blieb dabei: Sobald sich meine Finger um den Apfel schlossen, griffen sie ins Leere.
    Ein leises Lachen ließ mich entsetzt herumfahren.
    „Davon wird keiner satt, mein Kind, glauben Sie mir. Alles nur Schein."
    Auf der eben noch leeren Parkbank hatte sich, von mir unbemerkt, eine weißgewandete Frauengestalt von berückender Schönheit niedergelassen. „Alles nur Schein - der ganze verdammte Park samt Sonne, Mond und Sternen. Wie diese Äpfel da - schön anzusehen, aber ungenießbar."
    Einen Atemzug dachte ich an neuerliche Flucht - aber dann war es der Klang der Stimme, der mir die Furcht vor der unbekannten Schönen nahm.
    Die Stimme paßte nicht zum Bild.
    Die unbekannte Dame auf der Parkbank war ebenso jung wie schön, doch die Stimme, mit der sie sprach, war geborsten wie die einer Greisin. Und auch das Lachen, mit dem sie meine Verwirrung quittierte, war das einer sehr, sehr alten Frau.
    „Sie sind nicht von hier, Kindchen, das sehe ich Ihnen an. Aber darüber reden wir später, denn jetzt fragen Sie sich, wer und was ich bin."
    Ein kleines, ironisches Lächeln spielte um ihren Mund.
    „Nun, der erste Teil der Frage ist rasch beantwortet. Für die Astriden bin ich Thea, die Göttin der Erinnerung. Sie hegen und pflegen mein Gedächtnis, weil es das einzige hier ist, das bis zum Ursprung zurückreicht. Und damit mir ja nichts verloren geht von der Erinnerung, haben sich für mich diesen Park geschaffen."
    Die Furcht war überwunden, mein Interesse geweckt. Ohne Umschweife erkundigte ich mich:
    „Und zum zweiten Teil der Frage - wie lautet darauf die Antwort?"
    Ihre Stimme zerfiel gleichsam zu Staub.
    „Wer ich bin, wissen Sie jetzt, mein Kind. Aber was ich bin, frage ich mich selbst. Mit immer neuen Transplantationen sorgen sie dafür, daß ich in scheinbarer Alterslosigkeit bleibe. Das einzige, was von mir selbst noch vorhanden ist, ist das Gehirn. Sie werden sich hüten, daran zu rühren."
    Eine

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