Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld
dem er das Geld an seinen Hoden befestigt hatte. Nackt setzte er sich auf die Toilette und entleerte das erste Mal seit er in Freiheit war seinen Darm. Wie angenehm, das wieder einmal in aller Ruhe tun zu können.
Er nahm sich eine Ausgabe von People und blätterte darin herum. Die Glamourwelt interessierte ihn nicht besonders. Er sah selten fern und kannte die neuesten Filme nur von den Plakaten an den Kinos. Auch kannte er nur wenige der Stars. Die Frauen erschienen ihm alle viel zu jung und zu dünn, und außerdem zogen sie sich wie Nutten an. Wenn sie so herumliefen, brauchten sie sich nicht zu wundern, wenn sie vergewaltigt und umgebracht wurden. Die Männer wirkten dagegen wie richtige Langweiler. Die Hälfte von ihnen machte den Eindruck, als würden sie ihre Kleider von der Heilsarmee beziehen und wären zu blöd dazu, sich die Hemden in die Hosen zu stecken. Fast alle brauchten mal wieder einen anständigen Haarschnitt und eine gute Rasur.
So wie er auch, mahnte er sich.
Er stellte sich unter die Dusche. Das Wasser war angenehm warm und hatte genug Druck. Dahl schäumte sich mit einer duftenden Seife ein und spülte die oberste Dreckschicht von seiner Haut ab. Dann schäumte er sich noch einmal ein, nahm Christine Neals Rasierer und fing an sich zu rasieren. Er begann oben und arbeitete sich nach unten vor – zuerst Kopf und Gesicht, dann die Brust und dann der Bauch. Er konnte von Glück reden, dass er keinen behaarten Rücken hatte wie viele Männer, denn dann hätte er fremde Hilfe gebraucht.
Nach dem Bauch machte er mit den Beinen weiter und achtete sorgfältig darauf, sich nicht zu schneiden, bestimmt ebenso sorgsam, wie es die Frauen taten. Er nahm sich eine neue Klinge und machte sich an die schwierige Aufgabe, sich um sein Geschlecht herum zu rasieren. Dahl konnte das Gefühl nicht leiden, wenn Haare aus ihm sprossen. Er fühlte sich dann schmutzig.
Er strich sich über den Penis, bis er steif war, auf diese Weise war es leichter, den Hodensack zu rasieren.
Der Schrei einer Frau riss ihn aus seiner Konzentration.
Christine Neal stand in der Tür zum Badezimmer und starrte ihn erschreckt an. Einen kurzen Moment lang trafen sich ihre Blicke, dann stürzte sie davon.
Dahl sprang aus der Dusche und rutschte beinahe auf den nassen Fliesen aus, konnte aber gerade noch das Gleichgewicht halten. Er rannte durch den Flur und packte Christine Neal von hinten, als sie nach dem Telefon auf dem Küchentisch greifen wollte. Es fiel zu Boden.
Sie war eine kräftige, sportliche Frau und wand sich in seinem Griff, trat nach ihm und versuchte, ihn zu kratzen. Sie stürzten beide zu Boden, und Christine Neal stöhnte, versuchte zu schreien und verschluckte sich an ihrem eigenen Atem. Ihre Hand tastete wild über den Boden, bis sie endlich das Telefon fand.
Dahl musste von ihr ablassen, um ihr das Telefon wegzunehmen. Christine Neal kämpfte sich auf die Füße. Aber bevor sie einen Schritt machen konnte, hatte Dahl sie an einem Knöchel gepackt und brachte sie erneut zu Fall. Mittlerweile schluchzte sie hysterisch und rief erstickt um Hilfe.
Sie drehte sich zur Seite und versuchte, aus seiner Reichweite zu kommen, versuchte erneut aufzustehen.
Als Dahl nach ihren Haaren griff, hatte er sie plötzlich in der Hand. Eine Perücke. Er warf sie zur Seite und setzte sich rittlings auf Christine Neal.
Sie lag auf dem Rücken. Die Hände um ihren Hals, drückte er zu. Sie schlug mit den Fäusten auf ihn ein, bäumte sich auf, um ihn abzuwerfen. Versuchte zu schreien. Der Schrei erstarb unter seinen Händen.
Dahl drückte fester zu. Christine Neals Gesicht fing an, sich infolge des Sauerstoffmangels blau zu verfärben. Ihre geschwollene, rote Zunge kam aus ihrem Mund. Ihre Augen traten hervor. Er behielt ihre Augen im Blick, achtete auf ihren Ausdruck. Animalische Angst. Er dachte, dass es schrecklich sein musste, auf diese Weise zu sterben, dem eigenen Mörder ins Gesicht zu sehen, keinerlei Mitgefühl darin zu erkennen, kein Mitleid. Was ihn betraf, glaubte er, dass sie in seinem Gesicht überhaupt nichts sah.
Es ging ja auch um nichts Persönliches. Er hatte nichts gegen die Frau, verspürte keineswegs den Wunsch, sie zu töten. Aber er konnte nicht zulassen, dass sie die Polizei rief. Sie hatten seine Spur verloren. Keiner wusste, wo er war. Er konnte sich frei in der Stadt bewegen. Und er hatte Pläne. Er durfte nicht zulassen, dass Christine Neal die Gelegenheit bekam, seine Pläne zu durchkreuzen. Er
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