KR088 - Ich fing den Fänger
Zeilen. »Zwei Monate noch«, stieß er zwischen den Zähnen hervor, »dann ist sein Geschäft keinen Cent mehr wert, weil wir ihn dann zur Strecke gebracht haben. Hast du das Büro gemietet?«, fragte er unmittelbar darauf sachlich.
»Alles in Ordnung. Und die Anzeigen und das Telefon?«
»Ebenfalls okay. Der Anschluss wird morgen in aller Frühe gelegt. Hier sind die Bürstenabzüge für die Zeitungsannoncen.«
Wir hatten uns einen hübschen Namen für unser Überwachungsinstitut ausgedacht. Wir tauften den Laden »Privatdetektei Erfolg«. Was wir im Text versprachen, war geradezu hanebüchen. Wir boten uns an für die eindeutigen Beweise zur Ehescheidung bis zur Wiederbeschaffung gestohlener und verlorener Werte.
Und selbstverständlich erwähnten wir unsere großen Erfahrungen in Bewachungsaufgaben jeder Art. Als Besitzer des Unternehmens fungierten Mr. Jerry Treed und Mr. Philipp Warden, denn wir hatten es doch für angebracht gehalten, unsere Namen zu ändern.
Offen gestanden, wenn es sich nicht um eine so ernste Sache gehandelt hätte, hätten wir einen Riesenspaß an allem gehabt. Es kam uns komisch vor, dass wir jetzt auch zu den windigen Leuten gehören sollten, die sich alle für verhinderte Sherlock Holmes halten und mit tief gerunzelter Stirn den Abwegen eines munteren Ehemannes nachzugehen verpflichtet sind. Aber wir hatten keine Zeit zum Lachen.
Wir stürzten uns auf die Unterlagen der fünf Fälle, die dem Fänger zuzuschreiben waren. Mr. High hatte uns die Fotokopien sämtlicher Akten in meine Wohnung geschickt. Es war mehr als ein mittelgroßer Koffer voll. Jeder zog sich mit einem Stapel in eine Ecke zurück, stellte das Whiskyglas griffbereit, legte die Zigarettenpackung handgerecht, und dann versanken wir in ein schweigsames Lesen, das sich über Stunden hinzog.
Um neun Uhr stand Phil auf und schaltete das Licht ein. »Wollen wir nun tauschen?«, fragte er und trug mir seinen Papierwald herüber.
Ich war mit der Lektüre meines Teiles auch am Ende. Wir tauschten die Unterlagen aus und lasen weiter.
Eine halbe Stunde später stieß Phil einen Pfiff aus. Ich hob neugierig den Kopf.
»Ich finde hier den Namen Andrew Crush«, sagte er.
»Ja«, erinnerte ich mich, »das ist einer von den ›Argus‹-Leuten, die zur Bewachung des kleinen Fips McLean eingesetzt waren.«
»Der Name kommt in den Akten schon einmal vor«, erklärte Phil bestimmt. »Ich glaube, im Zusammenhang mit dem ersten Fall Bobby Blasford.«
Er kam zu mir, nahm mir die Unterlagen aus der Hand und blätterte darin.
»Hier!«, rief er triumphierend. »Verhör der Angestellten des Hauses Blasford. Hausdiener Andrew Crush.«
Ich nahm ihm das Blatt aus der Hand und studierte es selbst.
Es handelte sich um das Protokoll eines Sammelverhöres der Hausangestellten. Es stand nichts von Bedeutung darin, aber ein Mann mit diesem Namen war als Hausdiener erwähnt.
»Ob Holder und Mr. High das übersehen haben?«, überlegte ich.
Phil zuckte die Schultern.
»Es muss nicht unbedingt eine Bedeutung haben«, meinte er. »Der Mann kann die Stelle gewechselt haben, und es mag purer Zufall sein, dass er auch in den fünften Fall der Kindesentführung verwickelt wurde. Wenn man überhaupt von einem Doppelfall reden kann, denn aus dem Protokoll geht einwandfrei hervor, dass er sich brav und korrekt im Hause aufhielt, während Bobby Blasford ja bei einem Spazierritt entführt wurde.«
»Jedenfalls sehen wir ihn uns näher an«, beschloss ich. »Suche mir bitte die Adresse der ›Argus‹ heraus. Ich gehe gleich morgen hin.«
Wir stellten im Telefonbuch fest, dass die »Argus«-Detektei einem gewissen Samuel Crawborn gehörte und sich in der 24. Straße befand. Ich notierte mir die Adresse, und dann rief ich meinen Kollegen Robert Holder an, der die offizielle Jagd auf den Fänger leitete.
Ich erreichte Holder im Gebäude des Hauptquartiers.
»Hallo, Robert«, begrüßte ich ihn. »Hier ist Cotton. Ich lese eben in der Zeitung, dass der Fänger seine Forderungen wegen des kleinen McLean gestellt hat. Wann findet die Übergabe des Geldes statt?«
»’n Abend, Cotton«, antwortete Holder. Seine Stimme klang müde und abgekämpft. »Waren Sie nicht zuletzt hinter Forester her, der alle Tricks kannte, weil er selbst ein G-man war? Glauben Sie mir, das muss ein Zuckerlecken gewesen sein im Vergleich zu dem, was ich augenblicklich durchmache. Gehen Sie einmal mit Eltern um, die vor Angst um ihre Kinder völlig verrückt geworden sind! Ich
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