Kräfte der Comyn - 12
zu werden. Die Kräfte, über die diese Darkovaner verfügten - und die ziellose, unsystematische Weise, wie sie sie anwendeten!
Er begann eine Theorie zu formulieren, warum Valdir ihn auf sein Anwesen eingeladen hatte. Valdir hatte eindeutig Sinn für den Wert von Eigenschaften, die der darkovanischen Lebensweise fremd waren, etwas, das die Terraner hatten. Larry wußte kaum, wie er es beschreiben sollte. Genau das, worüber sich Valdir lustig gemacht hatte, als er sagte: „Ihr Terraner könnt nicht selbst mit euren persönlichen Problemen fertig werden - ihr müßt andere darum bitten.” Vielleicht konnte man es Gemeinschaftsgeist oder die Fähigkeit, gemeinsam in Gruppen zu arbeiten, nennen. Sie wußten nicht, wie man etwas organisierte; selbst bei der Brandbekämpfung hatte es keinen einzelnen Führer gegeben, sondern jede Gruppe hatte für sich gearbeitet. Nicht einmal jetzt konnten sie sich gemeinsam der Bedrohung durch die Banditen stellen. Und Valdir, der die Geschichte des Scheiterns hinter diesen verstreuten Bemühungen sehen konnte, hatte gehofft, diese alte Denkweise durchbrechen zu können. Aber sie hatten ihm keine Chance gelassen.
Die anderen Darkovaner, die ursprünglich zu der dreitägigen Jagd gehört hatten - wie lange das nun schon her zu sein schien! -, ritten mehrere Schritt hinter ihnen, da sie die Konzentration ihres Herrn nicht stören wollten. Für Larry waren Valdirs Gefühle so klar, als hätte er selbst sie empfunden. Auch Kennard, der schweigend an Larrys Seite ritt, grübelte darüber nach - über die Kluft zwischen dem alten Kodex und den Bemühungen seines Vaters um Veränderung. Für Larry schien es fast, als würde Kennard seine Gedanken laut aussprechen - sein Vater konnte sich nicht irren, und doch, wie hatte er zu diesen Überzeugungen gelangen können?
Als sie die Reichweite des Feuers hinter sich gelassen hatten, war keine Spur mehr von Wolken oder dem kurzen Regenfall zu erkennen; lediglich die hoch hängende Wolke aus Ruß und Rauch über dem Wald verriet noch, wo das Feuer gewütet hatte. Und selbst die war zu dem Zeitpunkt, als sie Rast machten, hinter den Hügeln verschwunden. An einer Gabelung der Straße, am Fuß eines dichtbewachsenen Hangs, gönnten sie den Pferden eine Verschnaufpause und aßen von den Lebensmitteln in ihren Satteltaschen.
„Es wird schön, wieder zu Hause zu sein”, meinte Kennard träge.
Larry nickte. Er hatte immer noch Schmerzen von der ungewohnten Arbeit an der Feuerschneise, seine Hände waren voller Blasen.
„Meine auch”, sagte Kennard und zeigte mit kläglicher Miene seine Hände. „Obwohl man meinen sollte, daß sie mittlerweile abgehärtet genug sind. Der Waffenmeister der Stadtwache hätte wenig Mitleid mit mir. Er würde sagen, daß ich den Unterricht im Schwertkampf zu oft geschwänzt habe.”
Larry griff in die Satteltasche nach dem kleinen ErsteHilfe-Kästchen, das er mitgebracht hatte. Es war mit dem Emblem des medizinischen Hauptquartiers geschmückt, und Kennard betrachtete es argwöhnisch, während Larry es öffnete und zwischen den Tuben und Fläschchen herumwühlte.
„Hier. Versuch das für deine Blasen”, schlug er vor und begann den Puder auch auf seine Wunden aufzutragen. Kennard folgte seinem Beispiel und roch argwöhnisch an dem Antiseptikum.
„Darf ich mal sehen?” Kennard untersuchte die Flaschen und Tuben mit großer Neugier. „Dein Volk macht wirklich die seltsamsten Sachen!”
„Ein paar von euren sind ebenso seltsam”, gab Larry zurück. „Die Vorstellung von Telepathie ist mir immer noch unheimlich. Und von Teleportation.”
Kennard zuckte die Achseln. „Das denke ich mir, aber für mich ist das alles ziemlich normal.” Er sah zu seinem Vater. Valdir sah mittlerweile weniger abweisend aus. Er wandte sich um, nickte seinem Sohn zu, suchte in der Tasche seiner Jacke und warf etwas zu Kennard herüber. Kennard fing den kleinen Gegenstand auf - er war in Seide gehüllt und befand sich in einem schützenden Lederbeutel -, der sich als glänzendes blaues Juwel entpuppte.
„Natürlich bin ich nicht so gut darin wie mein Vater, aber dennoch… Hier, sieh dir das an.”
Zögernd berührte Larry das blaue Juwel. Es fühlte sich etwas warm an. Er zögerte, als er sich daran erinnerte, wie Valdir die Gedanken des sterbenden Waldhüters durchsucht hatte.
„Schon gut”, sagte Kennard beruhigend. „Du glaubst doch nicht, daß ich dir weh tun würde, oder?”
Larry, der sich seiner Angst schämte, sah in das
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