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Kräfte der Comyn - 12

Kräfte der Comyn - 12

Titel: Kräfte der Comyn - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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schloß die Augen und hielt wie ein Toter den Atem an. Er nahm das Tablett und hinkte hinaus.
Kennard schüttelte mit mitleidiger Miene den Kopf. „Ich nehme an, du hast das alles verstanden? Es bedeutet, daß sie sein Bein amputieren müssen, sonst wird er sterben.”
„Und das ist verdammt unnötig!” sagte Larry nachdrücklich. „Er braucht lediglich Antibiotika und Sterilisierung der Wunde…” Plötzlich fuhr er auf.
„Kennard! Den Topf, in dem sie den Honig gebracht haben, hast du den noch?”
„Ja.”
„Ich kann mit Zunder und Feuerstein kein Feuer machen. Aber kannst du eines machen? Ein kleines, in dem Topf? Um ein Messer zu sterilisieren und Wasser heiß zu machen?”
„Was hast du…”
„Ich habe eine Idee”, preßte Larry zwischen den Zähnen hervor, „und die könnte funktionieren.” Er nahm das ErsteHilfe-Kästchen aus der Tasche. „Ich habe antiseptischen Puder dabei und Antibiotika ebenfalls. Nicht viel. Aber wahrscheinlich genug, wenn man bedenkt, daß dieser Bursche einen solchen Klauenhieb überlebt hat und immer noch herumspaziert. Er muß eine Konstitution haben wie…, wie einer dieser Bäume ringsum, um das durchzustehen.”
„Larry, wenn wir ein Feuer anmachen, werden sie uns möglicherweise umbringen!”
„Darum lassen wir es zugedeckt in dem Topf. Der alte Mann machte einen intelligenten Eindruck - derjenige, der Darkovanisch gesprochen hat. Wenn wir ihm zeigen, daß es unmöglich aus dem Topf heraus kann…”
Kennard begriff. „Zandrus Hölle, das könnte funktionieren, Larry! Aber, bei den Göttern, bist du denn als Wundheiler bei deinem Volk ausgebildet, so wie mein Vetter Dyan Ardais?”
„Nein. Dieses Wissen ist aber unter Jungen meines Alters ebenso normal wie…” Er suchte verzweifelt nach einem Vergleich, und Kennard, der seinen Gedankengängen wie üblich folgte, sagte: „Wie die Kenntnis des Schwertkampfs bei uns?”
Larry nickte. Dann begann er damit, Anweisungen zu erteilen: „Wenn der Bursche schreit, dann haben sie uns, und wir werden keine Chance mehr bekommen, unsere Arbeit zu beenden. Du und ich werden auf ihn springen und verhindern, daß er auch nur einen Ton von sich gibt. Dann sitzt du auf ihm, während ich sein Bein behandle. Wir haben nur eine einzige Chance zu verhindern, daß er schreit - also verpatze sie nicht.”
Am Abend waren ihre Vorbereitungen abgeschlossen. Das Licht war unzureichend, und Larry hatte Bedenken, aber der Widerschein aus dem Topf half ein wenig. Sie warteten atemlos. War ihr Aufseher abgelöst worden? War er an den Folgen der schrecklichen Verletzung gestorben? Nein, nach einer Weile hörten sie seinen charakteristisch hinkenden Schritt. Die Tür ging auf.
Er sah den Topf und das Feuer. Er öffnete den Mund, um zu schreien.
Aber der Schrei drang nie über seine Lippen. Kennard legte ihm den Arm um die Kehle und knebelte ihn mit einem behelfsmäßigen Knebel, einem Streifen Stoff, den sie von Larrys Hemd abgerissen hatten. Larry war etwas mulmig zumute. Er wußte, was getan werden mußte, aber er hatte noch niemals zuvor etwas auch nur entfernt Ähnliches getan. Er hielt das Messer ins Feuer, bis es rotglühend war, dann ließ er es etwas abkühlen, biß die Zähne zusammen und machte einen langen Schnitt an der schwärenden Wunde.
Auf der Stelle flöß ein Schwall grünlicher, stinkender Flüssigkeit aus dem Bein heraus. Larry wischte ihn ab. Es hatte den Anschein, als wollte der Strom des übelriechenden Eiters gar nicht enden, und es war ein ekelhaftes Geschäft, aber schließlich war der Eiter mit Blut vermischt, und er konnte sauberes Fleisch darunter sehen.
Er spülte die Wunde wiederholt mit heißem Wasser aus dem zweiten Topf aus; als sie so sauber war, wie er sie machen konnte, streute er antibiotisches Puder hinein, bedeckte sie mit dem saubersten Tuch, das er hatte - einem Stück Mull, das im Kästchen gewesen war -, und nahm dem Mann den Knebel aus dem Mund.
Der Mann hatte schon lange aufgehört, sich zu bewegen. Nun lag er verblüfft und fassungslos da und blinzelte auf sein Bein hinab, wo nun nur noch eine saubere Wunde zu sehen war. Plötzlich stand er auf, verbeugte sich ein halbes dutzendmal vor den beiden Jungen und ging wieder hinaus.
Larry ließ sich erschöpft zu Boden sinken. Er überlegte sich, ob das, was er getan hatte, wirklich ihr Leben gefährden konnte. Die Gebräuche der Waldläufer waren so verschieden von ihren, daß man wirklich nicht sagen konnte, ob sie dies als ebenso schlimme Tat wie

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