Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
kundzutun, aber diese unmögliche Frau löste einen derartigen Widerspruchsgeist in ihm aus, dass er das Überraschungsmoment auf seiner Seite haben wollte.
Sie war immer noch unverändert schön, genau wie er sie in seiner Erinnerung wieder und wieder beschworen hatte im Laufe dieser vergangenen Monde. Auch erschöpft von der Reise und ausgelaugt, wie sie sein musste, und mit Gewändern von einem Schnitt, den man seit König Stephan nicht mehr bei Hof gesehen hatte, hätte Maris von Langumont immer noch heller gestrahlt als jede andere Dame bei Hofe, wäre jemand nur zugegen gewesen, um sie zu sehen. Vielleicht mit Ausnahme von Königin Eleonore ... aber auch Maris würde viele dazu bringen, sich zwei oder drei Mal nach ihr umzuschauen, selbst in Gegenwart der Königin.
Ja, die Frau war wunderschön ... und temperamentvoll ... und listenreich ... und, ja, intelligent – obschon die meisten Männer das nicht als vorteilhaft betrachten würden. Bei ihr ging selbst ihm die Geduld allzu schnell aus und sie war etwas zu feurig, ihre Zunge zu spitz und sie zu scharfsinnig. Es fiel Dirick da erst auf, wie oft er sich schon insgeheim geschworen hatte Maris von Langumont zu erwürgen und er musste kurz auflachen.
„Mylord“, unterbrach Merrens Stimme seine Gedanken. „Bleibt jetzt nah bei mir und ich werde Euch die Stelle zeigen.“
Jedweder Gedanke an Maris war wie fortgeblasen und Dirick trieb Nick nach vorne, so dass er Brust an Brust mit dem Reittier des Boten ging. „Die Leichname befinden sich hier?“
„Ja, Mylord, dort.“ Merren zeigte auf zwei kleine Haufen, die der Schnee dort leicht bedeckte.
Sie näherten sich den Leichnamen von Sir Harris von Bristol und seinem Schildknappen. Die Nachricht vom Tod beider hatte die Audienz des Königs mit Maris unterbrochen. Als Heinrich erfuhr, dass man sie in einer ähnlichen Anordnung vorgefunden hatte wie den Leichnam von Harold von Derkland, entsandte er Dirick augenblicklich an den Ort des Verbrechens.
Dirick stieg jetzt ab und befahl Nick stehen zu bleiben, während er sich mit äußerstem Bedacht auf den größeren der zwei Leichname zubewegte. Der Neuschnee, der den Mann bedeckte, war nicht dicht genug, um die Blutspritzer zu verbergen, die den älteren, schon vereisten Schnee verfärbten. Noch war angesichts der Stellung von dem Mann und der seines Knappen hier ein Irrtum möglich.
Es war alles genau so, wie man es bei den zurückliegenden Vorkommnissen beschrieben hatte: beide Männer lagen bäuchlings hilflos auf der Erde, mit den Armen nach oben verrenkt, bis über ihre Köpfe, jede Hand hielt eine Hand des anderen fest. Es sah aus, als wären sie irgendwie aus großer Höhe herabgefallen und hätten sich dabei an den Handgelenken festgehalten. Sir Harris hatte man den Hals gebrochen und die Kehle durchschnitten, so dass sein Kopf auf grausame Weise nach hinten auf seine Schultern gekippt werden konnte, auf den starr nach oben gerichteten Blick fiel der herabfallende Schnee.
~*~
„Versucht diesen hier, Herrin.“ Agnes kniete Maris vor den Füßen und hielt einen kunstvoll gearbeiteten Lederschuh in der Hand.
Maris glitt mit dem einen Fuß in den bestickten Schuh, dann mit dem zweiten Fuß in den anderen. „Sie passen ausgezeichnet“, sagte sie da. „Ich war mir nicht so sicher, wo wir doch solche Eile bei der Herstellung hiervon hatten, aber Lady Madelyne hatte mir versichert, der Schuster würde all meine Wünsche gut ausführen.“
„In der Tat, genau wie die Näherinnen“, nickte ihre Zofe zustimmend, als sie aufstand, um ihre Herrin zu betrachten. „Das Gewand kleidet Euch gut, Herrin.“
„Zumindest ist es etwas modischer“, erwiderte Maris mit einem Schulterzucken. Aber sie war zufriedener, als ihre Worte den Anschein gaben.
Auf Lady Madelynes Anraten hin hatte sie einen Schneider und seine Näherinnen angeheuert, um ein Gewand aus den Stoffen zu schneidern, die sie von Langumont mitgebracht hatte. Jetzt – nur zwei Tage nach ihrer Ankunft – glich ihre Aufmachung schon eher der von den anderen Damen, die sich in den Gemächern der Königin um diese drängten.
Das Untergewand und der Bliaut waren enger geschnitten als ihre früheren Gewänder, was ihr ein wenig Unbehagen bereitete, angesichts der Tatsache wie eng sie sich um ihre Brüste und Hüften schmiegten. Der Gürtel aus Gold reichte ihr dreimal um die Taille und seine Enden hingen fast bis zum Boden herab. Und die Ärmel
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