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Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin

Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin

Titel: Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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erschöpft seid, Mylady?“, fragte Sir Victor gerade zum wahrscheinlich zwölften Mal, seit sie das Eingangstor von Langumont passiert hatten.  
    „Nein“, erwiderte sie zum zwölften Mal, zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Um die Wahrheit zu sagen, war sie müder davon geworden, Hickory von einem munteren Trab – oder gar einem schnellen Galopp – abzuhalten, nach dem die Stute ebenso lechzte wie ihre Herrin.  
    Von der Seite warf Maris einen Blick zu dem Mann hin, der ganz entspannt neben ihr her ritt. Er saß aufrecht hoch zu Ross, hielt die Zügel locker in der Hand, wobei er seinem Blick gestattete, über die Dorfbewohner und die Häuser der Ansiedlung zu wandern.  
    Victors Kappe aus glattem Haar, so bleich wie der Weizen, der auf den Feldern Langumonts wuchs, bewegte sich kaum, als er in seinem Sattel auf und ab wippte. Er war durchaus nicht hässlich zu nennen, musste sie sich eingestehen – genauer gesagt war er ein recht netter Anblick. Er schien auch einen ausgeglichenen Charakter zu haben, auch wenn er wie ihre Mutter dazu neigte, sie zu beschützen, als wäre sie ein Kind. Es war Victor gewesen, der den Ausritt vorgeschlagen hatte und Maris – die sich schon ein schnelles Wettrennen über das große Feld im Nordwesten in Richtung Wald ausmalte – hatte mit Begeisterung zugestimmt. Aber, oh je, als sie Hickory die Zügel lang schießen ließ und sie sich, kurz nachdem sie die Burgmauern hinter sich gelassen hatten, in einem Trab in Bewegung setzte, hatte ihr Begleiter sich zu ihr rüber gebeugt und hatte ihre Stute durch festes Zupacken an ihren Zügeln zu einer langsameren Gangart gezwungen .  
    Es hatte sie jedes Quäntchen eiserner Selbstbeherrschung gekostet, die sie besaß, um nicht wie eine Furie über ihn herzufallen. Stattdessen hatte Maris, eingedenk der Wünsche ihres Vaters, ihre wütenden Worte ob seiner Anmaßung heruntergeschluckt und sich widerstandslos auf die langsame Gangart eingelassen. Vielleicht wusste er nicht von Frauen, die sich wie sie auf einem Pferderücken wie zu Hause fühlten, dachte sie bei sich, als sie sich vorsichtig ihren Weg an der Hauptstraße des Dorfes entlang bahnten.  
    „Einen guten Tag, Mistress Beth“, rief sie in Englisch der Frau des Hufschmieds mit einem Handwinken zu.  
    „Auch Euch einen guten Tag, Herrin“, antwortete die andere Frau mit einem strahlenden Lächeln. Sie hatte ihr jüngstes Kind an der Hand und machte dem Kleinkind klar, auch er solle der großen Dame zuwinken, die gerade vorbeiritt.  
    „Ihr gebt Euch viel zu vertraulich mit den einfachen Leuten, Mylady“, murmelte Victor angewidert. „Und warum um Himmels Willen wünscht Ihr denn ihre grobe Sprache zu sprechen?“  
    Maris starrte ihn schockiert an. „Und wie sonst sollte ich mich denn mit ihnen verständigen, wenn ich nicht ihre Sprache spreche?“, purzelte es aus ihr heraus.  
    Victor drehte sich überrascht zu ihr um. „Wie ich – und der Rest des Adels – es tun: mit Hilfe eines Übersetzers. Es wäre nur zu Eurem eigenen Vorteil, dass Ihr, wenn Ihr an den Hof kommt, vergesst, dass Ihr Englisch sprecht ... andernfalls werdet Ihr Euch und damit auch mich zum Gespött der Leute machen.“  
    Maris starrte ihn jetzt wütend an. „Dann dürfte mein Vater in Euren Augen nicht zum Adel gehören, denn es war eben genau er, der mich dazu ermuntert hat, die Sprache zu lernen. Er selbst spricht sie noch besser als ich!“  
    Victors Antlitz verfärbte sich ganz leicht. Es hätte im Grunde auch nur eine besonders kalte Windböe sein können, die seine Wangen rosa färbte. Er sah überrascht aus. „Mylady, ich–“  
    „Es ist nur zu meinem Besten, Sir Victor, mich auf niemanden zu verlassen als auf mich selbst, wenn es um das geht, was man so zu mir spricht. Übersetzer sind dafür bekannt, dass sie die Wörter anderer zu ihren eigenen verdrehen. Selbst der König und die Königin lesen und schreiben ihre Worte selbst, sprechen die Sprache ihrer Untertanen ebenso wie ihre eigene.“  
    „Lady Maris–“  
    Sie ließ ihn nicht ausreden. Ihr Temperament war jetzt mit ihr durchgegangen und die Wünsche ihres Vaters wurden jetzt von ihr in den Wind geschlagen. „Und ich bin die Herrin auf Langumont“, sie setzte sich in ihrem Sattel zu ihrer ganzen, kleinen Länge auf. „Es bekümmert mich nicht, was die Ladys – oder auch die Männer – bei Hofe von mir denken könnten. Und ganz besonders wenig bekümmert es mich, ob Ihr zum Gespött werdet,

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