Diagnose negativ
1.
Oberst Torpentouf war am Apparat. Da er die Mütze abgenommen hatte, entsprach sein durchweichter Anzug noch weniger den Dienstvorschriften als sonst. Sein vollwangiges Gesicht mit den kindlichen Zügen war schweißüberströmt und glänzte auf dem Bildschirm.
»Ist Ihre Klimaanlage ausgefallen, Mike?« fragte ich teilnahmsvoll. »Oder …«, ich erlaubte mir ein Schmunzeln, »oder hat Ihnen Ihre Frau zum zweitenmal Drillinge geschenkt?«
»Machen Sie keine Witze«, stöhnte der korpulente Mann.
»Ich meine es gut, Mike«, beteuerte ich. »In Ihrer Eigenschaft als Wunderknabe der GWA sollten Sie den Ernst meiner Fragestellung erkennen.«
Torpentouf, Kommandant des neuen GWA-Raumhafens in der Gila-Wüste, genannt »Gila-Space-Center«, war sichtlich bemüht, eine treffende Verwünschung zu finden. Anscheinend fand er nicht sofort den richtigen Ausdruck und entgegnete deshalb nur:
»Hitze, verteufelte Hitze! Bei Ihnen auch?«
Leutnant Storch, mein Erster Astronaut, verkniff sich ein Lachen.
»Keine Spur«, wehrte ich ab. »Wir haben einundzwanzig Grad Celsius in der Kabine. Okay, Mike, was gibt es?«
Sein Tonfall veränderte sich um eine Nuance. Mir wurde klar, daß Mike Torpentouf nicht ausschließlich über sein »Dampfbad« berichten wollte. Er gehörte zu den Männern mit einem grundsätzlich täuschenden Äußeren. Wenn er nicht ein fähiger Offizier gewesen wäre, hätte ihn der Chef nicht zum Kommandanten des Gila-Space-Center ernannt.
Vor etwa vier Wochen hatten wir endlich unseren eigenen Raumhafen erhalten. Ein beachtlicher Vorteil, wenn man bedenkt, welche Kompetenzstreitigkeiten es auf der nahen Nevada-Basis gegeben hatte.
Die Gila-Fields waren nicht so groß und gewaltig, doch dafür hatte man uns mit den supermodernsten Werften und Startpisten ausgerüstet. Außerdem waren wir hier unsere eigenen Herren. Es lag nun einmal im Wesen der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr, daß sie gegenüber anderen Behörden allerlei zu verbergen hatte. So waren wir durchaus nicht daran interessiert gewesen, die geheimen Neuentwicklungen des wissenschaftlichen GWA-Korps in aller Öffentlichkeit darzubieten.
Oberst Torpentouf trug eine große Verantwortung. Sein Wort war auf den Gila-Fields Gesetz.
Natürlich gehörte er nicht zu den aktiven Einsatzagenten der GWA. Was mit anderen Worten bedeutete, daß er im Notfall von einem untergeordneten Offizier Befehle entgegenzunehmen hatte. Wir hofften jedoch, daß ein solcher Fall nicht eintreten würde.
Dennoch sah es im Augenblick so aus, als müßte ich im Interesse meiner festumrissenen Befehle unserem bewunderten Drillingsvater eine klare Anweisung geben. Das hatte Torpentouf nicht verdient, natürlich nicht.
So schluckte ich die Bemerkung hinunter und fragte erst einmal zurück, was seine Andeutungen wohl zu bedeuten hätten.
»Wie war das, bitte?« erkundigte ich mich.
»Sie müssen warten, tut mir leid. Die Transporter müssen zuerst abgefertigt werden. Ich kann die Fernsteuerstation nicht überlasten. Oder wollen Sie mit Manuell-Lenkung in den Raum donnern?«
Ich sah zum Ersten Astronauten hinüber. Leutnant Storch, schien nicht davon begeistert zu sein, das schnelle Kurierboot ohne Fernsteuerhilfe in den Raum zu bringen. Das einstufige Schiff war nicht dafür erschaffen, mit nur geringen Andruckwerten zu starten. Ich hatte so meine Erfahrungen mit den relativ kleinen Raumfahrzeugen, die praktisch nur aus einem leistungsfähigen Atomtriebwerk und einer engen Kabine bestanden.
Ich zog das Mikrophon des Bildsprechgerätes näher vor die Lippen. Gleichzeitig kam auch
Weitere Kostenlose Bücher