Kreative Bodenarbeit - Tillisch, K: Kreative Bodenarbeit
Muskulatur des Reiters) vermehrt mit Gegendruck (ins Gebiss stemmen und ab durch die Mitte) reagiert, fallen auch wir Menschen in unser unbewusstes Verhaltensmuster zurück: „Beute bloß nicht loslassen!“ Also klammern wir uns fest, machen ein Heidengeschrei, damit der Rest unseres „Rudels“ uns zu Hilfe eilt, und versuchen, die Sache mit Kraft zu lösen. Das ist unser Verhaltensmuster, in das wir automatisch in einer entsprechenden Gefahrensituation verfallen. Denn auch bei uns sind die letzten 10.000 Jahre (von denen wir 5.000 Jahre lang diese Verhaltensmuster noch zum Überleben brauchten) evolutionstechnisch ein absoluter Klacks und auch unser viel gerühmter Verstand kann uns nicht davor schützen, in Extremsituationen dem Instinkt doch den Vorzug zu geben.
Aber für jedes Problem gibt es eine Lösung, und diese heißt: Konditionierung – für Pferd und Mensch! Durch das gezielte Herbeiführen von Schrecksituationen können Pferd und Mensch gemeinsam lernen, diese auch außerhalb des vorgegebenen Verhaltensmusters zu bewältigen. Wenngleich keine der im Folgenden vorgestellten Übungen ein in Todesangst geratenes Pferd vom Losstürmen abhalten wird, so können sie dennoch helfen, die kleinen Schreckmomente des Alltags besser zu überstehen und das Miteinander von Pferd und Mensch ungefährlicher zu gestalten.
Gerade beim Anti-Schreck-Training darf man nie „mit der Tür ins Haus fallen“, da man sonst das Vertrauen, das man bisher zu seinem Pferd aufbauen konnte, binnen Sekunden wieder verlieren wird. Nie darf man die Sichtweise des Pferdes vergessen: Ein guter Chef bringt seine Herde erst gar nicht in eine gefährliche Situation, sondern wendet diese vorher ab.
Deshalb beginnen wir hier mit sehr einfachen Übungen und Gegenständen, die wir dem Pferd zuallererst auch im Round Pen präsentieren. Hier kann das Pferd sich in der ruhigen und vertrauten Umgebung ohne äußere Störfaktoren mit den neuen Reizen auseinandersetzen. Erst wenn alles im Round Pen klappt, gehen wir mit den Gegenständen auf den Reitplatz. Und zum Schluss kann man diese „Schreckhindernisse“ sogar an ausgesuchten Stellen im Gelände platzieren – und ohne großen Aufwand hat man einen tollen „Naturtrail“ gezaubert.
Völlig gelassen marschiert die Araberstute mit ihrer Besitzerin im Naturtrail über Stock und Stein – und Plastikplane.
Wenn’s flattert und knistert …
Plastikplane
Nutzen Sie, wenn Sie Ihr Pferd an etwas Neues gewöhnen wollen, die unersättliche Neugierde, die jedem Pferd innewohnt – und auch die unglaubliche Verfressenheit:
• Falten Sie die Plane (festes Material, circa 3 mal 3 Meter groß) so klein wie möglich zusammen und legen Sie sie in die Mitte des Round Pen.
• Platzieren Sie einige Karotten oder Äpfel auf der Plastikplane.
• Arbeiten Sie mit Ihrem Pferd auf gewohnte Weise im Round Pen.
• Währenddessen gehen Sie immer mal wieder kurz zu der Plane, stellen sich geräuschvoll darauf und beißen ein Stück von einem Apfel ab.
• Ihr Pferd wird binnen Sekunden den neuen Gegenstand hochinteressant finden, da aus diesem Wunderteppich anscheinend Leckereien herauskullern.
• Wenn Sie das Pferd in die Mitte bitten, gehen Sie mit ihm zusammen zu der Plane und lassen es den neuen Gegenstand selbst inspizieren. Versuchen Sie nicht, das Pferd dazu zu animieren, auf die Plane zu treten, und rascheln Sie auch nicht damit.
• Sobald das Pferd den Kopf senkt und die Plane aus freien Stücken berührt, loben Sie es ausgiebig, geben ihm den Rest des Apfels und beenden die Übung für diesen Tag.
Neugierig inspiziert Starlight die zusammengelegte Plastikplane …
... und wagt dann einen Schritt darüber.
Bereits beim zweiten Durchgang können wir die Plane vergrößern.
Ja, so unspektakulär sieht das zu Beginn aus! Kein Wunder, dass man so etwas nie im Fernsehen oder in den Guru-Shows sieht. Denn es ist zum Zuschauen wirklich langweilig.
Beim nächsten Round-Pen-Training breiten Sie die Plane etwas weiter aus und legen am Ende nach dem Hereinbitten des Pferdes wieder einen Apfel mittig darauf. Nun wird das Pferd bereits mit einem Fuß auf die Plane treten müssen, um den Apfel zu erhaschen.
Erst beim dritten Training legen Sie dem Pferd ein Halfter und einen langen Strick an und führen es bewusst an die Plane heran, die nun so groß ausgebreitet ist, dass das Pferd nicht einfach einen großen Schritt darüber machen kann.
Nun bitten Sie Ihr Pferd mit dem
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