Kreative Bodenarbeit - Tillisch, K: Kreative Bodenarbeit
Sie sich vor, eine Reihe von Soldaten führt ihre Pferde nebeneinander. Außer direkt von vorn und direkt von hinten hätte kein Feind eine Chance, die Soldaten zu treffen. So unschön es auch klingen mag: Durch das seitliche Führen wurden die Pferde als Kugelfang genutzt.
Aus Sicherheitsgründen soll ein Pferd nach den Grundsätzen der Reitlehre außerhalb des Stalls und der Reitanlage immer nur an der Trense geführt werden. Im Detail soll das Führen wie folgt aussehen: Der Mensch stellt sich auf der linken Seite direkt neben den Kopf des Pferdes. Die rechte Hand ergreift die Zügel etwa eine Handbreit unter dem Kinn des Pferdes. Der Rest der Zügel wird in dieser Hand in kleine Schlaufen genommen und so festgehalten. Die freie Hand dient dazu, dem Pferd Richtungswechsel anzuzeigen. Pferd und Reiter gehen dann möglichst im Gleichschritt.
Wendungen erfolgen ausschließlich nach rechts. Hierzu wird die linke Hand vor dem Kopf des Pferdes angehoben und ein Bogen nach rechts wird eingeschlagen. Der Bogen sollte so großzügig gewählt werden, dass der Bewegungsfluss des Pferdes nicht unterbrochen wird.
Gern wird argumentiert, dass das „Hinterherführen“ des Pferdes immens gefährlich sei. Das Pferd könnte ja erschrecken und den Menschen dann über den Haufen rennen. Im Prinzip ist dies richtig, sofern die Gefahr direkt von hinten kommt. Ansonsten ist das seitliche Führen aber ebenfalls gefährlich, da es immer passieren kann, dass das Pferd seitlich gegen den Menschen springt oder unkontrolliert wegzieht.
Das Vorausschicken
Diese Führposition hat sich im Laufe der vielen Showjahre zwischen mir und Shadow eingependelt. Ich kann ihm aber nur deshalb erlauben, die „Nase vorn zu haben“, weil bei uns die Rangfolge ganz deutlich geklärt ist.
Beim Vorausschicken geht der Mensch an der Schulter des Pferdes, der Führstrick hängt leicht durch. Gelenkt wird nahezu ausschließlich über die Stimme und eindeutige Körpersignale.
Diese Führposition ist vor allem dann von Vorteil, wenn man vom Pferd viele Lektionen von der Seite abfragt. Auch bei verschiedenen Trailübungen wie Engpass, Brücke, Wippe und noch vielem mehr kann das Schicken des Pferdes ganz neue Möglichkeiten eröffnen, diese Lektionen zu bewältigen. Und auch beim Verladen entstehen aus dem Vorausschicken nur Vorteile. Absolute Mindestvoraussetzung für das Einstudieren jedoch ist, dass die Rangfolge zwischen Pferd und Mensch hundertprozentig geklärt ist.
Dann studieren Sie diese neue Führposition wie folgt ein: Stellen Sie sich neben die Schulter Ihres Pferdes. In der dem Pferd zugewandten Hand halten Sie den Führstrick in Schlaufen gelegt, in der anderen Hand eine Gerte. Tippen Sie nun das Pferd sanft mit der Gerte am Hinterschenkel an, geben das Kommando „Gehen!“ und laufen dann selbst los. Sobald Ihr Pferd sich nun in Bewegung setzt, loben Sie ausgiebig.
Zum Anhalten nehmen Sie die Gerte nach vorn, halten Sie sie dem Pferd vor die Brust und geben das Kommando „Steh!“. Sobald das Pferd stehen bleibt, lassen Sie die Gerte in eine neutrale Position zwischen sich und das Pferd sinken und loben es.
Wendungen nach innen vollführen Sie einfach, indem Sie sich langsam auf dem Absatz herumdrehen und warten, bis auch Ihr Pferd den Bogen vollendet hat und wieder auf Schulterhöhe mit Ihnen ist. Geben Sie für diese Wendung das Stimmkommando „Rein!“.
Wendungen nach außen leiten Sie ein, indem Sie die Gerte schräg vor den Kopf des Pferdes halten und es mit der anderen Hand sanft mit dem Stimmkommando „Rum!“ zum Richtungswechsel „anschubsen“.
Je klarer Sie bei dieser Führweise die Stimmsignale geben, umso schneller wird Ihr Pferd nur noch auf diese reagieren und Hilfen mit der Gerte werden überflüssig!
Eine Frage der Höflichkeit
Auch wenn man es in der modernen Gesellschaft kaum mehr glauben mag: Höflichkeit führt zum Erfolg! Leider sterben die guten Umgangsformen unter uns Menschen langsam aus. Die „Ellenbogengesellschaft“ ist längst Realität geworden, Höflichkeit wird von großen Teilen der Bevölkerung eher sogar als Schwäche angesehen.
Im Zuge dieser neuen Entwicklung verloren wir aber nicht nur die Höflichkeit und den Respekt von Mensch zu Mensch, sondern auch den uns anvertrauten Tieren gegenüber. Höflichkeit gegenüber einem Tier hat viele Formen, aber alle gründen sich in tiefem Respekt vor dem anderen Lebewesen. In einer Zeit jedoch, in der das Tier sogar per Gesetz eine „Sache“
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