Kreative Bodenarbeit - Tillisch, K: Kreative Bodenarbeit
ist, wird es leider oft auch als solche behandelt. Wenn ich mich auf manchen Turnieren umsehe, wie unglaublich respektlos selbst „große“ Reiter mit den ihnen anvertrauten Pferden umgehen, dreht sich mir der Magen um.
Alle erwarten, dass das Pferd Respekt vor dem Menschen hat und ihm bedingungslos gehorcht. Aber wie kann man jemanden respektieren, der nur auf den eigenen Vorteil, den eigenen Ruhm aus ist? Und dieses Ziel sogar auf Kosten des Pferdes rigoros und ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt?
Mich wundert es wahrlich nicht, dass viele Pferde ihre Besitzer mit angelegten Ohren begrüßen – oder ihnen demonstrativ das Hinterteil zudrehen. Anstatt dass diese Menschen aber dann darüber nachdenken, was sie wohl falsch gemacht haben, wollen sie diese angebliche „Unverschämtheit“ mit hartem Training, Strafe oder dem neumodischen „Dominanztraining“ ahnden.
„Solange Menschen denken, dass Pferde nicht fühlen, fühlen Pferde, dass Menschen nicht denken“, heißt es in einem Sprichwort. Höflichkeit muss von beiden Seiten kommen. Ich habe bisher bei meinen eigenen Pferden, aber auch Trainings- und Kurspferden bemerkt, dass man auf eine höfliche Bitte auch eine höfliche Reaktion erhält. Denken Sie daran, wenn Sie mit Ihrem Pferd die nun folgenden Lektionen einstudieren.
Nur durch ein höfliches und respektvolles Miteinander kann vertrauensvolle Partnerschaft entstehen.
Ein Schritt auf das Pferd zu und das Anheben der Hand reichen in den meisten Fällen aus, damit das Pferd mit der Hinterhand weicht.
Weichen mit der Hinterhand
Die erste Frage der Höflichkeit ist das Weichen mit der Hinterhand. Hierzu trägt Ihr Pferd sein Arbeitshalfter und einen Bodenarbeitsstrick.
• Stellen Sie sich nun seitlich an das Pferd, wobei Sie einen Abstand von etwa einem Meter wahren sollten.
• In der dem Pferd zugewandten Hand halten Sie den Strick locker, in der anderen Hand halten Sie das Ende des Stricks mit der kleinen Lederklatsche.
• Ziehen Sie Ihre Schulterblätter etwas zurück, atmen Sie tief ein, sodass der Brustkorb sich hebt, und sehen Sie fest auf die Hinterhand des Pferdes, während Sie einen Schritt darauf zu machen und die Hand mit der Lederklatsche etwas anheben.
• Meist reicht dieser rein energetische Druck schon völlig aus, um das Pferd zu einem seitlichen Schritt der Hinterhand zu veranlassen.
• Ist dies nicht der Fall, beginnen Sie, mit dem Ende des Seiles zu pendeln und gegebenenfalls mit der Lederklatsche auch die Kruppe des Pferdes zu berühren, während Sie Ihre Körperspannung erhöhen.
• Jetzt sollte auch ein deutliches Stimmsignal eingesetzt werden.
• Sollte Ihr Pferd auch auf diese Aufforderung immer noch Wurzeln schlagen, beginnen Sie, das Seilende wie einen Propeller zu schwingen und gehen dann weiter auf das Pferd zu, bis der Propeller sein Hinterteil berührt.
• Sollte es jetzt immer noch nicht weichen (ja, es gibt solch selbstbewusste Naturen!), verkürzen Sie den Propeller, sodass dieser das Pferd nicht mehr berührt. Schwingen Sie das Seil nun mit Maximalgeschwindigkeit. Ein brummendes, für das Pferd unangenehmes Geräusch wird entstehen. Außerdem setzt dieses schnelle Schwingen wieder jede Menge Energie frei, vor der das Pferd dann ausweicht.
• Nur wenn sich das Pferd nun immer noch nicht vom Fleck rührt, lassen Sie den Propeller ein einziges Mal mit voller Geschwindigkeit an seine Kruppe heran. Das tut dem Pferd nicht sehr weh, ist aber äußerst effektiv.
Egal, ab welcher Energiestufe das Pferd zu weichen beginnt – das erste Mal genügt ein Schritt. Sobald das Pferd diesen Schritt gemacht hat, senken Sie Hand und Strick und loben das Pferd. In der nächsten Trainingseinheit können Sie dann auch zwei bis drei Schritte verlangen. So steigern Sie die Anzahl der Schritte, bis Ihr Pferd eine komplette Wendung mit der Hinterhand ausführt – eine ideale Vorbereitung für die klassische Vorhandwendung, wie wir sie später im Trail brauchen werden!
Weichen mit der Vorhand
Das Weichen mit der Vorhand hat einen nicht verkennbaren psychologischen Effekt für das Pferd, da es nun auch tatsächlich in die Richtung gehen muss, in die es der Mensch schickt. Das Weichen der Vorhand ist somit ein viel stärkeres Dominanzmittel als das Weichen der Hinterhand.
Durch das Zugehen auf das Pferd wird es dazu veranlasst, mit der Vorhand zu weichen, …
…wobei die Hand am Hals-Schulter-Übergang unterstützend wirkt.
Und so
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