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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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Voraussetzung, um eine erfolgreiche Behandlungsstrategie entwerfen zu können.
    Aber nicht immer geht der Weg zur Therapie diesen geordneten Gang vom Labor ans Krankenbett. Manchmal ist die Medizin gezwungen, Abkürzungen zu nehmen. Krankheiten warten nicht, und die Kranken auch nicht. Über Jahrhunderte zwang die Not die Medizin zum Handeln, ohne dass sie über subtile Einblicke in die molekularen Mechanismen einer Krankheit verfügte, und dies ist vielfach auch heute noch der Fall.
    Darüber hinaus ist der menschliche Körper viel zu kompliziert, als dass es eine Gewähr dafür gäbe, ein im Labor entwickeltes Konzept oder Präparatauch erfolgreich am Krankenbett einsetzen zu können. Manipulationen von Menschen zum ausschließlichen Zweck der Forschung verbieten sich. Experimentelle Forschung ist daher immer auf Modelle angewiesen, und es gehört zur Natur eines Modells, die Wirklichkeit nur ausschnittweise und vereinfacht abzubilden. Aus den Mechanismen einer Krankheit können wir den Erfolg einer Behandlung nicht vollständig ableiten oder garantieren.
    Unbekannte Faktoren und Randbedingungen können eine Behandlung, die man in der Theorie stimmig entwirft oder im Laborversuch vielversprechend weiterentwickelt, in einem Debakel enden lassen. Die erhoffte Wirkung fällt wesentlich schwächer aus als erwartet, oder die Therapie führt zu unkalkulierbaren Nebenwirkungen, die den erwarteten Nutzen eines Medikaments unterlaufen und in sein Gegenteil verkehren.
    Neben dem Experiment ist daher die klinische Studie das zweite unentbehrliche Instrument medizinischer Forschung. Wenn ein neues Therapiekonzept entwickelt wird, muss es am Patienten kontrolliert und erprobt werden. Gibt es keine hinreichende Theorie über die Grundlage einer Erkrankung, dann kann eine solche klinische Studie auch einmal eine legitime Abkürzung zur Erkenntnis sein.
    Das Flaggschiff der klinischen Forschung
ist die sogenannte prospektive, randomisierte und kontrollierte Studie. Nahezu alle wirklich verlässlichen Erkenntnisse, die wir über die Wirksamkeit, die Erfolgsaussichten, aber auch die Risiken von Therapien haben, beruhen auf diesem Studienprinzip. Worum handelt es sich dabei?
    Das Prinzip der randomisierten Studie ist denkbar einfach, mag auch die korrekte und praktische Umsetzung oft außerordentlich kompliziert sein, sie ist bereits im Alten Testament beschrieben: Daniel stritt mit dem Chef-Eunuchen von König Nebukadnezar über die Essensrationen der Gefangenen aus Judäa. Ihre Mahlzeiten bestanden aus üppigen Speisen und Wein, aber Daniel wollte seine Soldaten mit Gemüse ernähren. Der Eunuch war besorgt, dass die spartanische Diät sich nachteilig auf ihre Leistungsfähigkeit in der Schlacht auswirken könnte. Daniel schlug daher ein Experiment vor, mit dem das Problem ein für allemal zu lösen wäre:

    Da sagte Daniel zu dem Mann, der den Oberkämmerer als Aufseher (…) eingesetzt hatte: Versuch es doch einmal zehn Tage lang mit deinen Knechten! Lass uns nur pflanzliche Nahrung zu essen und Wasser zu trinkengeben! Dann vergleiche unser Aussehen mit dem der jungen Leute, die von den Speisen des Königs essen. Je nachdem, was du dann siehst, verfahr’ weiter mit deinen Knechten! Der Aufseher nahm ihren Vorschlag an und machte mit ihnen die zehntägige Probe. Am Ende der zehn Tage sahen sie besser und wohlgenährter aus als all die jungen Leute, die von den Speisen des Königs aßen. Da ließ der Aufseher ihre Speisen beiseite und gab ihnenPflanzenkost. 4
    Es scheint naheliegend und verblüffend einfach, Patienten willkürlich in zwei Gruppen zu unterteilen, diese unterschiedlich zu behandeln und dann nach vorher genau festgelegten Kriterien auszuwerten, welche Behandlung die besseren Resultate erzielt hat. Daher verwundert es umso mehr, dass man diese Strategie lange Zeit nicht genutzt hat, um Therapien auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Bis weit ins 18. Jahrhundert entschied in erster Linie die Autorität des Lehrers oder der Schule über die Wertschätzung und den Einsatz einer Behandlung; eine empirische Überprüfung fand so gut wie nicht statt. 5 Bezeichnenderweise hatte die Medizin bis ins 18. Jahrhundert einen höchst zweifelhaften Ruf. Ärzte wurden gern und oft zu Recht als sogenannte Quacksalber zur Zielscheibe von Spöttern. Sich einer Therapie zu unterziehen barg nicht selten größere Risiken als die Krankheit. 6
    Lange Zeit fehlten der Medizin also die geeigneten Instrumente, sich dem Phänomen Krebs in

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