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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Wagen, aber man muß auch noch andere Sachen haben, und immer antwortet man uns: ›Sehen Sie, wie Sie zurechtkommen‹.«
    Peter setzte seinen Weg nach Gorky fort. Auf der Höhe angekommen, bemerkte er zum erstenmal Leute vom Landsturm im weißen Hemd, ein Kreuz auf der Mütze, welche laut lachend und schwatzend rechts von der Straße auf einem kleinen Hügel arbeiteten.
    »Man will jetzt mit dem ganzen Volk den Feind zurücktreiben«, sagte der eine.

164
    Peter stieg die Anhöhe hinauf, wohin ihn der Arzt gewiesen hatte. Es war elf Uhr morgens. Die Sonne beleuchtete durch die reine, klare Luft das lebensvolle Panorama, das sich vor seinen Augen ausbreitete. Links zog sich die große Straße von Smolensk nach Moskau hin, welche ein Dorf mit seiner weißen Kirche durchschnitt, das fünfhundert Schritte weiter vorwärts, am Fuße eines Hügels lag. Das war Borodino. Ein wenig weiterhin überschritt die Straße eine Brücke und stieg noch weiter hinab, bis zum Dorf Walujew, in einer Entfernung von fünf oder sechs Kilometern. Jenseits dieses Dorfes, wo in diesem Augenblick sich Napoleon aufhielt, verschwand die Straße in einem dichten Gehölz, aus welchem in der Sonne ein vergoldetes Kreuz hervorglänzte und der Glockenturm des Klosters Kolozk. In der blauen Ferne links und rechts von dem Wald und der Straße sah man die Wachtfeuer und die Massen unserer Truppen. Rechts, längs der Kolotscha und der Moskwa erblickte das Auge eine lange Reihe von Hügeln und Terrainfalten, inmitten welcher die Dörfer Bessubowo und Sacharino liegen, sowie die rauchenden Trümmer des Dorfes Semenowskoje.
    Das alles sah Peter in unbestimmten Umrissen. Es war kein Schlachtfeld, wie er es sich vorgestellt hatte, sondern offene Felder, Lichtungen, Gehölze, Dörfer, Bäche, so daß er trotz aller Mühe nicht entdecken konnte, wo in diesen lachenden Gefilden eigentlich unsere Stellung war.
    »Ich muß mich darüber erkundigen«, sagte er sich und wandte sich an einen Offizier, welcher neugierig die kolossale Gestalt mit dem wenig militärischen Äußeren betrachtete.
    »Unsere Stellung«, erwiderte der Offizier, »kann ich Ihnen deutlich angeben, denn ich habe alle Befestigungen erbaut. Sehen Sie, unser Zentrum ist in Borodino, dort!« Und er deutete auf das Dorf mit der weißen Kirche. »Hier ist der Übergang über die Kolotscha! Sehen Sie eine Brücke in jener kleinen Ebene mit den Heuhaufen? Das ist unser Zentrum. Unser rechter Flügel ist dort«, fuhr er fort, indem er nach dem Wald zur Rechten deutete. »Dort ist die Moskwa und dort haben wir drei starke Redouten errichtet. Unser linker Flügel ist etwas schwierig zu erklären. Gestern war er in Schewardino, wo Sie die große Eiche sehen, aber heute haben wir unseren linken Flügel zurückgezogen bis zu diesem verbrannten Dorf Semenowskoje. Gott mag wissen, ob auf diesem Punkt eine Schlacht stattfinden wird! Jedenfalls wird morgen mancher beim Verles fehlen.« »Da kommen sie! Da kommen sie!« riefen mehrere Stimmen. Offiziere und Soldaten eilten nach der Landstraße, eine Prozession kam aus Borodino heraus, die Anhöhe herauf.
    »Das ist die Mutter Gottes, unsere Beschützerin!«
    »Nein, das ist die Mutter Gottes aus Smolensk«, berichtigte ein anderer. Die Landsturmleute, die Dorfbewohner, die Erdarbeiter der Batterie, alle warfen die Schaufeln weg und liefen der Prozession entgegen. Voran marschierte Infanterie. Hinter ihr ertönten religiöse Gesänge, dann kamen die Geistlichen in ihren reichen Gewändern. Soldaten und Offiziere trugen ein großes Bild mit geschwärztem Gesicht, in Silber eingerahmt, hinter ihnen her. Das war das Heiligenbild, das man von Smolensk mitgenommen hatte. Zur Linken und Rechten drängte sich die Menge der Soldaten und Offiziere, welche sich bis zur Erde verneigten. Endlich erreichte die Prozession den Gipfel des Hügels. Die Träger des Bildes lösten sich ab, und das Tedeum begann. Ein leichter, frischer Wind spielte in den Haaren aller dieser unbedeckten Köpfe. Ein kleiner Raum hinter den Priestern war von den höheren Offizieren eingenommen. Ein kahlköpfiger General mit dem Georgenkreuz um den Hals stand starr und unbeweglich. Augenscheinlich war es ein Deutscher, denn er bekreuzigte sich nicht und schien geduldig das Ende der Gebete abzuwarten, das er aber notwendig fand, um die Stimmung der Soldaten zu heben. Peter bemerkte einige bekannte Gesichter. Als die Sänger zum zwanzigstenmal mit sichtlicher Ermüdung den Gesang anstimmten, zeigten

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