Krieger der Stille
fast körperlich – Aphykits Nähe; jetzt hielten sie sich auf demselben Planeten auf, und das dank dieses seltsamen im Wasser lebenden Geschöpfes, von dem er nichts anderes als den Rücken sah. Er lebte … Er hatte Hunger, war todmüde, aber er lebte!
Das Bild der Syracuserin vor Augen tröstete ihn über die langen monotonen Stunden hinweg, während das Ungeheuer, das ihm das Leben gerettet hatte, unermüdlich geradeaus schwamm. Tixu fragte sich, wohin ihn sein Retter bringen wollte. Eine müßige Frage, denn er hatte keine andere Wahl als ihm zu vertrauen. Und er nahm an, dass das Tier ihn nicht im Stich lassen werde, denn sonst hätte es sich kaum die Mühe gemacht, ihn zu retten. Dieses Tier schien zu wissen, was es tat. Nach und nach bildeten sich dunkle regenschwere Wolken am Himmel, und auf dem kaum bewegten Meer herrschte eine majestätische Stille, die nur vom leisen Auf klatschen der Flossenbewegungen seines Retters unterbrochen wurde.
Plötzlich hörte Tixu das schrille Kreischen eines Möwenschwarms. Sie spähten nach fliegenden Fischen aus, die die schaumgekrönten Kämme der Wellen streiften, und es gelang ihnen mit ihrer anmutigen Flugkunst, geschickt einige Fische zu erbeuten. Vergebens suchte Tixu
den Horizont nach der Küste des Kontinents Albar ab. Es gab keinen Horizont, er verschmolz, Grau in Grau, mit dem Ozean. Also lehnte er sich an den Knorpel und schlief wieder ein.
Plötzlich tauchte das Seeungeheuer ganz sanft ab, ohne das Meer aufzuwühlen. Doch das kalte Wasser versetzte Tixu einen Schock; er verlor den Kontakt zu seinem Retter, schwamm ziellos umher und fragte sich, warum sich der große Meeressäuger auf diese Weise von ihm befreit habe. Wohin er auch blickte, kein Land war in Sicht. Gewiss, er schwamm, doch ohne Hoffnung und ohne den zähen Überlebenswillen, der ihn noch vor ein paar Stunden bis zur Erschöpfung gegen das Ertrinken hatte ankämpfen lassen. Das Salz brannte in jeder Pore seiner Haut, und die Kälte drang ihm bis in die Knochen. Über ihm kreiste ein Schwarm safrangelber Seemöwen.
Da entdeckte er den runden und transparenten Rumpf einer Fischer-Aquakugel. Am Ruder stand ein Mann. Tixu wollte um Hilfe schreien, aber als er den Mund öffnete, verschluckte er eine Menge salzigen Wassers. Er wedelte mit den Armen. Umsonst! Diese vergeblichen Mühen kosteten ihn viel Kraft, und er brauchte noch etwas davon, um nicht zu ertrinken. Die Aquakugel kam auf ihn zu, von dem sanften Brummen des Motors begleitet. Er glaubte schon, dass dieses große Wassergefährt, das von einem schützenden Magnetschild umgeben war, der gleichzeitig für das Gleichgewicht sorgte, an ihm vorbeifahren würde, als es etwa zehn Meter vor ihm stoppte.
Eine runde Luke öffnete sich am Rumpf, und eine ferngesteuerte Boje wurde zu Wasser gelassen. Als sie neben ihm war, umschlangen ihn blitzschnell sich selbst öffnende und wieder schließende Rettungsringe. Dann wurde
er zur Aquakugel gehievt. Tixu hing wie ein nasser Hampelmann in den Ringen, bis er ziemlich rüde auf dem mobilen Fußboden im Inneren des Wasserfahrzeugs abgesetzt wurde.
Der Fischer warf eine Heißwasserdecke über Tixu.
»Stehen Sie nicht auf!«, sagte er mit näselnder Stimme in einem melodischen Naflinisch. »Ruhen Sie sich aus. Die Decke wird Ihnen wieder zu Kräften verhelfen. In ihr sind Essenzen regenerierender Pflanzen enthalten, ein unschätzbares Geschenk der Feen …«
Vor Kälte und Erschöpfung zitternd, blickte Tixu den Mann an. Der Fischer war groß und hatte breite Schultern. Er trug einen roten Overal, und seine Beine steckten in gelben hohen Gummistiefeln. Seine blasslila schräg gestellten Augen in seinem gebräunten Gesicht blitzten, und er hatte einen kurz gestutzten weißen Vollbart.
Zweifellos erkannte er die unausgesprochene Frage in Tixus Blick, denn er sagte: »Ich bin Kwen Daël, ein selpdikischer Fischer, und heiße Sie an Bord meiner Ozeankugel willkommen, in die Sie es dank der Hilfe der Feen geschafft haben.«
Als er diese Worte sprach, tauchte der riesige Meeressäuger in etwa dreißig Metern Entfernung von dem dümpelnden Wasserfahrzeug auf. Er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und schien einen Tanz aufzuführen, während er eine Art rauen Gesang anstimmte.
Der Fischer war unter seine Bräune blass geworden und murmelte entsetzt: »Bei der Fee Iradielle! Das kann nur ein … ein Monager sein! Ein Monager … Ein Riesen-meeressäuger! Und so nah an der Küste!«
Tixu vergaß
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