Krieger der Stille
Vorstellungskraft der einheimischen Fischer zurückzuführen ist, umso mehr, weil sie mit einer Sage verwoben ist, die von einem Aufenthalt Sri Lumpas auf Selp Dik berichtet. Bemerkenswert ist außerdem, dass das Wort »Monager« zu Beginn der Shari-Ära in die Umgangssprache aufgenommen wurde. Es bezeichnet ein Lebewesen, das seine Kraft und seine Energie zum Wohle der Allgemeinheit einsetzt.
Universallexikon pittoresker Wörter und Redewendungen
Akademie der lebenden Sprachen
A ls Tixu das Bewusstsein wiedererlangte, war er nackt und befand sich unter Wasser – einem eisigen, salzigen Wasser. Trotz rasender Kopfschmerzen und dem Gefühl, außerhalb seines Körpers zu sein – dieser berüchtigte Gloson-Effekt –, strampelte er reflexartig mit Armen und Beinen, um an die Wasseroberfläche zu gelangen, weil er zu ersticken drohte.
Vor seinen Augen breitete sich ein roter Schleier aus. Er hatte das Gefühl, seine Lungen würden gleich platzen und er glaubte, ertrinken zu müssen. Er hatte Angst, dass dieses Meer zu seinem Grab werden würde. Doch dann – schon halb bewusstlos – schnellte er an die Oberfläche empor und atmete gierig, während er heftig auf die brandenden Wogen einschlug, um nicht wieder unterzugehen.
Geofo Anidolls alter Deremat hatte ihn inmitten des selpdikischen Ozeans abgesetzt, der mehr als neun Zehntel der Oberfläche des Planeten bedeckte. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er sich befand, denn es gab keinen Orientierungspunkt in diesem wogenden grauen Meer, das mit einem ebenso grauen Himmel verschmolz. Er konnte ganz in der Nähe des Kontinents Albar sein, doch ebenso Tausende Kilometer von ihm entfernt.
Also schwamm er auf gut Glück in irgendeine Richtung. Er brauchte Bewegung, allein um seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, und musste dauernd Salzwasser
ausspucken, das die hohen Wellen ihm in den Mund peitschten. Zeit, um Ordnung in seine Gedanken zu bringen, hatte er nicht, denn der Kampf ums Überleben kostete ihn seine ganze Kraft. Zusätzlich machten widrige Strömungen alle seine Bemühungen, in welche Richtung auch immer voranzukommen, zunichte.
So kämpfte er bis zum Einbruch der Nacht und durchlebte Phasen tiefster Niedergeschlagenheit, in denen er mehr als einmal der Versuchung nachgeben wollte, einfach aufzugeben. Dieser ungleiche Kampf gegen das Meer war absurd. Sein schmerzender Körper war völlig erschöpft. Die Tiefe des Ozeans rief ihn, der Wind versprach ihm Erlösung wie der verzaubernde Gesang der Sirenen. Aber sein Überlebenswille gebot ihm weiterzukämpfen. Er glaubte die Stimme des Hirten Stanislav Nolustrist zu hören: Sie müssen Ihren starken Überlebenswillen unter Beweis stellen … einen sehr starken Überlebenswillen …
Jede Arm- oder Beinbewegung war eine Qual, aber das Bild Aphykits vor Augen half ihm, nicht aufzugeben.
Langsam sank die Nacht herab und hüllte alles in Dunkelheit. Dann erhob sich ein starker pfeifender Wind, dessen Böen das Meer aufwühlten.
Tixu war am Ende seiner Kräfte. Er glaubte, sein letztes Stündlein sei gekommen. Mit einer verzweifelten Anstrengung erlangte er einen Moment der Klarheit und flehte sein Antra um Beistand an. Erst da merkte er, dass der machtvolle Klang des Lebens ihm jedes Mal in den Perioden völliger Erschöpfung wieder die nötige Kraft verliehen hatte und dass er, der arme Sterbliche und miserable Schwimmer, bisher nicht an Unterkühlung gestorben oder ertrunken war. Dessen war er sich noch nicht bewusst geworden, und die Erkenntnis, nicht durch die eigene Kraft,
sondern durch das Antra überlebt zu haben, entmutigte ihn zutiefst.
Also beschloss er aufzugeben. Unendlich erleichtert hörte er auf, seine taub gewordenen Gliedmaßen zu bewegen und ließ sich langsam in die stillen dunklen Tiefen des Ozeans gleiten. Nie wieder würde er Aphykit sehen, sie würde ohne ihn leben … Das Wasser ist ruhig wie eine liebende Mutter … wie ein Versprechen auf Wohlbefinden … Wie lange schon sinkt er wie ein Stein in ihren unendlich großen Leib? Er weiß es nicht. Die Zeit ist bedeutungslos geworden … Alles ist bedeutungslos geworden …
Plötzlich wurde er von einem riesigen Wirbel erfasst. Seine Füße stießen an etwas Hartes und Bewegliches. Und noch ehe Tixu realisieren konnte, wie ihm geschah, wurde er an die Oberfläche geschleudert. Einer Ohnmacht nahe spürte er etwas Weiches an seiner Schulter, streckte blindlings die Hand danach aus und konnte sich an
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