Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
als jedes normale Wetterphänomen; sie wanden und drehten sich und erschufen kleine Ströme um Vin herum. Ihr Blick
vermochte den Dunst jetzt zu durchdringen, denn das Zinn schärfte ihre Augen. Die Nacht schien nun heller und der Nebel weniger dicht zu sein. Doch er war immer noch da.
Ein Schatten bewegte sich auf dem Marktplatz, nachdem Vin ihre Münze geworfen hatte. Es war ein Zeichen gewesen. Vin schlich vorwärts und erkannte OreSeur, den Kandra. Er trug eine andere Robe als vor einem Jahr, während er die Rolle des Grafen Renoux gespielt hatte. Doch dieser kahlköpfige, unauffällige Körper war Vin inzwischen vertraut geworden.
OreSeur kam auf sie zu. »Habt Ihr gefunden, wonach Ihr gesucht habt, Herrin?«, fragte er in respektvollem Tonfall, der trotzdem ein wenig feindselig klang. Wie immer.
Vin schüttelte den Kopf. Und schaute sich rasch in der Dunkelheit um. »Vielleicht habe ich mich geirrt«, sagte sie. »Vielleicht ist mir doch niemand gefolgt.« Dieses Eingeständnis machte sie ein wenig traurig. Sie hatte sich darauf gefreut, heute Nacht mit dem Wächter einen kleinen Kampf auszutragen. Noch immer wusste sie nicht, wer er war; in der ersten Nacht hatte sie ihn für einen gedungenen Mörder gehalten. Vielleicht war er das sogar. Doch er zeigte nur sehr wenig Interesse an Elant – und dafür ein umso größeres an Vin.
»Wir sollten zurück zur Mauer gehen«, beschloss Vin und stand auf. »Elant wird sich schon fragen, wo ich bin.«
OreSeur nickte. In diesem Augenblick schoss ein wahrer Hagel aus Münzen durch die Luft und auf Vin zu.
Inzwischen frage ich mich, ob ich der einzige Mensch bin, der noch bei geistiger Gesundheit ist. Können die anderen es denn nicht sehen? Sie haben so lange auf ihren Helden gewartet – auf denjenigen, der in den Prophezeiungen von Terris genannt wird –, dass sie inzwischen ihre Schlussfolgerungen zu schnell ziehen und glauben, jede Geschichte und Legende beziehe sich nur auf diesen einen Mann.
Kapitel 2
V in reagierte sofort und sprang zur Seite. Sie bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit; die Stoffstreifen ihres Mantels umwirbelten sie, als sie über die feuchten Pflastersteine schlitterte. Die Münzen schlugen hinter ihr auf den Boden. Steinsplitter stoben auf und zogen Spuren durch den Nebel, während sie davonflogen.
»Lauf weg, OreSeur!«, fuhr sie ihn an, obwohl er bereits auf eine nahe gelegene Gasse zustürmte.
Vin kauerte sich zusammen, berührte mit Händen und Füßen die kühlen Steine. Allomantische Metalle flammten in ihrem Bauch auf. Sie verbrannte Stahl und sah, wie die durchscheinenden blauen Linien um sie herum erschienen. Angespannt wartete sie und hielt Ausschau nach …
Eine weitere Münzsalve schoss aus dem dunklen Nebel auf sie zu; jedes einzelne Geldstück zog eine blaue Linie hinter sich her. Sofort fachte Vin ihren Stahl an, drückte mit ihrer inneren Kraft gegen die Münzen und schleuderte sie in die Finsternis zurück.
Wieder war es still in der Nacht.
Die Straße um sie herum war breit – für Luthadeler Verhältnisse – , auch wenn die Wohnhäuser zu allen Seiten hoch aufragten. Der Nebel regte sich träge und verschluckte die Enden der Straße.
Eine Gruppe von acht Männern erschien aus dem Nebel und näherte sich ihr. Vin lächelte. Sie hatte doch Recht gehabt; jemand verfolgte sie. Aber keiner dieser Männer war der Wächter. Sie besaßen weder dessen massige Anmut, noch verströmten sie wie er ein Gefühl von Macht. Diese Männer waren viel alltäglicher. Es waren Mörder.
Das ergab einen Sinn. Wenn sie soeben mit einer Armee zur Eroberung Luthadels hier angekommen wäre, dann hätte sie als Erstes eine Gruppe Allomanten zur Ermordung Elants losgeschickt.
Sie spürte einen plötzlichen Druck an ihrer Seite und fluchte, als sie das Gleichgewicht verlor. Ihre Münzbörse zerrte am Gürtel. Vin riss sie auf und ließ es zu, dass die feindlichen Allomanten die Münzen von ihr fortschleuderten. Die Mörder hatten mindestens einen Münzwerfer bei sich – einen Nebeling, der die Macht hatte, Stahl zu verbrennen und gegen Metalle zu drücken. Tatsächlich gingen von zwei Angreifern blaue Linien aus. Kurz überlegte Vin, ob sie es ihnen heimzahlen und ihre Börsen ebenfalls wegdrücken sollte, doch sie zögerte. Es war noch nicht nötig, jetzt schon ihre Trümpfe auszuspielen. Möglicherweise brauchte sie die Feindesmünzen noch.
Ohne eigene Münzen konnte sie nicht aus der Ferne angreifen. Doch wenn diese
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