Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
bezogen, was nicht von den Juden war), die Stadt, wo Paulus predigte und schon mit Petrus stritt (S. 147 ff), wo Ignatius agitierte (S. 155 ff), wo die durch Lukian, den Märtyrer, geschaffene Theologenschule lehrte, im christologischen Konflikt gleichsam der »linke Flügel« und weithin die Kirchenhistorie des Jahrhunderts mitprägend, auch wenn die meisten dieser Schule (selbst Johannes Chrysostomos gehörte ihr an) zeitweilig oder ganz verketzert worden sind, Arius vor allem ... Antiochien, wo viele Synoden, meist arianische, tagen, über 30 Konzile der alten Kirche, wo 362/63 Julian residiert und seine Streitschrift
›Gegen die Galiläer‹
schreibt (S. 334), Johannes Chrysostomos das Licht der Welt erblickt und verdunkelt. Antiochien wurde eine der wichtigsten Bastionen für die Ausbreitung des Christentums, »das Haupt der Kirche des Ostens« (Basilius) und Sitz eines Patriarchen, dem im 4. Jahrhundert die Kirchen der politischen Diözese Oriens, fünfzehn Kirchenprovinzen mit etwa 220 Bistümern, unterstanden. So lohnte es sich schon, für »Gott« zu streiten, ging es drunter und drüber in den Christentempeln der Stadt, war Antiochien mit seiner sehr suggestiblen, wankelmütigen Einwohnerschaft voller Intrigen, Tumulte; vor allem seit die Arianer 330 den hl. Patriarchen Eustathius, einen der eifrigsten Apostel des Nicaenums, wegen »Ketzerei« abgesetzt hatten, wegen Unsittlichkeit und Aufmüpfigkeit gegen Kaiser Konstantin, der ihn bis zu seinem Tod verbannte. Gab es doch hier zur Zeit des meletianischen Schismas, das immerhin 55 Jahre dauert, von 360 bis 415, gelegentlich drei, vier Prätendenten, die einander bekämpften und östliche wie westliche Kirche in ihre Fehden rissen, die Paulinianer (Integral-Nicaener), die Nicaener, die Halb- und die Ganz-Arianer. 53
Selbst »der gesunde Leib der Kirche« (Theodoret) war da lang geteilt, wirkten doch zeitweise nicht nur zwei katholische Parteien, sondern auch zwei katholische Bischöfe. »Was sie voneinander trennte«, meint Theodoret, »war einzig und allein die Streitsucht und die Liebe zu ihren Bischöfen. Ja nicht einmal der Tod des einen Bischofs machte der Spaltung ein Ende.« 54
Beim meletianischen Schisma entschieden sich Athanasius samt dem ägyptischen Episkopat, der arabische Episkopat, Rom und das Abendland früher oder später für den (nicht einwandfrei geweihten) Paulinos von Antiochien – den Lucifer von Cagliari zum Bischof gemacht hatte, jener Lucifer, der dann, gegen die katholische Kirche, seine eigenen Konventikel schuf (S. 389 f). Dagegen stand fast der ganze Orient, darunter die »drei großen Kappadokier«, die Kirchenlehrer Basilius, Gregor von Nazianz und der hl. Gregor von Nyssa, zu dem durch den arianischen Kaiser Valens wiederholt jahrelang verbannten hl. Bischof Meletios von Antiochien – der Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos als begeisterten Schüler hatte. (Er verließ nach dem Tod des Meletios dessen Partei, schloß sich aber nicht dem Paulinos an.) Auch Kirchenlehrer Hieronymus war in Verlegenheit: »Ich kenne den Vitalis nicht, den Meletius weise ich ab, ich weiß nichts von Paulin.« Selbst Basilius, der die Verhandlungen mit Rom angebahnt hatte, bereute zuletzt, sich mit dem »hochthronenden« Römer überhaupt eingelassen zu haben. Und noch bei Meletios' pompöser Bestattung im Mai 381 hetzte der hl. Gregor in Gegenwart des Kaisers: »Ein Ehebrecher« (Paulinos) »drang zum Hochzeitsbett der Braut Christi« (das ist die schon mit Meletios vermählte antiochenische Kirche), »doch die Braut blieb unversehrt«. (Für Paulinos waren »Vater«, »Sohn« und »Geist« eine einzige Hypostase, für Meletios drei; wie für die drei Kappadokier.) Noch auf dem Konzil von Konstantinopel (381) brachen wegen der Nachfolge des Meletios wilde Kräche unter den »Vätern« aus. Paulinos wäre jetzt der einzige Bischof in Antiochien gewesen. Man wählte aber Flavian. Ambrosius protestierte.
Außer den beiden Orthodoxen, Meletios und Paulinos, samt dem »gesunden Teil des Volkes«, gab es in Antiochien aber noch den »kranken« (Theodoret) unter dem radikalen arianischen Bischof Euzoios, der über fast alle Kirchen der Stadt gebot, sowie eine ganze Reihe konkurrierender Sekten, Massalianer, Novatianer, Apollinaristen, Paulinianer (der Anhang des Bischofs Paul von Samosata – nicht zu verwechseln mit den Paulinianern des Paulinus!) und noch weitere. Bis ins 5. Jahrhundert dauerte das »Antiochenische Schisma«, wobei die Stadt von
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