Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
Aufständen infolge sozialer Konflikte geschüttelt wurde: allein in den achtziger Jahren erhob sich die hungernde und ausgebeutete Bevölkerung 382/83, 384/85 und 387. Schließlich schloß sich das syrische Volk größtenteils den »Ketzern«, den Jakobiten, an: im 6. Jahrhundert (in dem Antiochien 526 ein Erdbeben heimsuchte, das angeblich eine Viertelmillion Menschenleben verschlang) gründete der Mönch und Priester Jakob Baradai die syrisch-monophysitische Kirche. Und am Vorabend der Kreuzzüge gehörten zum Patriarchat Antiochien noch 152 Bischofssitze. Doch die christlichen Kirchen und Bauten der Stadt sind so spurlos verschwunden wie in Alexandrien. 55
9. Kapitel
Kirchenlehrer Ambrosius
(um 333 oder 339–397)
»... eine überragende Persönlichkeit, in der sich die Tugend des Römers mit dem Geiste Christi zu vollendeter Einheit verband: jeder Zoll ein Mann, ein Bischof, ein Heiliger; neben Theodosius d.Gr. die bedeutendste Erscheinung seiner Zeit, der Berater dreier Kaiser, die Seele ihrer Religionspolitik und die Stütze ihres Thrones; ein gewaltiger Vorkämpfer der Kirche.«
Der katholische Theologe Johannes Niederhuber 1
»Ambrosius, der Freund und Berater dreier Kaiser, war der erste Bischof, den die Fürsten anriefen, ihren wankenden Thron zu stützen ... Eine unmittelbare große Wirkung ging von seiner überragenden Persönlichkeit aus, die von reinster Gesinnung und vollkommenster Selbstlosigkeit getragen war ... neben Theodosius I. die glänzendste Erscheinung seiner Zeit.«
Der katholische Theologe Berthold Altaner 2
»Ambrosius ist ein Bischof, welcher in der Bedeutung und Reichweite seiner Wirksamkeit alles vor ihm in den Schatten stellt ... er übertrifft nicht nur alle Päpste der Frühzeit ... sondern auch alle uns sonst bekannten abendländischen Kirchenführer.«
Der protestantische Theologe Kurt Aland 3
»Alle Menschen, die unter römischer Gewalt (ditione Romana) stehen, dienen euch, ihr Herrscher und Imperatoren der Welt. Ihr selbst aber streitet für den Allherrscher und den heiligen Glauben.«
Ambrosius 4
Zwei Massaker eines »notorisch christlichen« Kaisers und die Verklärung des Blutbads durch Augustin
Wozu gerade Theodosius »der Große« fähig war, zeigte sich auch 387 in Antiochien nach einem (besonders reich dokumentierten) Volksaufruhr wegen einer erhöhten Steuerforderung vom Februar.
Die Quellen stimmen überein, daß es um eine Zahlung in Gold ging; Theodosius brauchte es zur Finanzierung seiner Söldner. Nach Verlesung des kaiserlichen Briefes durch den Gouverneur sind die Honoratioren wie vernichtet. Sie erklären die Steuer als unerschwinglich; manche flehen zu Gott, was dann schon als unrechtmäßig gilt. Die Menge, durch Hungersnöte in den letzten Jahren mitgenommen, beginnt zu randalieren, setzt zum Sturm auf das Gouverneursgebäude an, stürzt die Standbilder der kaiserlichen Familie, legt Feuer an einen Palast, droht mit weiteren Brandstiftungen, auch an der Kaiserresidenz. Indes gehen bereits Bogenschützen gegen das Volk vor, die Stadt wird degradiert und verliert ihren militärischen Status; Zirkus, Theater, Bäder werden geschlossen, Todesurteile gefällt, Menschen, darunter sogar Kinder, geköpft, verbrannt, sogenannten Bestien vorgeworfen. Und doch: alles eine Bagatelle fast, verglichen mit dem Blutbad in Thessalonike.
Dort nämlich hatte man im Frühjahr 390 den gotischen Militärkommandanten Butherich umgebracht – wegen Verhaftung eines populären Wagenlenkers, der Butherichs hübschen Mundschenk verehrte. Der fromme Theodosius, einer der »notorisch christlichen Herrscher« des Jahrhunderts (Aland), befahl darauf, die Bevölkerung zu einem Schauspiel in den Zirkus zu locken und zusammenzuschlagen. Sie wurden, schreibt Bischof Theodoret mit poetischer Bildhaftigkeit, »wie bei einer Ernte die Ähren, alle zumal hinweggemäht«. Zwar widerrief Theodosius später, doch hatten seine Schlächter schon mehrere Stunden lang 7000 Frauen, Männer, Kinder, Greise abgestochen; nach Theophanes, Kedrenos, Moses von Chorene sogar 15000; eines der scheußlichsten Massaker der Antike – – was den hl. Augustin nicht hindert, Theodosius als Idealbild eines christlichen Fürsten zu glorifizieren! Bekam der Regent ja durch die Kirche den Beinamen »der Große« und ging als »der vorbildliche katholische Monarch« (Brown) in die Geschichte ein. 91
Infolge der allgemeinen Erregung konnte Bischof Ambrosius jetzt zwar nicht schweigen. Wenig wohl hätte er
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