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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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»nicht wegen der Neuheit seiner Thesen, nicht wegen Häresie, wie jetzt wütende Hunde gegen ihn vorgäben, sondern weil man den Ruhm seiner Beredsamkeit und seines Wissens nicht ertragen könne«. Schließlich waren einst auch die Kirchenlehrer Basilius, Gregor von Nazianz, Athanasius und Ambrosius für Origenes eingetreten. Nun aber, da dessen Gegner Auftrieb bekamen, Papst Anastasius sich wider ihn stellte, die Bischöfe Simplicianus von Mailand, Chromatius von Aquileja, Synoden in Jerusalem, Alexandrien, auf Cypern, wechselte auch Hieronymus, wie andre prominente Kirchenführer, jäh die Partei. Schamlos verleugnete er seinen alten Meister und mauserte sich, wie Theophil, sozusagen über Nacht zu einem rabiaten Antiorigenisten.
    In einer eignen Schrift giftet er Bischof Johannes von Jerusalem an, der Origenes nicht preisgeben will, im »Krieg der Mönche« freilich ohnedies gegen Hieronymus steht. »Du«, apostrophiert ihn Hieronymus, »der heilige Vater, der erhabene Bischof, der gefeierte Redner, kaum würdigst du deine Mitknechte eines Blicks, die wie du durch das Blut deines Herrn erkauft sind ... Du verachtest die Laien, die Diakone und die Priester, du rühmst dich, du könntest in einer Stunde tausend Kleriker machen ... Deine Speichellecker behaupten, du seiest beredter als Demosthenes, scharfsinniger als Chrysipp, weiser als Plato, und du glaubst es anscheinend selber«. Derart schimpfend, höhnend, beleidigend kämpft der heilige Kirchenlehrer gegen den Jerusalemer Bischof, den er anklagt, den Staat wider ihn aufgeboten zu haben. »Ein Mönch, ach, ein Mönch droht andern Mönchen mit dem Exil und erwirkt ein Verbannungsdekret: ein Mönch, der sich rühmt, auf dem Stuhl eines Apostels zu sitzen«. 12
    Man sieht, wie hier, wie meist, Politik, Kirchenpolitik und Theologie untrennbar verfilzt sind. Suchte aber seinerzeit Patriarch Theophil noch zwischen den streitenden Parteien zu vermitteln, so wechselte er nun rasch die Front. Noch Ende des Jahres 396 hatte er die Gegner befrieden wollen, doch Hieronymus erteilte ihm eine Antwort, die
in der ganzen Kirchengeschichte
sich wiederholen wird: »Auch wir wünschen den Frieden, und wir wünschen ihn nicht nur, wir fordern ihn, aber den Frieden Christi, den wahren Frieden«.
    Diesen Frieden, den Frieden »Christi«, den »wahren«, den »echten Frieden«, suchen die Jünger des Herrn durch alle Jahrhunderte: gegen Schismatiker, »Häretiker«, Ungläubige, gegen äußere Feinde, innere, gegen jedermann, der nicht denkt wie sie. Immer und überall, auch im 20. Jahrhundert noch, hört man diese Phrase vom »wahren«, vom »echten« Frieden – und sie ist zu häufig, typisch, zu sehr die Massen, die Generationen verdoofend, ist viel zu verheuchelt hochfahrend auch, um hier nicht beiläufig darauf zu bestehen. Sie grassiert im Ersten Weltkrieg, im Zweiten, im Kalten Krieg danach, beim kirchlichen Betreiben der Wiederaufrüstung Westdeutschlands, als etwa Kardinal Frings, Mitglied der CDU, auf dem Deutschen Katholikentag in Bochum die Kriegsdienstverweigerung »eine verwerfliche Sentimentalität« schimpfte, »Humanitätsdünkel«, und sagte: »Nach den Gedanken des Papstes ist also eine Kriegsführung, die gegen Unrecht gerichtet ist, nicht nur ein Recht, sondern sogar die Pflicht [!] aller Staaten ... Der echte Friede [!] kann nur [!] auf der göttlichen Ordnung beruhen. Wo immer diese angegriffen wird, müssen die Völker auch mit Waffengewalt die zerstörte Ordnung wiederherstellen«. 13
    Ergo: echter Friede ist nur da, wo
ihre
Interessen, wo alle Interessen des Papsttums – und wo hätte es keine! – gewahrt werden. Wenn nicht, dann Krieg so oder so, nicht zuletzt aber »mit Waffengewalt«!
Das und nur das
versteht dies Gelichter von Hieronymus, Augustinus e quanti viri
bis heute
unter dem »Frieden Christi«, dem »wahren Frieden«, der »göttlichen Ordnung« –
ihren
Vorteil,
ihre
Macht,
ihre
Herrlichkeit: sonst
nichts!
.
    Inzwischen hatte also auch Theophil die Partei gewechselt, und Hieronymus, der stets all sein Gift gegen »Häretiker« verspritzte, trieb noch seinerseits den Patriarchen dazu, »die schlechten Keime mit scharfer Sichel« herauszuschneiden. Triumphierend schadenfroh beobachtete und berichtete der Heilige die Jagd und die Erfolge des Alexandriners. Er beglückwünschte ihn zu seinen Attacken auf die »Ketzer«, »die zerstreuten Nattern«, bis in die geheimsten Schlupfwinkel Palästinas. Ägypten, Syrien und fast ganz Italien sei so

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